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# taz.de -- Kopftuchverbot am Arbeitsplatz: Freiheit ist anders
> Anstatt darüber zu streiten, wer was wo tragen darf, sollten wir uns vor
> allem auf Chancengleichheit konzentrieren.
Bild: Freiheit sollte für alle gleich gelten
Wieder einmal hat es ein [1][Urteil zum Kopftuch] gegeben. Wieder einmal
wird die Rechtsauffassung bestätigt, dass man die Religionsfreiheit
einschränken darf – man muss es nur gut begründen können. Die entscheidende
Frage ist weniger, was das x-te Gericht zu diesem Kleidungsstück geurteilt
hat. Sondern: Wie lange noch müssen Gerichte zu dem Thema angerufen
werden?! Anders gesagt:
Können jetzt bitte alle einfach mal damit klarkommen, dass sich manche
Menschen ein Silberkreuzchen um den Hals hängen, andere Schläfenlocken
favorisieren oder eben die Haare bedecken und manche auch den ganzen
Körper, weil sie so ihre Religionszugehörigkeit ausdrücken wollen? Mir muss
das nicht gefallen. Ich kann es knalledoof finden, rückständig, sexistisch
oder modisch unterbelichtet.
Darüber darf ich auch diskutieren, sogar mit denen, die das Kopftuch oder
die Schläfenlocken tragen – wenn sie dazu Lust haben. Diese Freiheit habe
ich in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Ich darf sie mir,
wenn ich will, auch auf das T-Shirt schreiben oder gleich auf den
[2][nackten Busen]: „Allah liebt mich – auch ohne Kopftuch.“ Und Alice
Schwarzer darf immer wieder in ihrer Emma schreiben, wie furchtbar sie das
Kopftuch findet. Bitte schön, wenn es für sie keine wichtigeren Themen
gibt.
Diese Freiheit sollte aber auch für alle gelten, die das ganz anders sehen
und ihr Kopftuch auch bei der Arbeit tragen wollen. Immerhin gibt es zarte
Hinweise darauf, dass die Begeisterung abnimmt, sich an Kopftuchdebatten zu
beteiligen. So hatten im Jahr 2015 vier von fünf Berliner*innen unter
29 Jahren in einer von der [3][Berliner Zeitung] in Auftrag gegebenen
Umfrage gesagt, sie hätten kein Problem mit Kopftuchträgerinnen im
Staatsdienst. Je älter die Befragten, desto intoleranter, so ein weiteres
Ergebnis der Umfrage.
Und das [4][digitale Wörterbuch der deutschen Sprache] verzeichnet seit
2016 immer weniger Zeitungsartikel, in denen das Wort „Kopftuch“ auftaucht,
als in den Vorjahren. Möge diese Kurve weiter abflachen. Lasst uns lieber
über Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit streiten.
16 Jul 2021
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/kopftuch-arbeitsplatz-101.html
[2] /Oben-Ohne-Demo-in-Berlin/!5784798
[3] https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/forsa-umfrage-der-berliner…
[4] https://www.dwds.de/wb/Kopftuchdiskussion
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Kopftuch
Religionsfreiheit
EuGH
Islam
Judentum
Christen
IG
Diversity
Kopftuchverbot
Schwerpunkt Rassismus
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Religion
Beamte
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