| # taz.de -- Umweltministerin auf Abschiedstour: Die Macht der Machtlosen | |
| > Svenja Schulze ist als Umweltministerin enorm erfolgreich gewesen. Doch | |
| > die Hochwasserkatastrophe zeigt, wie wenig ihr Amt ausrichten kann. | |
| Bild: Die bestgelaunte Umweltministerin: Svenja Schulze zu Besuch in einem land… | |
| Am 16. Juli steht Svenja Schulze in roter Regenjacke auf einer Brücke in | |
| Solingen. Vor sich die Mikrofone der Kameras, hinter sich die schäumende | |
| Wupper bei Hochwasser. Der Fluss rauscht so laut, dass man die | |
| Bundesumweltministerin nur schwer versteht: „Das ist eine nationale | |
| Tragödie, die wir national beantworten müssen“, sagt sie, sichtlich | |
| erschüttert. Jetzt brauche es Geld und Zusammenarbeit für den Wiederaufbau | |
| und mehr Anstrengungen für bessere Anpassung und Klimaschutz. „Wer es immer | |
| noch nicht geglaubt hat, jetzt kann man es noch mal sehr deutlich sehen“, | |
| sagt Schulze: „Wir werden mehr tun müssen.“ | |
| Schulzes Themen haben gerade Oberwasser: Klimawandel, Anpassung, | |
| Öko-Energien, Stadtumbau, Fluss- und Wassermanagement. Fast genau einen | |
| Monat vorher sah das anders aus. | |
| Mitte Juni sitzt Schulze in Berlin vor fast leeren Bänken der | |
| Bundespressekonferenz. Sie präsentiert die „Klimawirkungs- und | |
| Risikoanalyse“ des Bundes: Deutschland hat sich seit 1881 im Schnitt um 1,6 | |
| Grad erwärmt, es drohen Hitze, Dürre, Starkregen und Wassermangel, die | |
| Risiken nehmen zu. Was tun? Mehr Raum für die Flüsse, mehr Grün in den | |
| Städten, mehr Klimaschutz. Schulze sagt: „Es muss schnell gehen, denn viele | |
| Maßnahmen brauchen Zeit, bis sie wirken.“ In der „Tagesschau“ finden sich | |
| dazu nach zehn Minuten Sendung drei Sätze. Großes Thema ist der | |
| Nato-Gipfel. | |
| ## Die Haselmäuse sind zurück | |
| Beim Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen tut Schulze, was | |
| sie kann: reden, erinnern, mahnen. Aber entschieden wird anderswo: | |
| Katastrophenschutz ist Ländersache, die Bauplanung liegt bei den Kommunen, | |
| Flüsse ausbaggern lassen die Verkehrspolitiker. Zum Ende einer eigentlich | |
| erfolgreichen Amtszeit zeigt gerade die Hochwasser-Katastrophe wieder | |
| einmal, wie machtlos eine Umweltministerin ist. | |
| Zwei Wochen vor der Flut steht die Ministerin bei Dietmar Veith auf der | |
| Wiese. „Tu Gutes, aber sorg auch für eine schwarze Null“, sagt der Biobauer | |
| mit den grauen Haaren, in Fleecejacke und Wanderhose, auf Gut Hasselholz | |
| bei Aachen. Er zeigt über seine sattgrüne Wiese, wo kniehoch die Gräser und | |
| Kräuter stehen und die Schwalben im Tiefflug kurven. Er erklärt, wie | |
| Pflanzenarten sich vom Acker machen, aber wiederkommen, wenn man „der Natur | |
| auf die Sprünge hilft“, und zeigt auf ein Gehölz, wo wieder Haselmäuse | |
| eingezogen sind. Er weiß auch nicht, wie die da hin gekommen sind. „Man | |
| muss mit der Natur Geduld haben“, sagt der Landwirt. „Aber noch mehr Geduld | |
| braucht man mit den Landwirtschaftskammern.“ | |
| Svenja Schulze lacht immer noch unter ihrer roten FFP2-Maske, als sie nach | |
| dem Termin wieder in ihren Reisebus einsteigt. Geduld mit der Natur, aber | |
| vor allem mit den zähen Widerständen in Politik und Bürokratie, das hat ihr | |
| gefallen. Biobauer Veith und Ministerin Schulze haben noch etwas gemeinsam: | |
| Veith übergibt am nächsten Tag den Hof an seinen Sohn. Und Svenja Schulze | |
