# taz.de -- Alkoholverbote in Hamburg: Das Flutlicht bleibt aus | |
> Der erste Abend mit Alkoholverbot im Stadtpark war am Freitag ruhig. | |
> Zuvor hatten sich hier Tausende versammelt. Gefeiert wird nun offenbar | |
> anderswo. | |
Bild: Nicht viel los: Der Hamburger Stadtpark am Freitagabend | |
Die Sonne steht am Freitagabend schon tief über dem Stadtpark und der kühle | |
Wind zieht durch die Bäume. Am Horizont, am Ende des knöchelhohen Rasens, | |
stehen acht weiß-blaue Polizeitransporter in zwei Kolonnen, ordentlich | |
aneinandergereiht. Dutzende Polizist:innen schlendern herum, massive | |
Flutlichtstrahler samt Stromaggregat stehen bereit: Mit Einbruch der | |
Dunkelheit will die Hamburger Polizei [1][mit großem Aufwand junge Menschen | |
vom Feiern abhalten.] So wie schon in den vergangenen Wochen. Doch heute | |
wird das Flutlicht ausgeschaltet bleiben. | |
Seit Freitag gilt im Stadtpark an den Wochenende ab 21 Uhr ein | |
Alkoholverbot. Beschlossen hatte es der Senat Anfang vergangener Woche. | |
Tausende, meist Jugendliche, hatten sich an den Wochenenden zuvor dort | |
versammelt, ehe die Polizei den Park mehrfach räumte. Es sei laut | |
Innensenator Andy Grote (SPD) nicht nur zu Verstößen gegen die Coronaregeln | |
gekommen, sondern auch zu Straftaten wie Körperverletzungen und | |
Landfriedensbruch. „Es waren vorbereitete und verabredete Eskalationen“, | |
sagte Grote. [2][Augenzeug:innen wiederum schilderten,] dass die | |
Eskalationen erst begannen, als die Polizei mit massivem Aufgebot aufzog | |
und die Menschen kreuz und quer über die Wiese trieb. | |
Am Freitagabend – wie auch am darauffolgenden Tag – ist von den | |
jugendlichen Massen kaum etwas zu sehen. Die größte Menschentraube besteht | |
aus zehn jungen Leuten, die im Kreis sitzen und Musik hören. Das Fernsehen | |
ist auch hier. Junge Frauen geben kichernd ein Interview. Die | |
Polizist:innen stehen derweil an ihren Wagen herum und stemmen die | |
Hände in die Hüfte. | |
„Ich find sie unnötig“, sagt ein junger Mann mit orangenem Pullover über | |
die anwesenden Beamt:innen. Er sitzt mit zwei Freunden auf einer Parkbank | |
am Rande der großen Wiese. Er zeigt mit offener Handfläche in die Richtung | |
der Beamt:innen: „Das ist doch lächerlich“, sagt er. Ihm sei zwar klar, | |
dass das Coronavirus gefährlich ist, aber er könne nicht verstehen, wieso | |
man jetzt gar keinen Spaß mehr haben dürfe. | |
## Verdächtige Tetrapacks | |
Dass die Polizei kaum Interesse haben würde zu diskutieren, hatte Hamburgs | |
Polizeipräsident Ralf Martin Meyer schon zuvor klargemacht. Man wolle | |
„klare Kante gegen die Krawallmacher“ zeigen. Als das Alkoholverbot um 21 | |
Uhr in Kraft tritt, ziehen die Polizist:innen über die Wiese. Ein | |
junger Mann bespritzt, offenbar aus Spaß, seinen Kumpel mit dem Inhalt | |
eines blauen Tetrapacks. Der Freund lacht, die Polizei guckt ernst. Der | |
Geruchstest eines Beamten bringt eine Vermutung: Ist etwa Alkohol im | |
Pfirsicheistee? Eine Gruppe von Einsatzkräften schirmen den Mann ab. Er | |
kriegt einen Platzverweis und läuft zu seinen Freunden. Das Tetrapack wird | |
vorschriftsgemäß entsorgt. | |
Ansonsten aber bleibt es entspannt: Später bilanziert die Polizei die Lage | |
als „auffällig ruhig“. Die Jugendlichen verbringen also den Wochenendabend | |
woanders. Dass sie nun in den nächsten Park ausweichen, glaubte | |
Innensenator Grote Anfang letzter Woche allerdings nicht. Gegen die | |
Vermutung sprach: Der Stadtpark hatte sich als großer Treffpunkt der | |
Jugendlichen erst entwickelt, als der Senat ein Alkoholverbot [3][für den | |
Kiez und die Sternschanze erlassen hatte.] | |
Und nun, am ersten Abend mit Alkoholverbot im Stadtpark, sind in den | |
sozialen Medien immer wieder Nachrichten von kleineren Feiern und Raves an | |
anderen Plätzen und Parks in der Stadt zu lesen. Meist entstehen sie | |
spontan und lösen sich auch kurze Zeit später wieder auf. | |
Doch davon ist nach Sonnenuntergang im Stadtpark nichts zu hören. Auch der | |
polizeiliche Flutlichstrahler bleibt aus. Nur fernes Gegröle zieht ab und | |
zu durch den Stadtpark, weil in einem angrenzenden Biergarten dreißig | |
Personen die Fußball-EM verfolgen – dort darf schließlich vorschriftsmäßig | |
gesoffen werden. | |
4 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Arne Matzanke | |
André Zuschlag | |
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