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# taz.de -- Ganz besondere Talente: Disruptiv begabt in Küche und Politik
> Die Woche im Rückblick. Diesmal über die Gemeinsamkeiten von
> TikTok-Rezepten, Parteichefs und Impfempfehlungen.
Bild: Disruptiv, das ist wie eine Schneekugel, die brutal durchgeschüttelt wird
Die Minderjährige, die zu meiner Infektionsgemeinschaft gehört, findet mich
sehr begabt. Sie hebt hierbei besonders meine Talente im Bereich Putzen,
Kochen, Aufräumen und Katzenklo hervor. Warum also sollte sie im Haushalt
zur Hand gehen, etwa die Spülmaschine ausräumen oder den Müll raustragen,
wenn ich derart mit Begabungen gesegnet bin? „Du kannst das einfach besser
als ich.“
Neuerdings treibt sich die Minderjährige jedoch auffällig häufig in der
Küche herum. Da werden kurze Anweisungen erteilt, welche Zutaten zu
besorgen sind, und bitte ohne wieder herumzutrödeln, und dann geht es ans
Werk. Ich soll mich derweil woanders aufhalten, nur nicht im Weg stehen
oder gar Ratschläge erteilen. Gekocht wird nach [1][Tiktok]-Rezepten, wie
ich erfahren durfte. Daraufhin habe ich mir vorsichtshalber schon mal einen
kleinen Notvorrat im Schlafzimmerschrank angelegt.
Für Dinge wie diese neue Tiktok-Küche sind Adjektive wie disruptiv
erschaffen worden. Hier wird etwas zerstört und nach und nach vollständig
ersetzt durch etwas Neues. Disruptiv ist beispielsweise, wenn ein
Technologieunternehmen Autos baut, ein Discounter Strom anbietet oder ein
[2][grüner Parteichef Defensivwaffen in ein Krisengebiet] liefern will. Die
jeweilige Infektionsgemeinschaft, Branche oder Partei sieht in diesem
Augenblick aus wie eine Schneekugel, die brutal durchgeschüttelt wird.
In etwa so wie ein Teenagergehirn mehrmals am Tag. Zur Tiktok-Küche und
den betroffenen Branchen lässt sich noch nichts Abschließendes sagen, aber
Robert Habeck hat ganz offensichtlich keine Lust, mit dem Schütteln
aufzuhören. Im Schneegestöber ist diese Woche plötzlich einer zu sehen, von
dem man gehofft hatte, er sei vollauf damit beschäftigt, sich aus
recycelten Pfanddosen ein Denkmal zu bauen: Jürgen Trittin, der Mann mit
dem großem Talent dafür, die Wahlergebnisse der Grünen nach unten zu
korrigieren.
Auf diese Weise gelang es ihm schon, [3][die Bundestagswahlen 2013 und 1998
zu versemmeln]. Warum sollte es nicht auch dieses Mal klappen? Trittin
möchte nun also, dass Habeck nicht mehr schüttelt, sondern der Partei
bitteschön nur noch das sagt, was sie gerne hört, damit sie es sich mit
ihren wunderbaren Grundsätzen in der duftig-grünen Kuschelecke gemütlich
machen kann. Diese Hoffnung wird sich wohl nicht erfüllen. Trittin hätte
vielleicht eines der letzten vier Bücher seines Parteichefs lesen sollen,
dann wüsste er:
Disruption ist Habecks besondere Begabung. Eher würde er [4][beim
Kühemelken Völkerrecht studieren] als davon abzurücken, dass Europa die
Ukraine sicherheitspolitisch allein gelassen hat und Hilfe zur
Selbstverteidigung braucht. Begabungen können allerdings sehr verschieden
sein. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz etwa ist sehr speziell talentiert. Er
kann den Charakter und Klang von Worten beeinflussen.
## Jüdische und amerikanische Versuchskaninchen
Es ist die reinste Zauberei. Beispiel: Scholz nannte jüngst das
[5][Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts] einen „coolen Spruch“. Das
Wort „cool“ aus dem Mund von Scholz hat ungeheure Wirkung. Wer das gehört
hat, wird cool nie wieder cool finden. Oder nehmen wir Prof. Dr. Rüdiger
von Kries von der ständigen Impfkommission (Stiko) am Robert Koch-Institut.
Er hat eine herausragende Begabung dafür, das Vertrauen in staatliche
Zulassungsstellen zu untergraben.
Auch wenn [6][Biontech für 12- bis 15-Jährige] zugelassen werde, könne er
die Impfung nicht empfehlen. Es sei besser, erst einmal „die Erfahrung aus
anderen Länder, wo schon geimpft wird, abzuwarten“. Zu diesen Ländern
gehört bekanntermaßen Israel. Ich übersetze mal: Wir fänden es besser, wenn
zuerst einmal die jüdischen Kinder als Versuchskaninchen dienen. Zur Not
gehen natürlich auch amerikanische Impflinge. In den USA wird Biontech
ebenfalls massiv an Jugendliche verabreicht.
Laut [7][New York Times] haben dort bereits fast vier Millionen 12- bis
15-Jährige Biontech erhalten. Von schwerwiegenden Nebenwirkungen ist bisher
nichts bekannt. Auf Tiktok hat Prof. Dr. Rüdiger von Kries glücklicherweise
bisher keine nennenswerte Gefolgschaft. Die Minderjährige kann es gar nicht
abwarten, geimpft zu werden. Das Stichwort [8][„Long Covid“] wird mir
entgegengeschleudert. Sogar Jugendliche im Schneekugelzustand sind offenbar
vernunftbegabter als die Stiko.
Zurück nun zu meinen Talenten. Es gibt da noch ein bisher unerwähntes:
Konfliktbewältigung. Sobald das Tiktok-Rezept Gestalt angenommen hat, etwa
in Form eines [9][rosa Kuchens mit zentimeterdickem Zuckerguss] und halb
durchgebackenem Teig, ist Geschicklichkeit und gutes Timing gefragt. Immer
dann, wenn sich eine günstige Gelegenheit ergibt, wird ein Stück
abgeschnitten und schnellen Schrittes zusammen mit dem sorgsam
herausgefilterten Katzenklo-Unrat zum Müll getragen. Wie wunderbar sich
Begabungen bisweilen doch ergänzen können.
29 May 2021
## LINKS
[1] https://www.tiktok.com/de-DE/
[2] /Konflikt-mit-Russland/!5774255
[3] /Juergen-Trittin-und-die-Paedophilie-Debatte/!5059050
[4] https://www.facebook.com/watch/?v=367106034376869
[5] /Karlsruher-Beschluss-zum-Klimaschutz/!5763565
[6] /Corona-Impfung-ab-12-Jahre/!5772194
[7] https://www.nytimes.com/2021/05/13/us/coronavirus-vaccine-children-ages-12-…
[8] /Studie-zu-Long-Covid/!5749678
[9] https://www.youtube.com/watch?v=AmKzdfwrZ0g
## AUTOREN
Silke Mertins
## TAGS
Kolumne Der rote Faden
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Ukraine
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Rüstung
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