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# taz.de -- Nach Klimaspruch aus Karlsruhe: Weniger CO2 sofort, nicht erst 2030
> Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat Folgen für die aktuelle
> Politik, meinen mehrere Verbände. Die SPD fordert Tempolimit 130.
Bild: Das Transparent zum Spruch vor dem Bundesverfassungsgericht
Berlin/Warschau dpa/rtr/taz | Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND)
hat die Politik [1][nach dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts] zu
Nachschärfungen bereits für das Jahr 2030 aufgefordert. „Wir brauchen klare
Vorgaben, wann wir Klimaneutralität erreichen, wie der Weg dahin aussieht
und welchen Beitrag die einzelnen Sektoren leisten müssen. Bereits für 2030
müssten die Klimaschutzziele auf mindestens 70 Prozent
Treibhausgasreduktion angepasst werden“, sagte BUND-Vorsitzender Olaf
Bandt.
Bisher gilt das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zum
Jahr 1990 um mindestens 55 Prozent zu senken. „Das Bundesverfassungsgericht
hat entschieden: Unsere Verfassung verpflichtet die Bundesregierung, ihre
Bürgerinnen und Bürger vor den Gefahren des Klimawandels zu schützen“, so
Bandt. „Dafür reichen die aktuellen Gesetze nicht aus.“
[2][Deutschland müsse nun bis Ende nächsten Jahres nachliefern]. Sämtliche
Sektoren bräuchten deutlich präzisere Pläne. „Handeln wir jetzt nicht,
drohen Deutschland später umfassende Freiheitseinbußen durch stärkere
Maßnahmen. Damit hat die nächste Koalition eine schwere Hypothek von der
aktuellen Regierung geerbt.“
Die Karlsruher Richter hatten den Gesetzgeber in einem wegweisenden Urteil
am Donnerstag verpflichtet, bis Ende kommenden Jahres die Reduktionsziele
für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 näher zu regeln.
Verfassungsbeschwerden mehrerer Klimaschützer waren zum Teil erfolgreich
gewesen.
## Chancen auf Erfolg weiterer Klagen
Die Deutsche Umwelthilfe sieht indes nach dem Klima-Urteil des
Bundesverfassungsgerichts gute Chancen auf einen Erfolg weiterer
Klimaklagen. Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sagte, die Umwelthilfe habe
vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Klagen eingereicht zu
Sektorzielen etwa im Verkehr oder in der Industrie. „Mit den bisherigen
Maßnahmen können die Sektorziele nicht erreicht werden.“ Die Klagen sollen
die Bundesregierung zu mehr Klimaschutz verpflichten.
Resch sieht nun Rückenwind durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
[3][Er sprach von einem historischen Urteil. Es freue ihn besonders für die
junge Generation. Die Umwelthilfe hatte die Klimaklagen vor dem
Bundesverfassungsgericht unterstützt.] „In der Politik ist nun ein
dramatischer Richtungswechsel notwendig.“
Die Politik könne sofort Maßnahmen ergreifen für mehr Klimaschutz, sagte
Resch. Ein generelles Tempolimit von 120 Stundenkilometern auf Autobahnen,
von Tempo 80 auf Landstraßen und Tempo 30 in der Stadt könne bis 2034 rund
100 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Resch bekräftigte außerdem die
Forderung der Umwelthilfe über ein Aus für Autos mit Verbrennungsmotor ab
2025.
## SPD will Tempolimit bei 130
Ähnlich äußerte sich Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionschef Ralf Stegner.
Eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 Kilometern pro Stunde auf
Autobahnen würde zwar „nur einen bescheidenen Beitrag zur
Schadstoffreduzierung und damit zum Klimaschutz leisten können“, sagte
Stegner dem „Handelsblatt“. „Der Beitrag wäre aber einfach zu haben, ist
weltweiter Standard und brächte zusätzlich die Vorteile von mehr
Verkehrssicherheit und eines besseren Verkehrsflusses.“ Stegner fügte
hinzu: „Jeder Verkehrstote weniger wäre das schon wert.“
Auch die Grünen erwarten nun vor allem Änderungen im Verkehrssektor:
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sei in der Pflicht, sagte
Fraktionsvize Oliver Krischer. Er forderte jetzt von der Bundesregierung
und insbesondere von Scheuer, dass beim Klimaschutz bis zum Sommer mit
neuen Zielen und Maßnahmen nachgelegt werde. „Und zwar nicht nur für die
Zeit ab 2030, sondern auch für die nächsten Jahre. Selbst mit den bereits
beschlossenen Maßnahmen werden die viel zu niedrigen Ziele nicht
eingehalten. Wir brauchen endlich eine Kfz-Steuerreform, die dem
Elektroauto zum Durchbruch verhilft.“ Auch die Verlagerung des
Gütertransportes auf die Schiene müsse endlich angepackt werden, sagte
Krischer.
## Polen verlängert Laufzeit eines Tagebaus
Polen hat indes die Laufzeit für den Braunkohletagebau in Turow bis zum
Jahr 2044 verlängert. Mit dem fortgesetzten Kohleabbau sei es möglich, den
Betrieb des nahegelegenen Kraftwerks zu sichern, teilte das Klima- und
Umweltministerium am Donnerstag mit. Da das Kraftwerk mehrere Prozent des
nationalen Energiebedarfs abdecke, entspreche die Verlängerung der
Konzession dem „öffentlichen Interesse“.
Die Entscheidung stieß sowohl im benachbarten Tschechien als auch in
Sachsen auf Kritik. „Die Verlängerung der Laufzeit ist eine sehr schlechte
Nachricht für den Klimaschutz“, sagte Sachsens Vize-Regierungschef und
Umweltminister Wolfram Günther (Grüne). Er nehme aber wahr, wie genau die
polnische Klimaschutzbewegung und die europäische Öffentlichkeit nach Turow
schauen würden.
„Ebenso genau schaut die Zivilgesellschaft auf die Auswirkungen des
Tagebaus auf die Stadt Zittau und auf die Frage, ob die Bundesregierung
rechtliche Schritte gegen Polen in Sachen Turow einleitet“, sagte Günther
weiter. Die grüne Europaabgeordnete Anna Cavazzini sagte: „Das ist ein
Schlag ins Gesicht all derer, die sich in der Region für ein
ordnungsgemäßes Verfahren einsetzen.“ Auch die Stadt Zittau protestierte
gegen die Vorgehensweise.
Kritik kam ebenfalls aus Tschechien. „Der Kohleabbau gefährdet unsere
Bürger, unser Wasser und unsere Natur“, teilte eine Sprecherin des
Umweltministeriums in Prag mit. Sie verwies darauf, dass Tschechien bei der
Prüfung der Umweltverträglichkeit einen ablehnenden Standpunkt vertreten
habe. Die Regierung in Prag hatte Klage gegen den Ausbau des
Braunkohletagebaus vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht. Man
habe um eine einstweilige Verfügung ersucht, aber warte noch auf eine
Entscheidung der Richter in Luxemburg, betonte die Ministeriumssprecherin.
30 Apr 2021
## LINKS
[1] /Entscheidung-zum-Klimaschutzgesetz/!5763553
[2] /Karlsruher-Beschluss-zum-Klimaschutz/!5763565
[3] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/deutsche-umwe…
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