# taz.de -- EU-Sozialgipfel in Porto: Scharfe Kritik an Merkel | |
> Die Bundeskanzlerin nimmt nur virtuell teil. Auch deshalb wird es bei dem | |
> Treffen keine verpflichtenden Beschlüsse geben. | |
Bild: Hier greift Merkel ganz analog zur Stimmkarte. Beim EU-Soizalgipfel nimmt… | |
Brüssel taz | Wie sozial ist die Europäische Union? Vier Jahre nach dem | |
[1][ersten Sozialgipfel in Göteborg 2017] steht diese Frage wieder ganz | |
oben auf der EU-Agenda. Bei einem zweitägigen Gipfeltreffen im | |
portugiesischen Porto wollen sich die Staats- und Regierungschefs der EU am | |
Wochenende mit der wieder steigenden Arbeitslosigkeit, der zunehmenden | |
Armut und anderen Sozial- und Wirtschaftsthemen beschäftigen. | |
Die Sozialpolitik ist ein Schwerpunkt der portugiesischen Linksregierung, | |
die derzeit den EU-Vorsitz innehat. Das Treffen soll ein Höhepunkt der | |
halbjährigen Ratspräsidentschaft sein. Doch die Erwartungen wurden schon | |
vorab gedämpft – mit einer Absage aus Berlin. Kanzlerin Angela Merkel hat | |
ihre Teilnahme mit Hinweis auf die Coronalage in Deutschland abgesagt. Sie | |
will nur virtuell mitreden. | |
Mit Gegenwind ist auch aus Nordeuropa und aus den Visegrád-Ländern in | |
Mittelosteuropa zu rechnen. Die Skandinavier sträuben sich gegen neue | |
EU-Regeln für Mindestlöhne, weil sie an ihren bewährten Tarifverträgen | |
festhalten wollen. Und die Visegrád-Länder haben Widerstand gegen neue | |
Maßnahmen zur Gleichstellung der Frauen angekündigt. Polen und Ungarn | |
versuchen sogar, das Wort „Gender“ aus der Gipfelerklärung zu streichen. | |
Schon Ende April hatten sich elf EU-Länder – darunter die „Frugal Four“ | |
Holland, Dänemark, Schweden und Österreich – gegen neue EU-Kompetenzen in | |
der Sozialpolitik ausgesprochen. Dafür seien allein die Mitgliedstaaten | |
zuständig. Seither bläst auch der EU-Kommission in Brüssel der Wind ins | |
Gesicht. Sie setzt [2][auf eine aktivere Sozialpoliti]k, um die Folgen der | |
Coronakrise zu mildern. | |
## Aus Gesundheits- wurde Wirtschaftskrise | |
Die Pandemie habe „gezeigt, wie wichtig soziale Themen sind“, sagte | |
Sozialkommissar Nicolas Schmit: „Aus der Gesundheitskrise ist sehr schnell | |
eine Wirtschaftskrise geworden.“ Durch die Vernichtung Hunderttausender | |
Arbeitsplätze sei die Pandemie für Teile der Bevölkerung auch zu „einer | |
echten sozialen Notlage“ geworden. | |
Mit verbindlichen Beschlüssen wird in Porto jedoch nicht gerechnet – nicht | |
zuletzt wegen der Absage der deutschen Kanzlerin. Scharfe Kritik daran | |
kommt von der Linken im Europaparlament: „Offenkundig hat ein soziales | |
Europa für diese Bundesregierung keine Priorität“, sagte Fraktionschef | |
Martin Schirdewan. Dabei sei die soziale Spaltung durch die Pandemie | |
zusätzlich verschärft worden. Die SPD-Europaabgeordnete Gaby Bischoff | |
warnte vor einem Scheitern. Mit vagen Absichtserklärungen wie 2017 in | |
Göteborg sei niemandem geholfen, der Gipfel müsse klare sozialpolitische | |
Verpflichtungen eingehen. | |
7 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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