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# taz.de -- Annalena Baerbock und Klimaschutz: Eine für alle
> Sprechen ist nicht Handeln. Und: Interessiert es das Klima, wenn eine
> jüngere Frau eine ältere als Kanzlerin ablöst?
Bild: 1,5-Grad-Pfad? Wo ist das Problem, Alter?
Triggerwarnung: Ich werde über politische Inhalte sprechen.
Sage ich: Mir geht es darum, bei der Bundestagswahl eine Mehrheit zu
gewinnen, für die gemeinsame politische Bearbeitung der [1][Klimakrise]
und die [2][sozialökologische Transformation] der Wirtschaft. Darüber muss
im Wahlkampf gesprochen werden.
Sagen die Leute: Wo ist das Problem, Alter? So schnell kannst du gar nicht
schauen, wie heute Union, SPD und FDP „1,5 Grad-Pfad“ sagen.
Das Problem ist, dass Sprechen nicht Handeln ist. Und dass immer irgendein
Ablenkungs- und Charakter-Abwertungsthema dazwischen kommt und gern ein
Kulturkämpfchen. Letzteres lieben Altkonservative wie
Linksemanzipatorische, denn es ist ihr business as usual.
In der alten Welt der Bundesrepublik schien die Frage zu sein: Konservativ
oder progressiv, rechts oder links, Union oder SPD? In Wahrheit war es
etwas mehr oder etwas weniger fossil erwirtschaftete Umverteilung und
emanzipatorische Moderne, und bedeutete vor allem Union UND SPD, die alles
im Griff hatten, inklusive bis heute die öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten.
Je kraftloser der alte Antagonismus wurde, desto stärker schrumpfte
zunächst die SPD und wurden die beiden Nachkriegsvolksparteien in einer
gemeinsamen Bundesregierung aneinandergekettet.
Daraus ergab sich der Aufstieg der AfD, die ein alternatives fossiles
Angebot macht, in dem Zukunft und emanzipatorische Moderne komplett
aufgegeben ist. Und der Aufstieg der Grünen, der möglich wurde, weil die
neuen Parteivorsitzenden [3][Robert Habeck] und Annalena Baerbock die
ökoemanzipatorische Bessersprecher-Nische und das alte
halblinks-halbrechts-Lagerdenken abhakten, sodass sich seither breite Teile
der Gesamtgesellschaft von ihrem Modernisierungsversprechen gemeint fühlen.
Nun ist die Frage, ob die von den Demoskopen ermittelte „Wechselstimmung“
durch eine Konkretisierung künftiger sozialökologischer Ordnungspolitik
schnell beendet wird. Stichwort: Mallorcaflüge. Ach so, die überfällige
Kerosinbesteuerung macht Fliegen teurer? Interessierte Medien werfen den
Hyperventilator an. Und schon sind Union, SPD und FDP eine potentielle
Status quo-Koalition.
Das zeigt: Trotz EU-Klimagesetz und Handlungsbefehl aus Karlsruhe weiß man
noch nicht, ob und wie konkret man sprechen kann. Aber man muss es jetzt
tun. Allerdings eben nicht so, wie Jürgen Trittin selig. Es geht hier nicht
um eine Grünen-Hegemonie, Gott bewahre, es geht um die zeitgemäße
Erzählung, in der postfossile Klima-, Wirtschafts- und Wohlstandspolitik
ein partei- und schichtenübergreifender Grundpfeiler ist.
Und es geht darum, diese neue Erzählung handwerklich professionell zu
regeln. Höhere Ziele bei den Erneuerbaren brauchen ein besser gemachtes
EEG. Sozialer Ausgleich braucht neue solidarische Instrumente. Bessere EU
braucht die richtigen Initiativen in der EU-Gesetzgebung.
Dabei hilft es nicht a priori, wenn eine junge Frau eine ältere Frau als
Kanzlerin ablöst. Das ist, um es in der Rhetorik mancher Klimabewegter zu
sagen, „dem Klima egal“. Wer sich auf die Verantwortung einlässt, die neue
Geschichte dieser Gesellschaft mehrheitsfähig machen und dann ausgleichend
moderieren zu wollen – und das hat Annalena Baerbock mit ihrer
Selbstnominierung als Kanzlerinkandidatin getan –, die darf sich nicht auf
Symbolpolitik, ein Geschlecht oder eine Teilgesellschaft verkürzen lassen.
Die muss für die Mehrheitsfähigkeit der Sache stehen, für empathischen
Realismus, für eine ihre fossilen Ketten sprengende Wirtschaft und für die
entscheidenden Impulse in der Europäischen Union.
Dafür, worum es jetzt für uns alle geht.
23 May 2021
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## AUTOREN
Peter Unfried
## TAGS
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Schwerpunkt Klimawandel
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