# taz.de -- Rechtstreitigkeiten mit Adelsfamilie: Wiki über Hohenzollern-Klagen | |
> Die Adelsfamilie Hohenzollern geht häufig gegen Medien vor. Historiker | |
> dokumentieren die Vorfälle und Klagen nun in einem Wiki. | |
Bild: Burg Hechingen: Stammsitz der Hohenzollern in Baden-Württemberg | |
Wer über die Hohenzollern berichtet, tut gut daran, jede noch so kleine | |
sprachliche Ungenauigkeit zu vermeiden. Nicht wenige Medienhäuser und | |
Historiker:innen erhielten in den letzten Jahren Anwaltspost. Der | |
Druck sei so hoch, dass einige kleinere Zeitungen es unterließen, überhaupt | |
über die Adelsfamilie zu berichten, sagte Martin Sabrow, Direktor des | |
Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam, am Dienstagabend | |
auf einer Online-Podiumsdiskussion. | |
Der Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands e. V. (VHD) hat | |
sich dazu entschlossen, die Vorfälle genau zu dokumentieren. Die | |
Vorsitzende Eva Schlotheuber stellte auf der Veranstaltung [1][ein Wiki | |
unter dem Namen „Die Klagen der Hohenzollern – eine Dokumentation“ vor, | |
abrufbar unter www.klagen-der-hohenzollern.de,] in dem die | |
Rechtsstreitigkeiten zusammengetragen werden. Am umfangreichsten sind die | |
Klagen, die ein beabsichtigtes Hohenzollern-Museum betreffen. Weitere | |
Komplexe bilden Klagen zum Archivzugang der Familie auf Burg Hechingen und | |
zur kritischen Darstellung historischer Ereignisse der ehemaligen | |
Kaiserfamilie. | |
Es geht um „die Frage nach Ausmaß, Intention und Einschüchterungspotenzial | |
dieses ungewöhnlichen juristischen Vorgehens“ der Hohenzollern-Familie, so | |
der Historikerverband. Wer künftig Anwaltspost aus dem Hause Hohenzollern | |
erhält, kann sich bei dem Verband melden. Das Wiki soll laufend | |
aktualisiert werden. Am Tag des Webseiten-Launch [2][gab Georg Friedrich | |
Prinz von Preußen, Ururenkel des letzten deutschen Kaisers, der Zeitung Die | |
Welt ein Interview.] „Wir sind lediglich aktiv geworden, als falsche | |
Tatsachenbehauptungen veröffentlicht und weiterverbreitet wurden“, | |
behauptet der Prinz einmal mehr. | |
Keine Raum für Zweifel | |
Der Historiker Eckart Conze erinnert am Dienstagabend daran, dass der | |
Aufstieg des Nationalsozialismus [3][und die Rolle der Monarchisten dabei | |
intensiv erforscht seien.] Die Geschichte werde auch auf Druck des alten | |
Hochadels nicht umgeschrieben werden müssen. „Bei allen | |
Bewertungsunterschieden im Einzelnen: An der Mitwirkung des Kronprinzen an | |
der Zerstörung der Weimarer Republik und an seiner – in der Gesetzessprache | |
– Vorschubleistung für die nationalsozialistische Machtübernahme kann kein | |
Zweifel bestehen“, sagte Conze. | |
Der Preußenprinz hatte im Welt-Interview eingeräumt, dass „die Jahre von | |
1930 bis 1935 in politischer und moralischer Sicht der Tiefpunkt unserer | |
fast 1.000-jährigen Familiengeschichte waren“. Der Historiker Stephan | |
Malinowski stellt aber darüber hinaus die Frage, ob die Jahre davor und | |
danach denn erfreulicher gewesen seien. | |
Die Juristin Sophie Schönberger verdeutlicht die Probleme, die sich beim | |
Rechtsstreit mit den Hohenzollern ergeben. Die Stundensätze spezialisierter | |
Rechtsanwälte seien hoch. Wer sich gegen Klagen wehren will, müsse viel | |
Geld in die Hand nehmen. Hinzu komme, dass der Kläger sich im Grunde | |
aussuchen könne, vor welchem Gericht in Deutschland er seine Klage erhebe. | |
Der Preußenprinz klage konsequent vor dem Landgericht Berlin. „Es sind also | |
immer dieselben drei Berufsrichter, die über seine Fälle entscheiden“, so | |
Schönberger. | |
## Worte auf der Goldwaage | |
Von den Hohenzollern werde jedes Wort auf die Goldwaage gelegt, sagte der | |
Medienwissenschaftler Michael Haller. Dies sei sehr problematisch, befand | |
auch der Historiker Martin Sabrow. „Unsere Erkenntnisse sind vorläufig, sie | |
versuchen, sich einer Objektivität anzunähern, von der wir wissen, dass es | |
sie nicht geben kann.“ | |
Ein Kritikpunkt an den Verhandlungen zwischen Hohenzollern und Bund und | |
Ländern war der Umstand, [4][dass die Gespräche geheim geführt würden.] | |
Georg Friedrich von Preußen behauptete im Welt-Interview, dass die Politik | |
„unbedingt wollte, dass sie vertraulich geführt werden“. Manja Schüle | |
(SPD), brandenburgische Wissenschaftsministerin, sagte, die Hohenzollern | |
haben darauf gedrungen, dass die Informationen dazu intern blieben: „Wenn | |
ich eine transparente, eine offene Diskussion führen will, dann kann ich | |
nicht gleichermaßen auf eine Verschwiegenheitspflicht der öffentlichen Hand | |
drängen.“ | |
16 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://wiki.hhu.de/spaces/viewspace.action?key=HV | |
[2] https://www.welt.de/kultur/plus231810819/Hohenzollern-Chef-Ich-bin-nicht-de… | |
[3] /Preussen-Historiker-Clark-rudert-zurueck/!5734272 | |
[4] /Keine-Sonderrechte-fuer-die-Hohenzollern/!5747673 | |
## AUTOREN | |
Julia Hubernagel | |
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