# taz.de -- Wohnraum für Obdachlose: Housing First auf Sparflamme | |
> Endlich startet Housing First in Hamburg. Doch das bedingungslose Wohnen | |
> soll gerade mal für 30 Haushalte gelten. | |
Bild: Mehr als ein Zelt unter der Brücke: Housing First soll obdachlosen Mensc… | |
HAMBURG taz | Erst einmal könnte man sagen: gut, dass endlich Bewegung in | |
das Thema [1][„Housing First“ in Hamburg] gekommen ist. Vor einem Jahr im | |
rot-grünen Koalitionsvertrag festgeschrieben, hat Rot-Grün nun ein | |
Housing-First-Modellprojekt in der Bürgerschaft verabschiedet. | |
Housing First, das bedeutet, obdachlosen Menschen ohne Vorbedingung eine | |
Wohnung zu geben. Die Idee dahinter ist, dass für sehr viele der eigene | |
Wohnraum Ausgangspunkt dafür ist, andere Probleme wie Sucht oder | |
Arbeitslosigkeit zu lösen – statt dass etwa ein erfolgreicher | |
Alkoholentzug als Voraussetzung für die eigene Wohnung verlangt wird. | |
Für bis zu 30 Haushalte sollen bis Anfang nächsten Jahres solche Wohnungen | |
bereit stehen. Für Stephan Karrenbauer, Sozialarbeiter beim | |
[2][Straßenmagazin Hinz&Kunzt] ist das einer der wesentlichen Kritikpunkte: | |
„30 Wohnungen sind ein Tropfen auf dem heißen Stein“. Die kleine Zahl sei | |
ein Indiz dafür, dass die Sozialbehörde nicht wirklich umdenke im Umgang | |
mit Obdachlosigkeit. | |
Auch die in der Einleitung des Antrags genannte individuelle | |
„Kooperationsbereitschaft“, die – neben der Verfügbarkeit von Wohnungen … | |
„entscheidend“ sei für das Gelingen des Konzepts, sieht Karrenbauer | |
kritisch: „Es ist entscheidend bei Housing First, dass es eben nicht im | |
Vorfeld an Bedingungen geknüpft ist.“ | |
## Linke würd sofort starten | |
Kritik kommt auch von anderer Seite: Für Stephanie Rose, sozialpolitische | |
Sprecherin der Linken, ist nicht nachvollziehbar, warum Housing First in | |
Hamburg [3][nur als Modellprojekt] startet. Housing First werde schon seit | |
den späten 90er-Jahren evaluiert – und das positiv. Statt erneut Geld und | |
Energie in eine Evaluierung zu stecken, sei es sinnvoller, das Konzept | |
sofort zu etablieren. | |
Das weist Mareike Engels, sozialpolitische Sprecherin der Grünen, zurück. | |
Durch den Probecharakter sei es möglich nachzuschärfen: „Wenn es einmal | |
läuft, ist Nachjustieren schwierig“, sagt sie. Die Probezeit soll außerdem | |
dazu dienen, Voraussetzungen für die Akquise von Wohnraum zu schaffen, was | |
auf dem Hamburger Wohnungsmarkt sicherlich kein Selbstgänger sein wird. | |
Für Engels ist die geforderte Kooperationsbereitschaft von Seiten der | |
obdachlosen Menschen kein Bruch mit den Prinzipien von Housing First, | |
sondern ganz praktisch Voraussetzung für dessen Gelingen. Was ihr eher | |
Bauchschmerzen macht, ist die Tatsache, dass nur Menschen, die Anspruch auf | |
Transferleistungen haben, überhaupt für das Projekt infrage kommen. | |
Sie müssen also eine Zeit lang in Deutschland gearbeitet und in die | |
Sozialkassen eingezahlt haben. Das bedeutet allerdings nicht, dass Menschen | |
aus Osteuropa ausgeschlossen wären. | |
An der Stellschraube Transferleistungsempfänger könne man nur auf | |
Bundesebene drehen, sagt Engels. Für Karrenbauer ist das angesichts der | |
kleinen Zahl von Wohnungen ein nachrangiges Problem. Wie viele der | |
Hamburger Obdachlosen Anspruch auf Transferleistungen haben, lasse sich | |
kaum sagen. | |
Was das Projekt kosten wird, steht nicht im Antrag. Engels geht von einem | |
sechsstelligen Betrag aus. Darin sind vor allem Personalkosten für die | |
Begleitung durch SozialarbeiterInnen enthalten. | |
In Sachen Wohnraum hat sich übrigens schon eine Initiative zu Wort | |
gemeldet: Das Bündnis „Stadtherz“ schlägt schon lange vor, die Brachfläc… | |
im Münzviertel sozial verantwortlich zu nutzen – unter anderem mit | |
Wohnungen für Housing First. | |
11 Jun 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Unterbringung-von-Obdachlosen-in-Hamburg/!5772020 | |
[2] https://www.hinzundkunzt.de/ | |
[3] /Ein-Dach-ueberm-Kopf-fuer-Obdachlose/!5719858 | |
## AUTOREN | |
Friederike Gräff | |
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