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# taz.de -- Neue Erinnerungsorte für NS-Opfer: Kein kluger Kompromiss
> Berlin bekommt wohl zwei neue Gedenkstätten mit unterschiedlichen
> Ansätzen. Das „Polen-Denkmal“ könnte eine sinnlose Opferkonkurrenz in
> Gang setzen.
Bild: Blumen zum Gedenken an den 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Pol…
In Berlin werden, falls die Pläne umgesetzt werden, zwei Gedenkstätten an
den Vernichtungskrieg nach 1939 entstehen. Mit dem
[1][„Dokumentationszentrum deutsche Besatzungsherrschaft in Europa“] wird
ein Museum des Zweiten Weltkriegs in Berlin gebaut – und vom Auswärtigen
Amt eine Gedenkstätte, die [2][an das NS-Regime in Polen erinnert]. Damit
endet erst mal ein intensiv geführter Streit.
Die Befürworter des Besatzungsmuseums wollen den NS-Vernichtungskrieg in
den Fokus rücken, die Unterstützer des Polen-Denkmals die spezielle Rolle
Polens gestern und heute unterstreichen. Dieser Unterschied hat nichts
Banales: Erinnert Berlin an alle Opfer der deutschen Besatzung oder vor
allem an die polnischen? Setzt Berlin auf ein postnationales oder ein
nationales Konzept?
Nun baut man einfach beides, hübsch separiert: Das Besatzungsmuseum wird
Teil der Gedenkstättenkonzeption des Bundes sein, das Denkmal für Polen
hingegen institutionell sichtbar als außenpolitische Geste. Ist das ein
kluger Kompromiss? Den hätte es geben können. Die Stiftung Denkmal und das
Deutsche Polen-Institut haben vorgeschlagen, beides zu fusionieren. Das
wäre eine kreative Lösung gewesen. Doch sie ist gescheitert – vor allem am
Widerstand der Befürworter eines Polen-Denkmals, die unbedingt ihr Denkmal
wollen.
Bei dem jetzigen Modell kann man nur hoffen. Zu befürchten ist, dass das
Polen-Denkmal in anderen osteuropäischen Regionen die sinnlosen und
unproduktiven Rituale nationalistisch gefärbter Opferkonkurrenz in Gang
setzt. Das kann gerade in Berlin niemand wollen und würde einer
Erinnerungspolitik, die auf Versöhnung und auf diskursive Verflüssigungen
zielt, Hohn sprechen.
Die Gedenkdebatte hat bislang nicht nur in Deutschland nur in Fachkreisen
Aufmerksamkeit gefunden – die politischen Öffentlichkeiten sind bislang
weitgehend desinteressiert. Das ist unter dem Aspekt, dass zu viel
Aufmerksamkeit womöglich schädlich wäre, auf bizarre Weise beruhigend.
30 Oct 2020
## LINKS
[1] /Gedenken-an-NS-Besatzung/!5717191
[2] /Debatte-um-Polen-Denkmal-in-Berlin/!5719910
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Erinnerungskultur
NS-Dokumentationszentrum
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg
Zwangsarbeit
Schwerpunkt Abtreibung
NS-Gedenken
Schwerpunkt Nationalsozialismus
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