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# taz.de -- Wohnungslosigkeit in Hamburg: „Der Dringlichkeitsschein bietet ke…
> In Hamburgs öffentlichen Unterbringungen leben tausende Menschen, die
> eigentlich Anspruch auf eine Wohnung haben. Das ergab eine Anfrage der
> Linken.
Bild: Alle brauchen erstmal ein Dach über dem Kopf: Demo für bezahlbare Miete…
Hamburg taz | Die gute Nachricht vorweg. Hamburg hat sein [1][Modellprojekt
„Housing First“] verstetigt. Das gab Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer
(SPD) am Freitag im Sozialausschuss bekannt. Ab sofort kann jeder Träger
der [2][Wohlfahrtspflege] einen Vertrag mit der Stadt abschließen und dann
[3][Langzeitobdachlosen] eine Wohnung besorgen und sie eine Weile begleiten
– die Kosten trägt die Stadt. In einem Modellprojekt war dies zuvor bei 39
obdachlosen Menschen geglückt.
Doch das Problem der Wohnungslosigkeit hat Hamburg längst nicht im Griff:
Darauf macht die Fraktion Die Linke in einem Antrag aufmerksam, der am
Mittwoch in der Bürgerschaft debattiert wird. Rund 32.400 Menschen leben
laut Bundesstatistikamt in der Stadt ohne eigene Wohnung. Das ist im
Verhältnis zur Bevölkerung der Großstadt eine vergleichsweise hohe Quote.
Nach Auskunft des rot-grünen Senats auf eine [4][Anfrage der Linken] lebten
Ende Dezember 2024 sogar 41.521 Menschen in „öffentlich-rechtlicher
Unterbringung“, statt im eigenen Zuhause. Darunter waren 3.989 Wohnungslose
und 26.580 Zuwanderer mit Anspruch auf eine Wohnung.
Für diese Menschen sieht das Gesetz einen Dringlichkeitsschein vor. Die
Stadt hat für diese Fälle ein Kontingent von Wohnungen mit
„Wohnungsamtsbindung“ (WA-Bindung). Darüber gibt es Verträge mit der
städtischen Saga und weiteren Wohngenossenschaften. Das Problem: Zum
Jahresende galten 16.148 Haushalte als dringend berechtigt. Doch es wurden
nur 2.404 mit einer Wohnung versorgt, also etwa jeder sechste. „Der
Dringlichkeitsschein bietet überhaupt keine Sicherheit mehr“, kritisiert
daher die Linke-Sozialpolitikerin Olga Fritzsche. „Doch, wer so einen
Schein hat, hat Anspruch auf eine Wohnung. Ohne wenn und Aber.“
## 1.500 Dringlichkeitswohnungen gingen verloren
Was auch durch die Anfrage heraus kam: Die Zahl der Dringlichkeitswohnungen
insgesamt schrumpfte von 2024 auf 2025 um rund 1.500 Wohnungen, von 26.032
auf 24.485. Das ist nun Anlass für die Linke gewesen, ihren Antrag zu
stellen. Sie fordert, dass allein die städtische Saga künftig jährlich
mindestens 3.000 vordringlich wohnungssuchende Haushalte mit einer Wohnung
versorgt. Die Verträge zwischen der Stadt und ihrer Wohnungsfirma seien
entsprechend anzupassen. Zur Zeit hält die Saga nur 2.100 WA-Wohnungen vor
und die Genossenschaften 250.
Auf eine Wohnung nach Housing-First-Prinzip haben Menschen Anspruch, die
länger obdachlos sind und gemäß Paragraf 67 des Sozialgesetzbuch XII aus
eigener Kraft nicht fähig sind, ihre Lage zu ändern. Die Träger müssen
Wohnungen für sie auf dem Markt besorgen. Die Stadt bietet laut
[5][Homepage] fünfstellige Zuschüsse und „attraktive finanzielle
Absicherung“ damit das gelingt.
Neben dem sozialen Gewinn, so [6][erklärte Sozialsenatorin Schlotzhauer],
ergäbe sich aus dieser direkten Wohnraumversorgung auch „erhebliche
monetäre Vorteile“. Denn durch Housing First spart die Stadt Geld, nämlich
die deutlich höheren Kosten für die öffentlich-rechtliche Unterbringung.
Doch dass „Wohnunglosigkeit die teuerste Form zu Wohnen“ ist, gelte auch
für andere Gruppen, merkt Fritzsche an. „Egal ob in der Jugendhilfe oder
bei den Frauenhäusern, das Hilfesystem ist verstopft, weil Wohnraum fehlt.“
Der Senat müsse [7][endlich mehr Sozialwohnungen] bauen oder auch
Bindungsrechte aufkaufen, findet die Linke. Jede Vermittlung entlaste die
Stadt von den Kosten der öffentlichen Unterbringung.
## Hausbesuche gegen Zwangsräumungen
Da zudem aber auch die Zahl der Zwangsräumungen 2024 zunahm, seien auch
präventive Maßnahmen wie Hausbesuche durch die Fachstellen für
Wohnungsnotfälle wichtig. Die Linke fordert in ihrem Antrag, diese
auszuweitern und dafür 30 zusätzliche Stellen einzurichten.
Fritzsches Antrag stößt bei den regierenden Fraktionen von SPD und Grünen
auf Ablehnung. Der SPD-Sozialpolitiker Baris Önes erklärte, Hamburg stehe
im sozialen Wohnungbau im Ländervergleich gut da. Die Saga habe unter ihren
140.000 Wohnungen etwa 30.000 geförderte und 9.800 mit
Wohnungsamts-Bindung. Angesichts der abnehmenden Fluktuation der Wohnungen
der Saga sei die Versorgung von über 2.000 vordringlich Wohnungsuchenden im
letzten Jahr eine gute Quote. Hamburg habe zudem im letzten Jahr 5.611
Sozialwohnungen gefördert und gebe auch in 2025 und 2026 Fördergelder in
Milliardenhöhe aus.
„Dass die Zahl der WA-Wohnungen nicht ausreicht, ist uns bewusst“, sagt die
Grüne Abgeordnete Kathrin Warnecke. Deshalb schaffe man hier seit Jahren
neue Angebote. Doch die Forderung, allein bei der Saga 3.000 Wohnungen
dafür vorzuhalten, sei kurzfristig nicht realistisch. Man setze stattdessen
auf ein breiteres Programm, in das auch Genossenschaften und private
Akteure einbezogen werden. Und die [8][aufsuchende Sozialarbeit der
Fachstellen] sei „heute schon möglich“, sagt die Grüne. Den Antrag der
Linken werde man ablehnen.
9 Sep 2025
## LINKS
[1] /Housing-First-in-Hamburg/!6046585
[2] https://housing-first.hamburg/start/
[3] /Verelendung-in-Hamburg/!6062660
[4] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/90671/23_00072_zur_wohnung…
[5] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/sozialbehoerde/them…
[6] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/90561
[7] /Sozialer-Wohnungsbau-in-Hamburg/!5880755
[8] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/90562
## AUTOREN
Kaija Kutter
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