# taz.de -- Habecks Äußerungen zur Ukraine: Falsch und gefährlich | |
> Robert Habeck wollte in der Ukraine wohl zeigen, dass die Grünen ihr | |
> pazifistische Erbe wirksam entsorgt haben. Doch das ging komplett schief. | |
Bild: Außenpolitik ist kein geeignetes Gebiet für grüne Selbstfindungsübung… | |
„In der Politik ist Sprache das eigentliche Handeln“. Das hat [1][Robert | |
Habeck, einer der wenigen Intellektuellen in der Parteipolitik,] mal in | |
einem Buch über politische Sprache geschrieben. Gescheite Essays zu | |
schreiben ist das eine. Nicht schlecht wäre es, solche Einsichten auch zu | |
beherzigen. Vor allem, wenn es um Krieg geht. Und wenn man bald regieren | |
will. | |
Die Ukraine ist Opfer einer russischen Aggression. Liegt es da nicht nahe, | |
dem Opfer zur Hilfe zu eilen, die Lieferung von Verteidigungswaffen zu | |
fordern, und den Schutz durch die Nato in Aussicht zu stellen? Dies ist, | |
[2][vor allem wenn man wie Habeck als behelmter, beeindruckter Zivilist an | |
der Front in der Ostukraine ist,] naheliegend. Aber es ist falsch. Und | |
gefährlich. Aus drei Gründen. | |
Es gibt in Kriegen keinen Unterschied zwischen Defensiv- und | |
Offensivwaffen. Auch der Krankenwagen, der verletzte Soldaten rettet, ist | |
Teil militärischer Logistik und nötig für einsatzfähige Truppen. | |
Zweitens würden offizielle Waffenlieferungen aus Deutschland an die | |
Ukraine, übrigens eines der großen Waffenexportländer, den Einfluss Berlins | |
auf den Konflikt pulverisieren. Berlin sucht im Normandie-Format als | |
Verhandler diplomatische Lösungen. Die Rolle als ehrlicher Makler ist | |
perdu, wenn Berlin eine Konfliktpartei aufrüstet. | |
Drittens: Die Idee, Kiew in die Nato aufzunehmen, ist so klug wie ein | |
Streichholz in ein Benzinlager zu werfen, um zu schauen was wohl passiert. | |
Die Ukraine in der Nato könnte aus einem regionalen Konflikt mit niedriger | |
Intensität einen ausgehärteten neuen Kalten Krieg oder noch Schlimmeres | |
machen. | |
## Vielleicht doch wieder Essays schreiben? | |
[3][Auch mal unverbindlich über eine spätere Nato-Mitgliedschaft zu | |
schwadronieren, wie Habeck es tut, ist töricht.] Wenn Kiew nach Ende des | |
Konfliktes prompt Nato-Mitglied wird, kann Moskau das als Aufforderung | |
verstehen, den Konflikt endlos zu verlängern. Merkel hat aus guten Gründen | |
viel getan, um die Versuche aus den USA, die Ukraine in die Nato | |
aufzunehmen, auszubremsen. | |
Habecks nur halbherzig revidierte Botschaft taugt, um einen grünen | |
Menschenrechtsmoralismus zu befeuern und als Signal, dass man irgendwie | |
Gutes tun will. Außenpolitik nach Gefühlslage. Aber gut gemeint ist in der | |
Außenpolitik oft ganz schlimm. | |
Die Botschaft aus der Ukraine sollte wohl lauten, dass die Grünen | |
realpolitisch erwachsen geworden sind, regierungstauglich und nicht mehr | |
oldschool pazifistisch sind. Das ist kläglich gescheitert. Realpolitik geht | |
ganz anders. Außenpolitik ist kein geeignetes Gebiet für grüne | |
Selbstfindungsübungen. Vielleicht doch lieber wieder Essays schreiben? | |
26 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Habeck | |
[2] https://www.deutschlandfunk.de/habeck-gruene-zu-waffenlieferungen-an-ukrain… | |
[3] https://www.rnd.de/politik/ukraine-osteuropaexpertin-nennt-nato-aufnahme-de… | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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