# taz.de -- Antrag auf Parteiausschluss: Revolte gegen Wagenknecht | |
> Linken-Mitglieder wollen die einstige Bundestags-Fraktionschefin aus der | |
> Partei werfen. Führende Politiker:innen der Linkspartei sind | |
> dagegen. | |
Bild: Sahra Wagenknecht: eine ebenso populäre wie polarisierende Politikerin | |
BERLIN taz | Der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, Jörg Schindler, | |
spricht sich im Namen der Parteiführung gegen einen Ausschluss von Sahra | |
Wagenknecht aus der Linkspartei aus. Schindler erklärte am Freitag: „Wir | |
halten den Ausschlussantrag gegen Sahra Wagenknecht nicht für richtig und | |
für nicht gerechtfertigt. Politische Kontroversen tragen wir in der Partei | |
durch den Austausch von Argumenten aus und nicht anders“. | |
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Bundestag, Jan Korte, | |
sagte der dpa, der Antrag entbehre jeder Grundlage. „Politische Konflikte | |
klärt man politisch. Alle sollten ab sofort gefälligst für eine starke | |
Linke kämpfen – und nicht untereinander. Es reicht jetzt.“ | |
Am Mittwochabend war bei der Landesschiedskommission Nordrhein-Westfalen | |
ein Antrag auf Parteiausschluss Wagenknechts eingegangen. Das bestätigte | |
diese der taz. Die Kommission habe über den Antrag noch nicht beraten. | |
[1][Der Spiegel, dem das siebenseitige Dokument vorliegt], hatte zuerst | |
darüber berichtet. Demnach wird der Antrag damit begründet, dass | |
Wagenknecht ihrer Partei „schweren Schaden“ zugefügt habe. Die | |
Antragsteller:innen führten dafür Wagenknechts neues Buch „Die | |
Selbstgerechten“ und zwei Interviews an. | |
In ihrem Buch kritisiert Wagenknecht die Linke als Partei und, so der | |
Spiegel, „weicht in ihrer Kritik von elementaren Grundsätzen der Linken | |
ab.“ Laut Spiegel führten die Antragsteller:innen verschiedene | |
Interview-Auszüge an, bei denen Wagenknecht offen lasse, ob sie nach der | |
Bundestagswahl noch in der Partei bleibe. | |
## Schärfstes Schwert gegen Parteimitglieder | |
Der [2][Aufruf zur Nichtwahl der Linken] im Saarland, den der dortige | |
Fraktionschef Oskar Lafontaine auch im Namen seiner Frau Sahra Wagenknecht | |
zu Wochenbeginn veröffentlicht hatte, ist nach Informationen der taz | |
hingegen nicht Bestandteil des Ausschlussantrags. | |
Ein Parteiausschlussverfahren ist gewissermaßen das schärfste Schwert gegen | |
ein Parteimitglied. Grundlage ist für alle Parteien das Parteiengesetz, in | |
dem es heißt, ein Mitglied dürfe nur dann aus der Partei ausgeschlossen | |
werden, „wenn es vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen | |
Grundsätze oder Ordnung der Partei verstößt und ihr damit schweren Schaden | |
zufügt.“ | |
Ein solches Verfahren ist langwierig und verläuft in mehreren Schritten. | |
Zunächst ist die jeweilige Schiedskommission des Landesverbands zuständig. | |
Deren Urteil könnte Wagenknecht vor der Bundesschiedskommission anfechten. | |
Und nach deren Urteil bliebe ihr noch der Gang vor ein ordentliches | |
Gericht, das die Entscheidung der Parteigremien formal prüft. Die Anträge | |
müssten daher gut begründet sein und umfassten normalerweise 30 bis 40 | |
Seiten, heißt es in der Parteizentrale. | |
## Rätsel über die Antragsteller:innen | |
In der Linkspartei rätselt man derweil, wer die Antragsteller:innen | |
sind. Wagenknecht ist eine ebenso populäre wie polarisierende Politikerin. | |
Auf einer Delegiertenversammlung des Landesverbandes im April wurde sie zur | |
Spitzenkandidatin für die Bundestagswahlen gewählt. | |
Mehrere Basisgruppen und Strömungen, darunter die Bewegungslinke NRW und | |
die Antikapitalistische Linke NRW, hatten daraufhin [3][einen Appell | |
veröffentlicht.] Darin heißt es unter anderem: „Wir haben auf der | |
Spitzenposition nun eine Person, die die Partei und ihre Grundpositionen | |
regelmäßig über die Medien angreift.“ | |
Die Bewegunglinke distanzierte sich am Freitag per Twitter von dem | |
Ausschlussantrag. „Was die Bewegungslinke in NRW macht: Engagieren, | |
Demonstrieren, Organisieren, Diskutieren. Was die Bewegungslinke in NRW | |
nicht macht: Anträge auf Parteiausschluss stellen“, heißt es in einem | |
Tweet. | |
Derweil stellte sich die Bundestagsfraktion der Linken hinter Wagenknecht. | |
Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch verurteilten den „Angriff“ auf ihr | |
Fraktionsmitglied. „Solche Attacken haben keinen Platz in einer pluralen | |
und solidarischen Partei“, teilten sie laut Deutscher Presse-Agentur mit. | |
## Parteivorstand berät am Samstag | |
Der Ausschlussantrag trifft die Linke zu einem denkbar ungünstigen | |
Zeitpunkt. [4][Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt] verlor die Partei | |
fünf Prozentpunkte und blieb nur knapp zweistellig in der ehemaligen | |
Hochburg. Im Saarland läuft ein Ermittlungsverfahren gegen den | |
Spitzenkandidaten Thomas Lutze wegen des Verdachts der Urkundenfälschung, | |
und der Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine ruft gegen ihn und die Linke | |
zum Wahlboykott auf. | |
In bundesweiten Umfragen liegt die Partei derzeit bei 7 Prozent. Dabei soll | |
vom Parteitag am kommenden Wochenende, bei dem das Wahlprogramm | |
verabschiedet wird, Aufbruchstimmung ausgehen. | |
Schindler forderte die Genoss:innen auf, sich zusammenzureißen. In | |
Wahlkampfzeiten habe die Auseinandersetzung mit den politischen | |
Kontrahenten Vorrang, so der Bundesgeschäftsführer. „Wir fordern alle | |
Mitglieder der Linken auf, innerparteiliche Differenzen zurückzustellen und | |
sich aktiv in den Bundestagswahlkampf einzubringen.“ | |
Der 44-köpfige Parteivorstand der Linken, der sich am Samstag online | |
trifft, hat jedenfalls reichlich Gesprächsstoff. Gleich zu Beginn der | |
Sitzung will man über die aktuellen Entwicklungen beraten. 90 Minuten sind | |
dafür vorgesehen. Wenn die mal reichen. | |
11 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/sahra-wagenknecht-linken-mitglie… | |
[2] /Boykottaufruf-gegen-die-Linkspartei/!5773358 | |
[3] https://linkeraufbruchnrw.wordpress.com/ | |
[4] /Linke-und-SPD-in-Sachsen-Anhalt/!5773118 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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