| # taz.de -- Keine Sonderrechte für die Hohenzollern: Gerichte sollen entscheid… | |
| > Die Grünen wollen, dass die geheimen Verhandlungen von Bund und Ländern | |
| > mit den Hohenzollern aufhören. Wie reagiert Monika Grütters? | |
| Bild: Kronprinz Wilhelm beim Treffen von „Stahlhelm“ und SA in Wittenberg/E… | |
| Die Grünen-PolitikerInnen Katrin Göring-Eckardt und Erhard Grundl fordern | |
| vehement, die Geheimverhandlungen von Bund und Ländern mit Vertretern der | |
| Hohenzollern zu beenden. In dem digital abgehaltenen Fachgespräch der | |
| Grünen-Bundestagsfraktion „Keine Sonderrechte für den Adel“ drängten sie… | |
| Mittwoch, den 3. Februar, darauf, vor Gericht klären zu lassen, ob den | |
| Nachfahren des 1918 gestürzten letzten deutschen Kaisers weitere | |
| Entschädigungen durch die öffentliche Hand zustehen. | |
| Die Erben der Preußen-Dynastie streiten seit Ende der DDR um Werte in | |
| Millionenhöhe. Nach dem 1994 verabschiedeten Ausgleichsleistungsgesetz | |
| wollen sie Entschädigungen für nach 1945 stattgefundene Enteignungen im | |
| Osten Deutschlands erhalten. Das Gesetz sieht jedoch vor, dass Personen, | |
| die dem Nationalsozialismus oder anderen diktatorischen Regimen | |
| „erheblichen Vorschub“ leisteten, einer Ausgleichszahlung unwürdig sind. | |
| Im Fachgespräch der Grünen erläuterten fünf Expertinnen, wie sie die | |
| Gesetzeslage im Streit mit den Hohenzollern interpretieren. Marietta Auer | |
| vom Frankfurter Max-Planck-Institut skizzierte den historischen Hintergrund | |
| des Ausgleichsleistungsgesetzes. Es trägt dem Zwei-plus-vier-Vertrag von | |
| 1990 Rechnung und sollte nach Ende der DDR eine brauchbare Praxis für | |
| historische Besitzstreitigkeiten schaffen. | |
| Ohne einen „moralischen Grundkonsens“, sagte Auer, funktioniere eine | |
| demokratische Gesellschaft nicht. NS-Täter nicht zu belohnen gehöre „zur | |
| DNA unseres Rechtssystems“. Auch Holocaustleugnung stehe unter Strafe und | |
| ist nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt – eine der Lehren aus der | |
| Zerstörung der Weimarer Demokratie. Die Unwürdigkeitsklausel im | |
| Ausgleichsleistungsgesetz von 1994 sei „sehr gut definiert“ und anwendbar. | |
| Sophie Schönberger, Juristin von der Universität Düsseldorf, erinnerte an | |
| das BVG-Urteil im Falle der Erben Alfred Hugenbergs. Hugenberg gilt als | |
| einer der rechtskonservativen Wegbereiter des Faschismus in Deutschland. Er | |
| trieb die Einbindung der deutschnational-monarchistischen Kräfte in das | |
| Hitler-Lager voran. Als die Hugenberg-Nachfahren nach 1989 Restitutionen | |
| verlangten, entschied das Bundesverwaltungsgericht 2005 gegen sie und | |
| wandte dabei die Unwürdigkeitsklausel aus dem Ausgleichsleistungsgesetz an. | |
| Schönberger sieht die Rechtslage bei den Hohenzollern ähnlich. [1][Auch | |
| Kronprinz Wilhelm von Preußen hat prominent die Zerstörung von Demokratie] | |
| betrieben sowie die Errichtung der Nazi-Terrorherrschaft unterstützt. | |
| Historiker Stephan Malinowski zitierte in dem Fachgespräch der Grünen den | |
| bürgerlich-liberalen Politiker Gustav Stresemann aus den 1920er Jahren. Der | |
| hatte von Wilhelm als „Reklameprinz“ gesprochen. Die monarchistische | |
| Bewegung, so Malinowski, sei Teil des Faschismus gewesen, keineswegs eine | |
| Alternative zu ihm. Die Quellenlage sei sehr eindeutig, wie im Übrigen auch | |
| Christopher Clark inzwischen einräumt. Clark hatte 2020 sein früheres und | |
| anderslautendes Gutachten über die Hohenzollern revidiert. [2][Der | |
| Kronprinz, so sieht es Clark heute, sei nicht nur gewalttätig] und | |
| antisemitisch gewesen, er habe auch maßgeblich an der Zerstörung der | |
| Weimarer Republik und der Etablierung des Naziregimes mitgewirkt. | |
| „Meine amerikanischen Kollegen verstehen nicht, warum wir darüber in | |
| Deutschland heute diskutieren“, sagte die in Princeton forschende | |
| Historikern Karina Urbach in einem vorab aufgezeichneten Beitrag für das | |
| Fachgespräch. [3][Urbach hat wie Malinowski jüngst neue Quellen zutage | |
| gefördert,] die die braune Gesinnung der Hohenzollern belegen. | |
| Der Marburger Historiker Eckart Conze schloss sich denn auch der Forderung | |
| der einladenden Grünen-Bundestagsfraktion an: keine Geheimverhandlungen mit | |
| den Hohenzollern-Erben, die Sache soll vor Gericht. Conze berichtete davon, | |
| wie Anwälte des Ururenkels des letzten deutschen Kaisers kritische | |
| Wissenschaftler und Medien mit aggressiven Drohschreiben überziehen. | |
| Während Staatsministerin Grütters mit ihnen verhandele, solle so wohl die | |
| kritische Öffentlichkeit eingeschüchtert werden. Offenbar leben manche | |
| Exzellenzen in einer historischen Parallelwelt. Ihr Realitätsverlust könnte | |
| aber noch schmerzhaft werden. Und zwar, wenn ab Herbst im Bund die Grünen | |
| mit in der Regierung sitzen. | |
| 7 Feb 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Fanizadeh | |
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