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# taz.de -- Ausstellung im Berliner Technikmuseum: Dunkel ist der Weltraum, Gen…
> Das Berliner Technikmuseum widmet sich der Raumfahrt: Fotograf Dieter
> Seitz ist dafür durch sieben ehemalige Ostblockstaaten gereist.
Bild: Gründungsdenkmal der Weltraumstadt Baikonur (Kasachstan)
Die Tiefsee und der Weltraum – beides gespenstische, scheinbar endlose
Welten. Bei den meisten dürfte die Faszination für den Weltraum jedoch
schon allein wegen physikalischer Besonderheiten überwiegen – selbst der
tiefste Ozean hat irgendwo einen Grund, das All ist, nun ja, unendlich. Im
Deutschen Technikmuseum in Berlin findet man die Luft- und
Raumfahrtabteilung so auch ganz oben. Vorbei an historischen Schiffen und
Bootsmodellen, gelangt man schließlich zur Galerie, die die neue
Sonderausstellung beherbergt.
„Cosmic Culture“ zeigt die Begeisterung für Space Oddity aus
postsowjetischer Perspektive. Im Gagarin-Mutterland scheinen die Menschen
besonders von der Raumfahrt gefesselt gewesen zu sein. Ihr Nachwirken war
kürzlich noch in Russland bei dem feierlich begangenen 60. Jubiläum des
ersten bemannten Raumflugs zu spüren, [1][bei dem Präsident Putin den
Landeplatz des ersten Kosmonauten in Juri-Gagarin-Park umbenannte.]
Wie weit die Begeisterung für Raumfahrt sich in die Gebiete der einstigen
Sowjetunion erstreckte, hat nun der Fotograf Dieter Seitz dokumentiert.
Seitz hat sich zwischen 2016 und 2019 auf Spurensuche durch die ehemaligen
Sowjetrepubliken Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan, Usbekistan,
Georgien, Russland sowie in den Osten Deutschlands begeben und Objekte,
Orte und Menschen aufgespürt, die von der Weltraumfaszination nachhaltig
geprägt sind.
Einsame Bushaltestellen, gänzlich in Weltraumoptik gestaltet, die in der
kasachischen Steppe dem Wind trotzen, Keramikfiguren, die die Kameradschaft
unter den sozialistischen Kosmonauten betonen, und riesige Wandbilder, die
Männer im All zeigen, auf ihren Helmen übergroß die vier kyrillischen
Buchstaben CCCP – auch Kleinstädte erlagen dem Weltallhype.
## Faszination für Raumfahrt bröckelt
Der Zustand der Orte kann dabei sinnbildlich für den Untergang der
Sowjetunion stehen. So bröckeln aus einigen Wandkunstwerken die
Mosaiksteine weg, ein anderes bräunliches Wandbild wird auf dem Foto ob des
vorbeifahrenden glänzend roten Coca-Cola-Trucks in den Schatten gedrängt.
Überhaupt mutet die Begeisterung für Raketentechnik im sowjetischen
Hinterland anachronistisch an. Wie Science Fiction muss es den
Dorfbewohnern vorgekommen sein, dass da nun ein Landsmann die Erde
verlässt, während 1961 noch längst nicht alle über einen Fernsehanschluss
verfügten.
Die große Zeit der Weltall-Faszination scheint sowieso vorbei.
Verständlich: Das Space Race im Kalten Krieg ließ sich noch vergleichsweise
einfach mitverfolgen, die jüngsten Entdeckungen aus dem Weltraum liegen
jedoch irgendwo zwischen für Laien unverständlich und unheimlich.
[2][Schwarze Löcher, die Slow-Motion-Explosionen auslösen etwa, oder jene,
die sich täglich Materie in der Menge von einer Sonnenmasse einverleiben.]
„Dunkel, Genossen, ist der Weltraum, sehr dunkel“, lässt Heiner Müller Ju…
Gagarin in seinem Stück „Germania 3. Gespenster am Toten Mann“ sagen.
Doch zuletzt bekamen die Träume vom unendlichen All wieder populistischen
Aufwind. Ein neuer Wettbewerb scheint unter den Superreichen ausgebrochen
zu sein. Nachdem Amazon-Gründer Jeff Bezos verkündet hatte, Ende dieses
Monats mit seinem Bruder gen Weltraum abzuheben, hat der Virgin-Milliardär
Richard Branson nachgezogen: Schon am 11. Juli will er mit seiner
Raumfahrtfirma Virgin Galactic die Erde verlassen. Russland bekommt also
Konkurrenz: Bislang wurden alle Weltraumtouristen von russischen
Raumschiffen ins All transportiert.
6 Jul 2021
## LINKS
[1] /Proteste-in-der-russischen-Provinz/!5746526
[2] /Nobelpreis-fuer-Physik/!5718772
## AUTOREN
Julia Hubernagel
## TAGS
Raumfahrt
Technik
Kasachstan
Sowjetunion
Weltraum
Museum
Russland
Raumfahrt
Jeff Bezos
Literatur
DDR
Recht auf Stadt
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