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# taz.de -- Die Berlinale ist eröffnet: Noch ganz andere Sorgen als Corona
> Lang ersehnt hat die Berlinale begonnen. Wie die Winterausgabe bergen
> auch diese 12 Tage im Sommer Herausforderungen – nur ganz anders als
> gewohnt.
Bild: Lang ersehnt: Berlinale-Trailer, der vor jedem Film läuft
Berlin taz | Die [1][Berlinale beginnt] an diesem Mittwochabend im
Freiluftkino Friedrichshagen mit Verspätung – in doppelter Hinsicht. Zum
einen insgesamt, schließlich ist dieser Tag der Auftakt für den wegen der
Coronapandemie vom Februar auf den Sommer verschobenen Publikumsteil des
traditionsreichen Filmfestivals.
Zum anderen beginnt der Eröffnungsfilm – auch hier am Stadtrand Berlins
läuft wie in acht weiteren Open-Air-Kinos [2][„Der Mauretanier“] von
Regisseur Kevin Macdonald – tatsächlich mit fast einer Stunde Verspätung
erst kurz vor halb elf Uhr nachts. Das ist ungewöhnlich, denn nach den
Anfangszeiten der Vorführungen auf der Berlinale kann man eigentlich die
Uhr stellen.
Woran das liegt, ist nicht ganz klar. Es dauert offenbar ein bisschen
länger als geplant, bis alle gut 300 Zuschauer*innen die Kontrollen des
für den Besuch notwendigen negativen Coronatestergebnisses, Ticket und
persönlichen Daten zur möglichen Kontaktverfolgung durchlaufen haben.
Richtig dunkel ist es auch erst gegen 22 Uhr.
Jedenfalls murren doch einige Besucher*innen angesichts der
Verzögerung, zumal der Film über einen mehr als 15 Jahre unschuldig im
US-Militärknast Guantanamo einsitzenden Mann mit 130 Minuten auch nicht
gerade kurz ist und die S-Bahn-Verbindungen zurück in die Stadt danach
schlecht sind.
Man ahnt da schon: Wer in den nächsten Festivaltagen bis zum 20. Juni
regelmäßig auf die Berlinale will, braucht ein gutes Schlafmanagement.
Während das Festival an seinem Standardtermin im Februar berüchtigt dafür
ist, dass spätenstens am Ende alle Dauergäste grippig sind, dürften nach
der Sommeredition viele ordentlich müde sein.
Denn aufgrund der Pandemie [3][werden nur Draußenkinos bespielt, insgesamt
16 an der Zahl]. Darunter große wie im Friedrichshain und am Kulturforum,
aber auch kleinere und an allen Ecken der Stadt. Es war der Kompromiss, den
Corona erzwungen hat. Die Folge: Lange Kinonächte, denn nur wenige Filme
beginnen schlicht wegen der nötigen Dunkelheit schon vor 21.30 Uhr.
Ein extra aufgebautes Kino auf der Museumsinsel soll so etwas wie das Herz
des Festivals sein. Hier eröffneten am Mittwochabend Kulturstaatsministerin
Monika Grütters (CDU) und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller
(SPD) den ungewohnten Kulturreigen. Ihnen war die Erleichterung anzuhören
über den Neustart der Kultur.
Denn das Schicksal der Berlinale in Coronazeiten ist fast selbst schon
filmreif. Es war das letzte große Kulturereignis in der Stadt, das vor der
Pandemie noch komplett, mit vollen Sälen, ohne Masken, Datenerfassung oder
Abstand, stattfinden konnte. Am 1. März 2020 endete es mit dem
traditionellen Publikumstag; tags darauf wurde in Berlin der erste
Coronafall offiziell bestätigt. Keine zwei Wochen später waren Kultur,
Schulen, öffentliches Leben ausgeschaltet und der Lockdown begann.
Auf diesen Moment hätten sie alle sehr sehnsüchtig gewartet, sagte
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) vor den geladenen Gästen auf
der Museumsinsel. Endlich heiße es, wieder miteinander gespannt oder
gerührt, nachdenklich oder amüsiert zu sein. „Endlich wieder großes Kino.�…
Der Bund stellt für die Sonderausgabe rund 10 Millionen Euro zur Verfügung.
Und als dann auch im Freiluftkino Friedrichshagen bei sommerlichen
Temperaturen, Antimückenmittel und kühlen Getränken der in rot gehaltene
berühmte Berlinale-Trailer mit seinen leuchtenden Sternen und der leicht
knallenden Musik endlich anläuft, da leuchten die Augen vieler
Besucher*innen glücklich.
Und der packende Eröffnungsfilm – der traditionell eher ein Mittel zur
Anlockung von Prominenz auf den Roten Teppich als hohe Filmkunst ist –
schafft es tatsächlich, die Zuschauer*innen in eine andere Welt als die
von Corona zu entführen. Genau das also, wofür Kino einst erfunden wurde.
Jodie Foster spielt darin eine Anwältin, die dem Guantanamo-Häftling
Mohamedou Ould Slahi hilft; der Film beruht auf wahren Begebenheiten. Die
Darstellungen der Folter sind teilweise drastisch, die Kritik am Vorgehen
der USA deutlich, zumal auch unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden
weiterhin Gefangene dort festgehalten werden. Doch die Botschaft von „Der
Mauretnanier“ – wie Jodie Foster in einer Videobotschaft für das Publikum
verdeutlicht – lautet: „Hoffnung“. Und die Tatsache, dass auch nach Corona
noch viele viele andere Herausforderungen auf die Menschheit warten.
Offizieller Start des Films in den deutschen Kinos ist übrigens bereits
heute am Donnerstag. Allerdings haben viele Kinos nach der Pandemie noch
nicht wieder den Betrieb aufgenommen.
10 Jun 2021
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## AUTOREN
Bert Schulz
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