| wird wohl im Herbst nicht mehr Ministerin sein. Bisher geben das jedenfalls | |
| die Umfragen für ihre SPD nicht her. Seit 1988 ist sie in der Partei. | |
| Deshalb ist diese Sommerreise an zwei heißen Junitagen auch so etwas wie | |
| eine Abschiedstournee für die 52-Jährige, die in Münster ihren Wahlkreis | |
| hat und für die SPD bei den Bundestagswahlen antritt. Schulzes Amtszeit als | |
| Ministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit war kürzer als | |
| sonst, weil die Koalition so spät stand, dafür aber turbulent. Schulze | |
| wollte eigentlich einfach den Koalitionsvertrag abarbeiten. Aber dann kamen | |
| Dürresommer, Insektensterben, „Fridays for Future“ und ein Donnerschlag vom | |
| Bundesverfassungsgericht. Plötzlich erschien möglich, was vorher undenkbar | |
| war. | |
| Die dreieinhalb Jahre Schulze zeigen, welche Fortschritte möglich sind, | |
| wenn Themen wichtig werden, der Druck von außen hoch bleibt und die | |
| Verantwortlichen diese Chancen ergreifen. Sie zeigen aber auch die Grenzen | |
| des Umweltministeriums, wie es bis jetzt definiert wurde. Und sie lassen | |
| hoffen, dass Schulzes Amtszeit daran ein bisschen was geändert hat. Die | |
| Ministerin will sich selbst keine Schulnote geben, ist aber „sehr zufrieden | |
| mit den Ergebnissen“. Selbst Kritiker gestehen ihr zu: Schulze ist | |
| vermutlich die erfolgreichste von bislang neun BundesumweltministerInnen. | |
| Dabei musste sie gleich am Anfang ihrer Amtszeit eingestehen, dass | |
| Deutschland sein Klimaziel für 2020 (minus 40 Prozent weniger Emissionen | |
| gegenüber 1990) nicht schaffen werde. Aufgrund von Corona, neuen Maßnahmen | |
| und mithilfe von viel Geld wurden dann doch minus 42 Prozent erreicht. | |
| Schulze, studierte Politikwissenschaftlerin und Gemanistin, bekam einen | |
| Crash-Kurs in Umweltpolitik, lernte schnell und leistete sich bei | |
| Detailfragen trotzdem hier und da ein paar Stolpereien. Ihr Vorteil: Sie | |
| wird oft unterschätzt. Und diese Mischung aus Glück und Geschick blieb ihr | |
| treu. | |
| ## Insektenschutz gesichert | |
| Zum Beispiel bei den Insekten. Auf ihrer ersten Sommerreise 2018 besuchte | |
| sie den Entomologischen Verein Krefeld, der einen erschreckenden Rückgang | |
| bei Insekten nachgewiesen hatte. Schulze staunte über die Tausenden von | |
| archivierten Käfern, Schmetterlingen, Motten, Wanzen und Larven in den | |
| dunklen Holzregalen der ForscherInnen. | |
| Noch mehr staunten alle, welche Wucht das Thema plötzlich entfaltete: In | |
| Bayern zwangen 1,7 Millionen Wahlberechtigte mit einem Volksbegehren zur | |
| Artenvielfalt die CSU zum Kurswechsel. Schulzes Umweltministerium erkannte | |
| seine Chance: Aus einem belächelten Thema für Spinnen und Spinner wurde | |
| eine Kampagne, die im Sommer 2021 mit einem Paket zum Insektenschutz | |
| endete: mehr Geld, mehr Schutzgebiete, ab 2024 Verbot des umkämpften | |
| Pestizids Glyphosat. | |
| „Damals hat es angefangen, dass Artenvielfalt zum breiten Thema wurde“, | |
| sagt Schulze auf dem Hof von Bauer Veith. „Inzwischen haben wir alle | |
| begriffen: Artenschutz fängt bei uns vor der Haustür an.“ Für die gebürti… | |
| Neusserin ist der Besuch auf dem Hof ein Wahlkampf-Wohlfühltermin in ihrem | |
| Bundesland, wo sie viele Jahre auch Wissenschaftsministerin war. | |
| Damit die mitreisenden JournalistInnen auch wirklich mitbekommen, wie | |
| erfolgreich die Umweltministerin war, hat ihr Stab eine umfassende Bilanz | |
