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# taz.de -- China beschließt Anti-Sanktionsgesetz: Pekinger Machtdemonstration
> Mit einem Anti-Sanktionsgesetz will die chinesische Regierung
> ausländische Unternehmen auf Kurs bringen. Die deutsche Wirtschaft ist
> alarmiert.
Bild: Deutsche Unternehmen unter Druck: Für Volkswagen ist China der wichtigst…
Peking taz | Die 16 Artikel des sogenannten Anti-Sanktionsgesetzes lesen
sich wie eine Warnbotschaft an westliche Unternehmen, die es wagen, sich
der Fuchtel der Kommunistischen Partei zu widersetzen. Die Kernaussage
dieses Gesetzes, das die Parteiführung in Rekordzeit verabschiedet hat:
Jedes Individuum oder Unternehmen kann rechtlich belangt werden, wenn es
gegen China gerichtete Sanktionen umsetzt.
Das wäre beispielsweise der Fall, wenn eine Modemarke – wie zuletzt mit H&M
und Adidas geschehen – keine Baumwolle mehr aus Xinjiang bezieht, weil es
innerhalb der Zuliefererkette keine Zwangsarbeit ausschließen kann. Das
bloße Befolgen von EU-Menschenrechtsstandards kann also automatisch zum
Rechtsbruch in China führen.
Dementsprechend reagieren deutsche Wirtschaftsvertreter mit deutlicher
Kritik. „Anstatt rechtliche Klarheit zu garantieren, wird das Gesetz zum
Damoklesschwert für jedes Unternehmen, das in und mit China Geschäfte
macht“, sagt Wolfgang Niedermark vom Bund der Deutschen Industrie (BDI):
„Alle Aktivitäten im Ausland, die im Widerspruch mit Chinas
wirtschaftlichen und politischen Interessen stehen, werden dadurch zum
Minenfeld erklärt.“
Insbesondere europäische Unternehmen geraten damit immer mehr zwischen die
Fronten des geopolitischen Konflikts, den China und die USA austragen.
Bestes Beispiel [1][Huawei:] Laut US-Sanktionen dürfen Unternehmen, die
Chips mit Maschinen aus den Vereinigten Staaten produzieren, nicht mehr an
den chinesischen Netzwerkhersteller liefern. Deutsche Unternehmen halten
sich dran, weil beim Ausschluss vom US-Markt schnell auch mal der
Ausschluss vom internationalen Finanzsystem drohen kann. Doch künftig
könnte die Entscheidung schwerer fallen, welchen Marktregeln man folgt.
Denn in China werden schon bald bis zu einem Drittel des
Wirtschaftswachstums weltweit generiert.
Brisant ist auch der Zeitpunkt des Anti-Sanktionsgesetzes: Erst im März hat
die Europäische Union erstmals seit 1989 [2][Sanktionen gegen chinesische
Politiker] verhängt, die für die Menschenrechtsverbrechen in Xinjiang
verantwortlich zeichnen. China konterte nicht einmal eine Stunde später mit
überproportional schärferen Gegensanktionen – gegen europäische Politiker
und Denkfabriken.
„Anstatt auf Deeskalation zu setzen, schafft die chinesische Regierung neue
Unsicherheit. Das schadet Chinas Ruf als Investitionsstandort und
Handelspartner“, sagt Niedermark vom Industrieverband BDI. Vor allem
beweist es Chinas Selbstbewusstsein auf dem globalen Parkett – obwohl
unklar ist, ob die neue Stärke nicht in einer tiefen Verunsicherung
wurzelt.
## KP-Führung setzt auf Einschüchterung
„China hat seinen Werkzeugkasten für die Folterkammer etabliert, aber es
noch nicht angewendet“, sagt Jörg Wuttke, der als Handelskammerpräsident
die Interessen europäischer Unternehmen in China vertritt. „Bislang setzt
es vor allem auf Einschüchterung.“ Unmittelbar erwartet er keine
Auswirkungen auf ausländische Unternehmen, aber dennoch seien diese höchst
irritiert. „Solche Maßnahmen sind nicht förderlich, um ausländische
Investitionen anzuziehen oder Unternehmen zu beruhigen, die zunehmend das
Gefühl haben, als Opferfiguren in einem politischen Schachspiel eingesetzt
zu werden“, sagt Wuttke.
Dennoch könnte das Anti-Sanktionsgesetz schlussendlich nicht so heiß
gegessen werden, wie es zuletzt medial aufgekocht wurde. Denn bereits 2019
hat Pekings Staatsführung mit einer schwarzen Liste gegen „unzuverlässige
Unternehmen“ gedroht, die Chinas nationale Interessen schaden. Seither
wurde das Gesetz kein einziges Mal angewendet.
15 Jun 2021
## LINKS
[1] /Big-Data-und-Ueberwachung-in-China/!5765958
[2] /Sanktionen-zwischen-China-und-EU/!5757101
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
Menschenrechte
Volkswagen
Sanktionen
Peking
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