# taz.de -- Globale Mindeststeuer für Unternehmen: 130 Staaten einigen sich | |
> Große Konzerne sollen künftig 15 Prozent auf ihre Profite entrichten. 130 | |
> Staaten machen mit. Irland, Estland, Ungarn und andere bremsen noch. | |
Bild: Mindeststeuer auch für Amazon, Apple, Facebook und Google? | |
BERLIN taz | 130 Staaten haben sich auf ein Abkommen zur Besteuerung von | |
Unternehmen geeinigt. Ab 2023 sollen große, grenzüberschreitend tätige | |
Konzerne mindestens [1][15 Prozent Gewinnsteuer] zahlen. Außerdem werden | |
die Abgaben von Digitalfirmen wie Facebook neu auf die Länder verteilt. Die | |
Regierungen der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen (G20) unterstützen das | |
Abkommen unter dem Dach der Industrieländer-Organisation OECD. | |
„Die erzielte Einigung zur globalen effektiven Mindestbesteuerung ist ein | |
kolossaler Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit“, sagte | |
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der sich für das Abkommen | |
eingesetzt hatte. Die EU-Steuerbeobachtungsstelle schätzt die | |
Zusatzeinnahmen für die gesamte Europäische Union auf 50 Milliarden Euro | |
pro Jahr. Deutschland könnte danach mit mindestens sechs Milliarden, | |
Frankreich mit fünf Milliarden pro Jahr profitieren. | |
Die OECD rechnet mit Zusatzeinnahmen der Staaten in der Größenordnung von | |
insgesamt 150 Milliarden Euro, andere [2][ExpertInnen halten diese | |
allerdings für viel geringer.] „Dieses Paket beendet nicht den | |
Steuerwettbewerb – was es auch nicht sollte – doch es setzt ihm Grenzen“, | |
sagte OECD-Generalsekretär Mathias Cormann. | |
Grundsätzlich verhandelten die Regierungen über zwei Komplexe. Erstens: die | |
Mindeststeuer. Für international tätige Firmen mit über 750 Millionen Euro | |
Umsatz soll nun eine einheitliche Untergrenze von 15 Prozent auf Gewinne | |
eingeführt werden. Wenn ein in Deutschland ansässiges Unternehmen einen | |
Teil seiner Einnahmen im Ausland mit weniger als 15 Prozent versteuert, | |
dürften die hiesigen Finanzämter bis zu dieser Grenze nachversteuern. | |
Das würde der Steuerverlagerung ins Ausland und den Geschäftsmodellen von | |
Steueroasen teilweise die Grundlage entziehen. Manche verlangen heute nur | |
wenige Prozent Steuern – oder gar keine. Andererseits sind 15 Prozent immer | |
noch relativ niedrig: In Deutschland beträgt die kombinierte Körperschaft- | |
und Gewerbesteuer rund 30 Prozent. Weltweit sind 7.000 bis 8.000 Firmen von | |
der Neuregelung betroffen. | |
## Kaum Steuern von den Riesenkonzernen für Europa | |
Zweitens: die Steuerverteilung. Riesenkonzerne wie Amazon, Facebook und | |
Google zahlen bisher eher dort Abgaben, wo ihre Konzernzentralen stehen, | |
und weniger in den Ländern, in denen ihre Kundinnen und Kunden wohnen. | |
Europa und Deutschland erhalten deshalb kaum Steuern der Internetkonzerne, | |
obwohl sie hier Milliarden verdienen. | |
Für ungefähr 100 Unternehmen weltweit, die mehr als 20 Milliarden Euro | |
Umsatz pro Jahr erwirtschaften, soll sich das bald ändern. Die | |
US-Digital-Firmen müssen dann einige Milliarden mehr in Europa entrichten, | |
hiesige Unternehmen wie VW und Daimler allerdings auch etwas mehr in den | |
USA oder China. Britische Banken sollen offenbar von einer Ausnahme | |
profitieren. | |
## Einigung als globaler Standard | |
Insgesamt waren 139 Staaten an den Verhandlungen beteiligt. Neun von ihnen | |
haben sich dem Kompromiss zunächst nicht angeschlossen, darunter Irland, | |
Ungarn und Estland. Irland bietet den Niederlassungen ausländischer Firmen | |
wie Facebook sehr niedrige Steuersätze. Für die Umsetzung der Vereinbarung | |
in der EU bereitet das Probleme: Für die geplante Richtlinie ist | |
Einstimmigkeit der EU-Mitglieder nötig. | |
Eine Notlösung besteht allerdings im koordinierten Vorgehen einer Anzahl | |
von EU-Staaten. Möglicherweise würde die irische Regierung dann beidrehen. | |
Sowieso geht man im Bundesfinanzministerium davon aus, dass sich die | |
Einigung als globaler Standard durchsetzen werde. Die Minderheit von etwa | |
60 bisher nicht mitwirkenden Staaten werde sich anpassen, da der Druck der | |
Mehrheit zu groß sei. Die Länder im Abkommen repräsentieren nach | |
Einschätzung der OECD etwa 90 Prozent der Wirtschaftsleistung der Welt. | |
Umgesetzt werden soll das Abkommen 2022, ein Jahr später könnte es in Kraft | |
treten. Ende kommender Woche sollen die Industriestaaten der G20 bei einem | |
Treffen offiziell zustimmen. | |
2 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] /G7-Beschluss-zur-Mindeststeuer/!5778146 | |
[2] https://www.spiegel.de/wirtschaft/globale-mindeststeuer-fuer-unternehmen-br… | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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