# taz.de -- Erinnerung an NS-Opfer: Protest gegen Plan für Polendenkmal | |
> Ein Denkmal soll in Berlin an polnische Opfer von NS-Verbrechen erinnern. | |
> Opferverbände kritisieren, dass sie bei der Konzeption außen vor bleiben. | |
Bild: Einweihung einer Gedenktafel für die polnischen BefreierInnen von Berlin… | |
BERLIN taz | Ende November hat der Bundestag beschlossen, dass in Berlin an | |
prominenter Stelle [1][das Polen-Denkmal] gebaut wird. Es soll „den | |
polnischen Opfern des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen | |
Besatzung Polens gewidmet“ sein. Die Planung ist noch in einem frühen | |
Stadium. Klar ist, dass nicht nur ein steinernes Denkmal, sondern auch ein | |
Gedenkort für Bildung und zivilgesellschaftlichen Austausch entstehen soll. | |
Das [2][Polen-Denkmal hat einen etwas anderen Charakter als andere | |
NS-Erinnerungsstätten]. Von deutscher Seite ist es auch ein Versuch, die | |
Beziehungen zu Polen und der PiS-Regierung zu verbessern. Es ist kein | |
Zufall, dass nicht die Gedenkstättenkonzeption des Bundes die Federführung | |
bei dem Projekt hat, sondern das Auswärtige Amt. | |
Das Denkmal soll den „besonderen Charakter der deutsch-polnischen | |
Geschichte und der deutsch-polnischen Freundschaft in Europa“ zeigen. | |
Kurzum: Dieser Gedenkort ist, mehr als andere NS-Erinnerungsstätten, eine | |
Staatsaffäre und ein Instrument bundesdeutscher Außenpolitik. | |
Auch deshalb regt sich Unbehagen bei zivilgesellschaftlichen Organisation | |
in Polen. „Überlebende der NS-Verfolgung, ehemalige Häftlinge deutscher | |
Konzentrationslager und NS-Gefängnisse sowie Kombattantinnen und | |
Kombattanten der NS-Widerstandsbewegungen“ wurden „nicht zur Mitarbeit“ | |
eingeladen. Diese Kritik formulieren Vertreter von vier polnischer | |
Opferverbänden, darunter Stanisław Zalewski, Vizepräsident des | |
Internationalen Auschwitz-Komitees, Roman Kwiatkowski, der Präsident des | |
Verbandes der Roma in Polen und Kamil Majchrzak vom Internationalen Komitee | |
Buchenwald-Dora. | |
## Planung hinter verschlossenen Türen | |
Ihren Protest haben sie an Außenminister Heiko Maas und | |
Kulturstaatsministerin Monika Grütters adressiert. Der Brief wurde [3][am | |
Montag publiziert.] Der Termin ist bewusst gewählt. Am Donnerstag ist | |
Bundespräsident Steinmeier in Warschau. Zu den Unterzeichnern des | |
Protestbriefes gehört auch Marian Kalwary, jüdischer Holocaustüberlebender | |
und Vorsitzender des Verbandes „Jüdische Kombattantinnen und Kombattanten | |
und Geschädigte des Zweiten Weltkrieges“. | |
„Die Bildung von Erinnerungs-Institutionen sollte die diversen Erfahrungen | |
und Perspektiven der Überlebenden und ihrer Verbände berücksichtigen“ hei�… | |
es in dem Brief. Er ist auch an Grütters adressiert, weil die Ministerin | |
für das parallel zum Polen-Denkmal geplante Dokumentationszentrum | |
verantwortlich ist, das an deutsche Gewaltherrschaft in Europa – und vor | |
allem im Osten – erinnern soll. Mit der Planung des Dokumentationszentrums | |
ist konkret die Stiftung Deutsches Historisches Museum (DHM) befasst. | |
Das DHM, so Kamil Majchrzak zur taz, habe nun auf den Protest der | |
polnischen Verbände reagiert und Gesprächsbereitschaft signalisiert. Das | |
Auswärtige Amt habe indes noch nicht geantwortet. Chef der | |
Expertenkommission ist dort Rolf Nikel, Ex-Botschafter in Warschau. | |
Es dränge sich der Eindruck auf, so Majchrzak, dass die Planung des | |
Polendenkmals „klandestin“ verlaufen solle. Damit drohe das Polen-Denkmal | |
eine vertane Chance zu werden. „So funktioniert Erinnerungsarbeit nicht. | |
Denn die braucht die Zivilgesellschaft“. Das Polen-Denkmal werde hinter | |
verschlossen Türen geplant. Dieser Prozess sei, so Majchrzak, „nicht | |
transparent und nicht aufrichtig“. | |
16 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Debatte-um-Polen-Denkmal-in-Berlin/!5719910 | |
[2] /Neue-Erinnerungsorte-fuer-NS-Opfer/!5721165 | |
[3] http://www.bearing-witness.net/ | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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