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# taz.de -- G20 einigen sich auf Mindeststeuer: 132 Staaten gegen Steuerwettbew…
> Die G20 einigen sich auf eine globale Mindeststeuer für Unternehmen, sie
> soll bei 15 Prozent liegen. Am Rande des Treffens gibt es Proteste.
Bild: Sie fordern Gerechtigkeit und eine bessere Klimapolitik: Protest in Vened…
Venedig rtr/dpa | Die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer wollen
bis Oktober letzte Einzelheiten zur geplanten globalen Steuerreform klären.
Es gehe nur noch um einige technische Details, sagte Bundesfinanzminister
Olaf Scholz am Samstag zum Abschluss des G20-Treffens in Venedig. „Deshalb
bin ich absolut sicher, dass wir im Oktober eine finale Einigung haben
werden.“
Die G20-Staaten machten im Vergleich zu ihren letzten Beratungen im April
eine Verbesserung des wirtschaftlichen Ausblicks aus, weil in der
Coronakrise mittlerweile mehr Impfstoffe zur Verfügung stehen.
Wirtschaftshilfen für Unternehmen und Verbraucher sollen trotzdem nicht zu
früh zurückgenommen werden. Im Kampf gegen den Klimawandel wurde im
Abschlussdokument erstmals ein CO2-Preis als mögliche Option erwähnt.
Am Rande des Treffens kam es zu Protesten mit Globalisierungsgegnern und
Kritikern der Klimapolitik der G20. Zu der Demonstration hatte die Bewegung
gegen die Kreuzfahrtschiffe in der italienischen Lagunenstadt aufgerufen.
Die Nachrichtenagentur Ansa gab die Teilnehmerzahl am Nachmittag mit 700
an.
Kritik kam auch von der Unionsfraktion im Bundestag: „Statt eines großen
Schrittes hin zu mehr Steuergerechtigkeit erleben wir genau das Gegenteil“,
teilte die CDU-Abgeordnete Antje Tillmann, finanzpolitische Sprecherin der
Unionsfraktion, am Samstag mit. Keines der Ziele des OECD-Projekts zur
Reform der Weltsteuerordnung, das die Fraktion seit Beginn unterstützt
habe, würde mit der nun beschlossenen Reform erreicht.
## 132 Länder sind dabei
„Ursprünglich sollte mit der Idee der ruinöse Steuerwettbewerb begrenzt
werden. Stattdessen können die 132 zustimmenden Staaten trotz Einigung nun
selbst wählen, ob sie die Mindestbesteuerung einführen“, kritisierte
Tillmann weiter. „Es ist völlig unklar, wer in den nächsten Jahren hier
Wort hält. Es ist selbst unklar, ob die EU mitmacht, da drei
Mitgliedstaaten unter den sieben Kritikern sind, wir aber für eine EU-weite
Einführung deren Zustimmung bedürfen.“
Ausnahmen für die Finanzbranche und die Rohstoffindustrie festigten zudem
„die Ausbeutung der Entwicklungsländer und lassen diese im internationalen
Steuerwettbewerb allein“, monierte sie.
132 Länder haben sich mittlerweile unter dem Dach der
Industriestaaten-Organisation OECD auf eine Steuerreform verständigt, die
die internationalen Regeln an das Digitalzeitalter anpassen soll. Für große
Unternehmen ist eine Mindeststeuer von 15 Prozent vorgesehen, außerdem
sollen Schwellenländer mehr Steuereinnahmen abbekommen.
Sieben Länder – darunter aus Europa Irland, Ungarn und Estland –
verweigerten zuletzt aber ihre Unterschrift. Die G20-Staaten bestätigten
die Einigung der OECD. Diese soll nun bis Oktober die letzten Details
klären und einen Plan zur Umsetzung vorlegen. Die neuen Regeln, von denen
sich Scholz milliardenschwere Zusatzeinnahmen für die wegen der Pandemie
leeren Staatskassen erhofft, sollen 2022 in Gesetzesform gegossen werden
und dann ab 2023 greifen.
