| # taz.de -- Räumung von feiernden Jugendlichen: Wenn die Polizei zur Party kom… | |
| > In Hamburg und Bremen feierten Jugendliche am Wochenende ausgelassen. Die | |
| > Polizei reagierte in Bremen zurückhaltend, in Hamburg eskalativ. | |
| Bild: Unfreiwillige Beleuchtung des Dancefloors: Flutlicht der Hamburger Polize… | |
| Das Party-Defizit unter Jugendlichen ist groß. Am Wochenende haben sich | |
| nicht nur in Hamburg und Bremen wieder mehrere tausend Jugendliche in Parks | |
| getroffen und ausgelebt, [1][was sie anderthalb Jahre lang nicht konnten]: | |
| Zusammen chillen, tanzen, trinken, rauchen, knutschen, sich vor einander | |
| beweisen und gegenseitig abchecken, Blödsinn reden und Quatsch machen. So | |
| weit, so harmlos – auf ähnliche Weise wird es am Wochenende an vielen Orten | |
| zugegangen sein, wo die Pandemie zurückgeht und Jugendliche sich ihr Leben | |
| zurück erobern. | |
| Brenzlig wurde die Situation im Laufe des Abends aber in Hamburg mit | |
| Einschreiten der Polizei: Die Hamburger Polizist*innen gingen rigoros | |
| vor und räumten den Stadtpark mit einer Hundertschaft, sprachen am Freitag | |
| und am Samstag insgesamt 35 Platzverweise aus und nahmen vier Menschen in | |
| Gewahrsam. Drei Polizist*innen seien durch Flaschenwürfe leicht | |
| verletzt worden, sagt die Hamburger Polizeisprecherin Evi Theodoridou. | |
| Von einer „Massenparty“, „Menschen die „auf die Coronaregeln pfeifen“, | |
| „Angetrunkenen Jugendlichen, die zwischen Grills und Alkoholflaschen | |
| umhertanzten“, „Diebstählen, Schlägereien, aggressiver Stimmung“ schrieb | |
| daraufhin die Hamburger Morgenpost. | |
| Der taz schildert ein Augenzeuge seinen Eindruck ganz anders: „Die Stimmung | |
| war friedlich, bis die Polizei kam, Ketten bildete und die Menschen kreuz | |
| und quer über die Wiese trieb“, sagt Marco Hosemann, der auch | |
| Stadtteilaktivist und Co-Vorsitzender des Linken-Bezirksverbands | |
| Hamburg-Nord ist. Erst daraufhin seien Abstände nicht mehr eingehalten | |
| worden, manche Jugendliche hätten sich ein Spiel daraus gemacht, immer | |
| wieder hinter den geräumten Bereich zu gelangen und „ACAB“ zu rufen. Auch | |
| die Gruppen seien durch die Dynamik größer, die ganze Situation chaotischer | |
| geworden. „Es wirkte, als hätte die Polizei keine richtige Strategie | |
| gehabt“, sagt Hosemann. „Es war schon etwas grotesk.“ | |
| Polizeisprecherin Theodoridou begründet den Einsatz mit dem Missachten der | |
| Abstandsregeln und steigender Aggressivität bei steigendem Alkoholpegel der | |
| Jugendlichen: „Die Personen standen dicht beieinander, tanzten und bewegten | |
| sich zwischen den Gruppen, sodass die erforderlichen Abstände nicht | |
| durchweg eingehalten worden sind“, sagt sie. Zudem seien „ordnungswidrig | |
| laute Musik“ gehört und pyrotechnische Gegenstände gezündet worden. „Die | |
| Stimmung wurde im Verlauf des Abends aggressiver gegenüber den | |
| Einsatzkräften und untereinander“, so Theodoridou. Auch seien Straftaten | |
| begangen worden: Körperverletzungen, Landfriedensbruch und ein Raubdelikt. | |
| Die Strategie der Bremer Polizei ist dagegen Kommunikation, sagt der | |
| Sprecher Bastian Demann. Oft und auch lange habe man auf Einsicht gesetzt. | |