| verteilt: 24 eng bedruckte Seiten mit den Erfolgen der Svenja Schulze. | |
| Klimaschutzgesetz, Kohleausstieg, Wasserstoff-Strategie, Öko-Fokus für | |
| Coronahilfen, CO2-Preis, Finanzspritzen für Unternehmen und E-Autos, Verbot | |
| von Plastiktüten. Es hört gar nicht auf. | |
| ## EU-Ziel Artenvielfalt: verfehlt | |
| Ist Schulze, die bestgelaunte Bundesumweltministerin aller Zeiten, auch die | |
| beste? Olaf Bandt lacht, wenn man ihm am Telefon diese Frage stellt. Für | |
| den Chef des einflussreichen Umweltverbands BUND erreicht die | |
| Umweltministerin immer zu wenig. Dann sagt er: „Es stimmt, Schulzes | |
| Amtszeit hat sicher die größten Fortschritte für die Umweltpolitik in | |
| Deutschland gebracht. Und sie hatte dabei immer die Finger im Spiel.“ | |
| Bandt erinnert aber auch daran, was alles noch fehlt: „Die deutschen und | |
| EU-Ziele zur Artenvielfalt verfehlen wir.“ Der Kohleausstieg müsse | |
| schneller vonstatten gehen, die erneuerbaren Energien müssten viel | |
| schneller ausgebaut werden, im Verkehr dürfe die Regierung nicht weiter die | |
| Probleme aussitzen. Er prognostiziert, dass in Zukunft auf deutsche | |
| Gerichte mehr Klagen zukommen. „Unsere Anwälte sind da überall dran.“ | |
| Tatsächlich verfehlt Deutschland weiterhin viele seiner Öko-Ziele bei | |
| Wasser- und Luftqualität, beim Artenschutz und Flächenfraß. Wie kann das | |
| sein: Die Umweltministerin ist erfolgreich, aber der Umwelt geht es weiter | |
| schlecht? Die Antwort: Viele der wichtigen Themen werden nicht in Schulzes | |
| Ressort entschieden. | |
| Und so ist ihre Abschiedstour auch kein Triumphzug. Gleich zu Beginn steht | |
| Schulze mit dem Vorstandschef von Thyssenkrupp Stahl in Duisburg auf einer | |
| grünen Wiese. Hinter ihnen zwei gigantische Hochöfen, die leise schnaufen. | |
| Die Stahlwerker, verantwortlich für zwei Prozent aller deutschen Klimagase, | |
| wollen klimaneutral auf Öko-Wasserstoff umrüsten. Als Schulze ihr Amt | |
| antrat, war davon noch nicht groß die Rede. Heute will die Industrie sich | |
| wandeln, braucht dafür aber Milliardenhilfen. Und, ach ja, 3.000 neue | |
| Windräder für die Herstellung ihres grünen Wasserstoffs werden auch | |
| benötigt. Schulze übergibt feierlich zwei Papierbögen mit dem Bundesadler: | |
| Darauf steht, dass das Unternehmen jetzt mal einen ordentlichen Antrag auf | |
| Staatshilfen stellen kann. Der Stahlchef schenkt der Ministerin ein etwa | |
| zehn Zentimeter kurzes Stück „nachhaltigen“ Stahl. | |
| Eher symbolisch ist hierbei die Rolle des Umweltministeriums: Ob es | |
| Milliarden für den grünen Stahl gibt, entscheiden Wirtschafts-, | |
| Finanzminister und die EU-Kommission. Den dringend nötigen Ausbau der | |
| Erneuerbaren blockieren Wirtschaftsministerium und der Koalitionspartner | |
| CDU/CSU. Das Geld für den schnellsten und sparsamsten europäischen | |
| Großrechner JUWELS am Forschungszentrum Jülich, der nächsten Station der | |
| Reise, kommt von den Forschungsministerien in Berlin und Düsseldorf. Über | |
| das Schicksal der Insekten von Bauer Veith fällen die | |
| Landwirtschaftsministerin und die EU das finale Urteil. Ob sich die | |
| Elektrobusse in Köln rentieren, die Schulze am nächsten Tag besucht, | |
| bestimmt der Stau in der Stadt und damit die Verkehrsplanung in NRW. | |
| ## Die „Frau Schulz“ | |
| An diesem Morgen besucht die Ministerin das Marie-Juchacz-Zentrum, ein | |