## Druck auf EU-Kommission wegen Digitalabgabe
Weitere Länder wurden aufgefordert, sich dem Projekt anzuschließen. „Wir
werden das versuchen, aber ich sollte betonen, dass es nicht essenziell
ist, dass alle Länder an Bord sind“, sagte US-Finanzministerin Janet
Yellen. Scholz sprach von einer historischen Verständigung, um den Wettlauf
zu immer niedrigeren Unternehmenssteuern zu beenden. Sollten deutsche
Konzerne im Ausland beispielsweise nur zwei Prozent Steuern auf ihre
dortigen Profite zahlen, werde künftig die Differenz zur neuen
Mindeststeuer in Deutschland erhoben.
Am Rande des G20-Treffens kam die EU-Kommission unter Druck, die in Kürze
Pläne für eine europäische Digitalabgabe vorstellen will. Laut
EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni wird sich diese nicht gegen
amerikanische Konzerne richten und nicht vergleichbar sein mit einer
Digitalsteuer.
Experten zufolge haben die USA die OECD-Verhandlungen über die
Mindeststeuer zuletzt stark vorangetrieben, um einen Flickenteppich aus
zahlreichen nationalen Digitalsteuern oder ähnlichen Abgaben zu verhindern.
Ein hochrangiger Regierungsvertreter aus der EU sagte, die wichtigeren
OECD-Verhandlungen könnten durch die EU-Pläne unterlaufen werden. „Die
Kommission muss dies auflösen“, ergänzte ein anderer europäischer
Regierungsvertreter.
Angesprochen auf die Digitalabgabe warb Scholz ausdrücklich für eine
globale Lösung. Die OECD-Steuerreform beinhalte für die 100 größten und
profitabelsten Konzerne der Welt bereits neue Regeln, das werde auch viele
Internetfirmen betreffen. Sie müssen künftig mehr Steuern in Ländern
zahlen, in denen sie besonders viel Gewinn machen. In den vergangenen
Jahrzehnten haben zahlreiche global agierende Konzerne einen immer größeren
Teil ihrer Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagert – und zahlen so oft
deutlich weniger Steuern als etwa Mittelständler.
US-Angaben zufolge dürfte es eine europäische Digitalabgabe schwerer
machen, die globale Steuerreform durch den Kongress zu bekommen, in dem die
Republikaner gegen jede Form von Steuererhöhung kämpfen. Yellen sagte, es
gebe die Hoffnung, solche Abgaben aus der Welt zu schaffen. Sie trifft am
Montag EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Dabei dürfte Yellen
Druck machen, die Pläne zurückzuziehen, auch wenn diese überwiegend
europäische Firmen träfen. Insidern zufolge könnte die Abgabe schon für
Firmen mit Online-Umsätzen von über 50 Millionen Euro gelten – also bei
weitem nicht nur für wenige Internet-Riesen. Auf die Frage nach einer
möglichen Verschiebung der EU-Pläne sagte Gentiloni, die globale Einigung
habe Priorität.
## Scholz für Mindestpreis auf CO2-Emissionen
SPD-Kanzlerkandidat Scholz sagte, beim Klimaschutz sei auch über eine
engere Kooperation der wichtigsten Länder diskutiert worden, etwa in einem
sogenannten Klima-Club. „Das wird noch etwas dauern.“ Die Debatte sei aber
wichtig. Deutschland und Frankreich hatten beim G20-Treffen einen
Mindestpreis für CO2-Emissionen ins Gespräch gebracht. Dies gilt jedoch
momentan als nicht durchsetzbar. Die USA betonten, es seien auch andere
Wege hin zu Klimaneutralität denkbar. Im G20-Abschlussdokument wurden auch
Investitionen in eine nachhaltigere Infrastruktur und neue,
klimafreundlichere Technologien genannt.
Der italienische Finanzminister Daniele Franco als Gastgeber des
G20-Treffens warnte vor neuen Coronamutationen. Das sei ein Risiko für die
Erholung der Weltwirtschaft. Vor allem ärmere Länder müssten leichter an
Impfstoffe kommen, was momentan noch nicht der Fall sei. Im
G20-Abschlusskommuniqué findet sich ein Bekenntnis zu einer fairen
Verteilung der Impfstoffe. Konkrete neue Maßnahmen wurden allerdings nicht
verkündet.
11 Jul 2021
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