| Wie viel Erfolg man damit habe, sei von Einsatz zu Einsatz unterschiedlich. | |
| Am vergangenen Wochenende habe die Polizei jedenfalls nur wenige | |
| Ordnungswidrigkeits-Anzeigen wegen Verstößen gegen die Coronaverordnung | |
| fertigen müssen, heißt es in einer Mitteilung. Bereits vorher hatten die | |
| Bremer Beamt*innen angekündigt, am Wochenende „verstärkt unterwegs“ zu | |
| sein und die Einhaltung der Regeln zu kontrollieren. | |
| Eine Party stieg bereits am Donnerstag am Weser-Arm Werdersee, dessen lang | |
| gezogene Wiesen im Sommer in der Regel packevoll sind. Am Donnerstagabend | |
| so voll, dass man „den Boden vor lauter Leuten nicht gesehen hat“, erzählt | |
| eine Jugendliche der taz. Aus vielen kleinen Partys sei irgendwann eine | |
| große mit DJ und Lichtern geworden. Eng getanzt hätten dann aber nur eine | |
| Handvoll Menschen, erinnert sie sich. | |
| Ihre Mutter war an dem Abend ebenfalls am See, um schwimmen zu gehen. Das | |
| sei aber wegen der Menschenmassen unmöglich gewesen. Mehrere hundert Leute | |
| seien bestimmt da gewesen, wohl auch aus dem Umland: So deutet sie die | |
| zahlreichen E-Scooter, die vor einem naheen Rewe-Markt gestanden und als | |
| Taxi vom Hauptbahnhof hergehalten haben sollen. „Abstand halten ging | |
| definitiv nicht mehr“, sagt die Anwohnerin. | |
| Die Bremer Polizei habe von der Ansammlung gehört und daraufhin | |
| Streifenwagen hingeschickt, so eine Sprecherin. Wo die Mindestabstände auch | |
| nach dem Auftauchen der Polizist*innen nicht eingehalten wurden, | |
| „erfolgten Ansagen“. Die Betroffenen hätten dann Einsicht gezeigt. Nachdem | |
| die Polizei mit ihren Wagen auf die Wiese gefahren ist, so erinnert sich | |
| die Jugendliche, seien die Menschen auseinandergegangen. Als die | |
| Polizist*innen „ausgestiegen sind und herumgeleuchtet haben, hatten | |
| einige Angst“. Eskaliert sei die Situation aber nicht. | |
| Woran es liegt, dass die Polizei in Hamburg und Bremen so unterschiedlich | |
| reagiert, erklärt sich nicht aus der rechtlichen Lage – die ist in beiden | |
| Stadtstaaten ähnlich (siehe Kasten). Im Hamburger Stadtpark war die Polizei | |
| schon am Freitagnachmittag mit einem Großaufgebot samt Flutlichtanlagen am | |
| Start. Erfahrungen der vergangenen Wochenenden mit ähnlicher Witterung | |
| hätten die Polizei dazu bewogen, dieses Mal früh anzufangen, sagt | |
| Theodoridou. | |
| Im Laufe des Abends füllte sich der Park dann laut Polizei und dem Anwohner | |
| Hosemann mit Jugendlichen, viele davon frisch gebackene Abiturient*innen. | |
| Ein Teil von ihnen war [2][wahrscheinlich aus dem Innenstadtbereich | |
| geflüchtet]: Im Schanzenviertel und auf St. Pauli besteht seit Anfang Juni | |
| in sogenannten „Hotspots“ fast rund um die Uhr ein [3][Alkoholverbot auf | |
| der Straße und öffentlichen Plätzen]. Lediglich in Bars und Restaurants | |
| darf man gepflegt Cocktails trinken oder sich hemmungslos besaufen. Während | |
| es im Schanzenviertel an diesem Wochenende also ruhig blieb, zählte die | |
| Polizei am Freitagabend im Stadtpark 4.000 Menschen, am Samstag sogar bis | |
| zu 7.000. | |
| 21 Jun 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
| Alina Götz | |
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