| Altenwohnheim der Arbeiterwohlfahrt im Norden von Köln. „Pepper“, ein | |
| niedlicher kleiner Pflegeroboter mit Kulleraugen, begrüßt sie; im Innenhof | |
| des Heimes werden Reden gehalten, die BewohnerInnen rufen „Lauter!“ von den | |
| Balkonen. Schulzes Ministerium hilft mit 12.000 Euro bei der Anschaffung | |
| von E-Autos für die „Springerdienste“ der Pflegenden. | |
| Die Pflege soll klimaneutral werden – das heißt: Häuser dämmen, regionales | |
| Fleisch in der Kantine anbieten, die Pendlerwege des Personals optimieren. | |
| Der Verwalter verweist auf die Klimaanlagen, um Medikamente zu kühlen. | |
| Hitzewellen sind bedrohlich für alte Menschen, insgesamt bedrohlicher als | |
| Überflutungen, aber sie sind unsichtbar. Für die volle Klimatisierung aller | |
| 82 Wohnungen mit 350 Menschen reicht das Geld nicht. Und es käme, wenn, | |
| dann auch nicht aus dem Umweltministerium. | |
| Das ist das Elend mit Schulzes Job: für alles verantwortlich, für wenig | |
| zuständig, kaum bekannt. Schulze sagt dennoch, die Arbeit mache ihr Spaß. | |
| Sie habe „kein Gefühl der Ohnmacht“. Der niedliche „Pepper“ sagt zur | |
| Ministerin mit seiner lustigen Computerstimme: „Ich begrüße dich. Ich | |
| erkenne dich nicht.“ Eine junge Pflegerin, sichtbar nervös, nennt die | |
| Ministerin in ihrer Rede mehrfach „Frau Schulz“. Auf der Liste der | |
| bekannten PolitikerInnen taucht Schulze nicht auf. Ihre Vorgängerin, | |
| Pateifreundin Barbara Hendricks, sagte mal trotzig: „Dann werde ich eben | |
| bekannt als die unbekannte Ministerin.“ In den Wahlumfragen bleibt ihre SPD | |
| weit entfernt von der Macht. | |
| „Da ist noch nichts entschieden“, macht sich Schulze Mut, wenn man sie nach | |
| den trüben Aussichten fragt. Und tapfer sagt sie: „Ich bin nicht | |
| frustriert, für mich ist wichtiger, was ich erreicht habe.“ Dazu zählt sie | |
| nicht nur die Erfolge im Amt, sondern auch in der Partei. „In der SPD haben | |
| wir jetzt ein modernes Angebot mit Klimaschutz und sozialer Absicherung, | |
| das ist ein Riesenschritt nach vorn.“ | |
| Schulzes Amtszeit war auch erfolgreich darin, die SPD grüner zu machen, | |
| obwohl sie diese Formulierung gar nicht gern hört. Bei jeder Gelegenheit | |
| betonte sie, Ökologie sei schon immer ein rotes Thema gewesen. Tatsächlich | |
| bremste die Bergbau-Gewerkschaft IGBCE die SPD-Genossen oft bei der | |
| Energiewende aus, nicht umsonst nannten die Grünen die Sozis gern | |
| „Autofahrerpartei“. Noch 2018 warnte die damalige Parteichefin Andrea | |
| Nahles vor einer „Blutgrätsche gegen die Braunkohle“. Und als Schulze Ende | |
| 2018 einen CO2-Preis für Heizen und Tanken ins Spiel brachte, ließ sie ihr | |
| SPD-Finanzminister Olaf Scholz im Regen stehen. Schulze selbst plädierte | |
| beim Kohleausstieg immer für einen „gerechten Übergang“ mit sozialer | |
| Abfederung. | |
| Nun ist das Kohlethema abgeräumt, die Regionen und Gewerkschaften sind mit | |
| 40 Milliarden Steuergeld ruhig gestellt. Und für Olaf Scholz ist | |
| Klimaschutz plötzlich ein Herzensthema und eine Zukunftschance. Was ist | |
| passiert? Scholz habe irgendwann gemerkt, dass Deutschland teure Zahlungen | |
| in der EU leisten müsse, wenn das Klimaziel gerissen werde, sagen die | |
| einen. „Der Olaf“ habe das Thema jetzt durchdrungen und erkenne seine | |
| Bedeutung, heißt es aus Schulzes Umfeld. Immerhin verhinderte die SPD 2019 | |
| gegen die CDU/CSU, dass es bei den Coronahilfen eine Abwrackprämie für | |
