# taz.de -- Jugendliche müssen endlich feiern dürfen: Right to party | |
> Die Jugend hat unter Corona am meisten gelitten. Jetzt muss sie jung sein | |
> und entsprechend leben dürfen, statt schon wieder gegängelt zu werden. | |
Bild: Sollten lieber die Schulen räumen: Polizist:innen im Hamburger Schanzenv… | |
Ich geb’s zu: Ein wenig mulmig war auch mir zumute auf dem Schulterblatt am | |
frühen Freitagabend der vergangenen Woche. Ich mochte meine Maske nicht | |
abnehmen, so brechend voll war es. Dabei hatte die erste Partynacht in der | |
Schanze noch nicht mal angefangen. Und als ich mein Rad am Sonntagmorgen | |
durch abertausende Glassplitter wieder zum Büro steuerte, dachte ich | |
tatsächlich einen Moment lang: Vielleicht war der Lockdown gar keine so | |
schlechte Sache? | |
Aber wenn die jungen Leute nach Monaten des Eingesperrtseins nichts weiter | |
tun, als Flaschen auszutrinken und sie hinterher zu zerdeppern – müssen wir | |
dann nicht dankbar sein? Es herrschte in den vergangenen Wochen breiter | |
Konsens darüber, dass die Jungen [1][die Verlierer der Pandemie] sind: Sie | |
haben so viel verpasst, für das sie nun großzügig entschädigt werden | |
sollten – mit Lernferien, Nachhilfepaketen, Notenrabatten oder verlängerten | |
Regelstudienzeiten. | |
Dabei haben sie vor allem Zwischenmenschliches verpasst: Rumhängen mit | |
Gleichaltrigen, Quatsch machen, Demos, Kino, Körperkontakt, | |
Drogenerfahrungen – was eben so dazugehört zum Erwachsenwerden. Für all das | |
kann die Politik keinen Ersatz schaffen. Das holen sich die Jugendlichen | |
selbst zurück. | |
Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) redete dem Partyvolk | |
zunächst fast kumpelhaft ins Gewissen: „Was sich am Wochenende in der | |
Schanze abgespielt hat, war total daneben.“ Gefolgt von einer Drohung: „Wir | |
werden im Senat über Maßnahmen beraten müssen, wenn sich die Lage nicht | |
durch Einsicht entspannt.“ Gesagt, getan: Bevor die jungen Menschen | |
Einsicht zeigen konnten, verbot der Senat auf ganz St. Pauli und in der | |
Schanze den Außer-Haus-Verkauf und sogar das „Mitführen“ von Alkohol nach | |
20 Uhr. Den gibt’s dann nur noch in der Innengastronomie, die bizarrerweise | |
am gestrigen Freitag wieder öffnen durfte – für alle, die sich’s leisten | |
können. | |
## Coronaverbote könnten auch künftig für Ordnung sorgen | |
Fegebank gab zwischen den Zeilen auch einen deutlichen Hinweis darauf, dass | |
man mit den in der Pandemie erprobten Mitteln auch in Zukunft für Ordnung | |
in der Stadt sorgen könnte: „Das ist nicht nur ein Problem für die | |
Eindämmung der Pandemie, sondern auch für die Menschen, die in der Schanze | |
leben“, teilte sie mit. | |
Tatsächlich gibt es kaum einen Grund, Treffen an der frischen Luft zu | |
unterbinden: Beim Raven im Florapark ist die Infektionsgefahr viel geringer | |
als in den vollgepackten Klassenzimmern, in denen viele Jugendliche jetzt | |
wieder sitzen – ohne Belüftungsgeräte, mit überwiegend ungeimpften | |
Lehrkräften, die zwischen den Klassen hin und her springen. Und das drei | |
Wochen vor den Sommerferien, wo fast alle Noten schon feststehen. | |
Man möchte den Kindern zurufen: Schwänzt die Schule und geht lieber feiern! | |
Diesmal stimmt der Beastie-Boys-Klassiker wirklich: „You gotta fight for | |
your right to party!“ | |
5 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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