Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Kunst der Woche für Berlin: Ein bisschen Jenseits
> Die Grenzen des darstellbaren Raums: Im Projektraum Die Möglichkeit einer
> Insel, bei Meyer Riegger und bei Barbara Wien werden sie erfahrbar.
Bild: Ausstellungsansicht „Metamodell“
Am Anfang war das Modell. Und dann kam die Kunst rund um das Modell in die
betonrohen Räume eines späten DDR-Plattenbaus und wurde zum „Metamodell“.
So heißt nämlich die Ausstellung im Projektraum [1][Die Möglichkeit einer
Insel], mit der die drei Künstlerkurator:innen Stephanie Kloss, Andreas
Koch und Peter K. Koch gerade auf wenigen Quadratmetern und mit viel Freude
an seinen Täuschungen die Grenzen des darstellbaren Raums abwandern.
Dabei ist schon das Modell am Anfang nicht leicht einzugrenzen: Zu groß, um
architektonisches Modell zu sein, zu klein, um Architektur zu sein,
grätscht die Installation von Peter K. Koch quer durch den verwinkelten
Projektraum und stellt das Display für die Arbeiten von 14 weiteren
Künstler:innen.
Davor und dahinter stößt man dann auf Heike Gallmeiers Bildüberlagerung,
bei der man erst einmal überlegen muss, was echtes und was abgebildetes
Material, welche wirkliche und welche inszenierte Raumtiefe ist. Und auf
Andrea Grützner verblüffend grafisch wirkende Fotografien eines Tanzlokals
aus der sächsischen Provinz sowie auf Wilhelm Klotzeks Fragment einer
typischen DDR-Imbissbude, nachgebaut im realistischen Verhältnis eins zu
eins.
## Der Raum geht weiter
Den Raum beschwört Ulla von Brandenburg geradezu okkultisch. Wie die
Künstlerin große farbige Vorhänge vor Wänden drappiert, als wäre er
dahinter nicht zu Ende sondern nur die Schwelle zu einem andern Raum. Wie
sie die Gegenstände anordnet, ein mit Knöpfen übersätes Jackett
bereithängt, altes Holzgestuhl in die Ecken platziert, als käme da noch
jemand von irgendwo und bediente sich.
Ein bißchen Jenseits gibt es in ihrer Ausstellung bei [2][Meyer Riegger],
die schon mit dem Titel „Feste Erde, flüssiger Wind“ die diesseitigen
Gewissheiten hinterfragt. Und auch ein bißchen Zirkus, denn aus den
großformatigen Aquarellen an den Wänden schimmern Tierbändiger und
Akrobaten hervor.
Als Ergänzung zu ihrer Gruppenausstellung im Georg-Kolbe Museum [3][über
Tänzerinnen in der Weimarer Republik], ruft Ulla von Brandenburg mit ihren
geisterhaften Bühnenräumen und einem Film ein kulturelles Milieu wach, in
dem der moderne Ausdruckstanz in den 1910er Jahren entstand: bei den
Bohemiens, bei denjenigen eines unsteten Lebens, in der Zirkuswelt.
## Städtische Artefakte
An den Orten auf Elisabeth Neudörfls Fotografien ist tatsächlich mal etwas
passiert. Darauf sind zwar kaum Menschen zu sehen, aber die beiläufigen
urbanen Plätze ihrer Bilder, etwa ein von Wellblechzaun verbarrikadierter
Steinlöwe oder die von Graffiti und Kratzspuren ganz opak gewordenen
Glaswände einer Fußgängerbrücke über einer großen Gleisanlage, lesen sich
wie Zeichen eines schwelenden Konflikts.
Für ihre dokumentarische Fotoserie „Out in the Streets“, die jetzt bei
[4][Barbara Wien] zu sehen ist, reiste Neudörfl im Februar 2020 nach Hong
Kong – als der Massenprotest um die Demokratiebewegung in der chinesischen
Sonderverwaltungszone gerade abgeflaut und das öffentliche Leben wegen des
Ausbruchs der Covid-19-Pandemie zurückgefahren war. Ihre Bilder von
Treppen, Gehwegen, Mülltonnen und den unterschiedlichsten Formen von
Absperrungen zeigen die städtischen Artefakte eines politischen Konflikts.
Hintergründig aber rücken sie auch die greifbaren Details einer Stadt
hervor, die in ihrem Megaausmaß eigentlich nicht mehr greifbar ist.
19 May 2021
## LINKS
[1] https://www.moeglichkeit-einer-insel.de/frontpage
[2] https://meyer-riegger.de/en
[3] /Tanz-in-der-Weimarer-Republik/!5762817
[4] https://www.barbarawien.de/
## AUTOREN
Sophie Jung
## TAGS
taz Plan
Berliner Galerien
Kunst Berlin
Projekträume Berlin
Kunsträume Berlin
Architektur
Videokunst
Tanz
Textile Kunst
zeitgenössische Fotografie
taz Plan
taz Plan
taz Plan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kunsttipps der Woche: Menschen und Berge und Tiere
Fluide Installationen in der Galerie Bärenzwinger, komplexe Lichtspiele bei
Ebensperger und kräftige Malereien im Projektraum Sangt Hipolyt.
Kunsttipps für Berlin: Regungen und Anregungen
Nicht nur Rebecca Horn setzt ihre Kunst in Bewegung. Kinetisches und
Animatronisches findet sich auch in anderen Kreuzberger Galerien.
Malerei aus Berlin: Im dunklen Salon
Im Projektraum QBBQ's zeigt sich die Malerin Leda Bourgogne als talentierte
Barkeeperin: ihren Gemälden hat sie eine eigene, schattige Kulisse gebaut.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.