| Verbrennungsmotoren gibt. | |
| Dann trotzte die SPD der Union das Klimaschutzgesetz ab, weil 2019 mit | |
| Hitzesommern und lauten „Fridays for Future“-Demonstrationen das Thema | |
| plötzlich akut wurde. Es knallte in der Koalition, aber die kleine, blonde | |
| und oft unterschätzte Schulze erreichte, was sie wollte. Das Gesetz wurde | |
| ihr Meisterstück, denn es verändert die Machtbalance in der Regierung. | |
| Jetzt ist Klimaneutralität per Gesetz das Ziel. Es schreibt pro Jahr für | |
| Industrie, Verkehr, Landwirtschaft oder Bauen eine Obergrenze bei | |
| CO2-Emissionen fest. Damit ist nun jedes Ressort gesetzlich zu konkreten | |
| CO2-Einsparungen verpflichtet, diese werden nicht mehr ans | |
| Umweltministerium delegiert. Hinzu kommt ein CO2-Preis für Heizen und | |
| Tanken, wie ihn Schulze 2018 erfolglos forderte. | |
| In diesen Monaten zahlte sich aus, dass das Umweltministerium seit Jahren | |
| auf diesen Punkt hingearbeitet hatte. Daten, Gesetze, Gutachten lagen | |
| bereit oder wurden schnell vorgelegt. Schulze hatte den beamteten | |
| Staatssekretär Jochen Flasbarth von ihrer Vorgängerin übernommen, der das | |
| Haus im Griff hatte und hinter den Kulissen die Entscheidungen vorantrieb. | |
| Und als im April 2021 das Bundesverfassungsgericht das Klimaschutzgesetz | |
| in der ursprünglichen Fassung als verfassungswidrig einstufte, schlug die | |
| große Stunde des Ministeriums. In wenigen Tagen legten die BeamtInnen einen | |
| Gesetzentwurf vor, der die deutschen Klima-Ambitionen noch einmal drastisch | |
| verschärfte: klimaneutral bereits im Jahr 2045, höhere Ausbauziele für die | |
| Erneuerbaren schon 2030, klare Reduktionsziele für jedes Jahr bis 2045. | |
| Schulze hinterlässt ein riesiges Erbe. | |
| ## Ein Querschnittsressort mit wachsenden Kompetenzen | |
| Die Ministerin sitzt nun in ihrem Tourbus, Oberdeck vorn an der | |
| Panoramascheibe, freier Blick in die Rheinebene. Am Horizont grüßt der | |
| Kölner Dom, direkt neben der Autobahn schicken die riesigen Kühltürme des | |
| Braunkohlekraftwerks Weisweiler weiße Wolken in die Luft. Ein Ort mit | |
| Fernblick, gut für Rückblick und Ausblick. Wie sieht sie die Zukunft ihres | |
| Hauses? Schulze sieht es als Querschnittsressort, das „nicht mehr immer | |
| bitte sagen muss, sondern überall entscheidend mitredet“. Umweltpolitik | |
| habe sich „vom Rand in die Mitte bewegt“. Schluss mit der Machtlosigkeit | |
| der Umwelt in der Regierung. | |
| Ein paar Kilometer weiter unter dem unschuldigen blauweißen Sommerhimmel | |
| liegen der Braunkohle-Tagebau Garzweiler und der lange umkämpfte Hambacher | |
| Forst. Das hoch umstrittene Thema ist heute erledigt. Umfragen zeigen eine | |
| stabile Mehrheit für Klimaschutz und Energiewende. Kürzlich schlug ein | |
| repräsentativer „Bürgerrat“ vor, den Klimawandel mit Tempolimit, mehr | |
| Erneuerbaren Energien und weniger Fleischkonsum zu bekämpfen. Schulzes | |
| Thesen sind jetzt Mainstream. Schulze und ihre Partei sind es nicht mehr. | |
| Die Entscheidung der „Kohlekommission“ zum späten Ausstieg aus der Kohle | |
| 2038 haben viele kritisiert. Svenja Schulze steht dazu: „Klimaschutz | |
| funktioniert nur, wenn wir die Menschen mitnehmen.“ Ob die Menschen sie und | |
| die SPD bei der Wahl mitnehmen, ist eine ganz andere Frage. | |
| 23 Jul 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernhard Pötter | |
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