# taz.de -- Walpurgisnacht in Berlin: Klassenkämpferischer Auftakt | |
> Die Walpurgisnachtdemo im Wedding gab den Startschuss in den Berliner 1. | |
> Mai. Kritisiert wurden eine neoliberale Krisenpolitik und die | |
> Immobilienkonzerne. | |
Bild: Walpurgisnacht am 30.4.2021 in Berlin Wedding mit einem Schild „Berlin … | |
BERLIN taz | Am Weddinger Leopoldplatz startete Berlin mit einer | |
kämpferischen, antikapitalistischen [1][Walpurgisnachtdemo in den 1. Mai]. | |
„Von der Krise zur Enteignung“ lautete das Motto. Laut einer Sprecherin der | |
Organisator:innen beteiligten sich bis zu 2500 Menschen; schnellen | |
Schrittes zogen sie quer durch den Wedding in Richtung Gesundbrunnen. Ein | |
Sprecher der Polizei ging gegenüber der taz von einer Zahl „im unteren | |
vierstelligen Bereich“, die 1500 nicht überschritten habe, aus. | |
Der Protest war jung, radikal – und konkret. Plumpe antikapitalistische | |
Parolen fehlten weitestgehend, dafür wurde verstärkt eine linke Kritik am | |
Kapitalismus unter den Bedingungen der Pandemie formuliert. Nur „nach | |
Feierabend“ gäbe es einen Lockdown, so eine Rednerin auf der Demo. Sie | |
kritisierte ein „willkürliches Corona-Management“, das die Menschen zwinge, | |
weiter für das Kapital zu arbeiten, ihnen aber verbiete, „draußen im Freien | |
mit Freunden und Familien Zeit zu verbringen“. Im Konflikt um die | |
„Verteilung der Kosten der Pandemie“, so ein weiterer Redner, gelte | |
deshalb: „Die Reichen sollen zahlen!“. | |
Zur Demonstration aufgerufen hatte die linke Stadtteilgruppe „Hände weg vom | |
Wedding!“. Die Initiative organisiert die Walpurgisnachtdemo, seit diese | |
sich 2012 aus Friedrichshain in den Wedding verlagerte. Auch in diesem Jahr | |
setzte sich dabei der Trend hin zu einem gewaltfreien Verlauf fort. | |
Lediglich am linken Hausprojekt an der Schererstraße Ecke Adolfstraße kam | |
es zu etwas revolutionärer Ästhetik durch das Zünden von Nebeltöpfen und | |
Pyrotechnik. | |
Winkende Anwohner:innen und lächelnde Passant:innen ließen auf viel | |
Zustimmung aus dem Kiez schließen. Dazu wird wohl auch das kürzliche | |
[2][Kippen des Berliner Mietendeckels] durch das Bundesverfassungsgericht | |
beigetragen haben. Immer wieder skandierten die Demoteilnehmer:innen | |
Sprüche wie „Alle zusammen gegen Spekulanten“ oder „Das ist unsre Stadt … | |
macht die Deutsche Wohnen platt“. [3][Auch das Volksbegehren „Deutsche | |
Wohnen und Co. enteignen“ war präsent]: „Wir kommen gerade vom | |
Kurt-Schumacher-Platz und haben dort 250 Unterschriften gesammelt“, erzählt | |
ein junger Mann in der Weste der Initiative. Nun gelte es, „den Kampf auf | |
die Straße zu tragen“. | |
Die Initiative „Hände weg vom Wedding!“ spann die Forderung nach der | |
Vergesellschaftung der größten Wohnungskonzerne derweil weiter. So forderte | |
einer ihrer Redner die „bedingungslose und entschädigungsfreie Enteignung | |
der großen Pharma- und Immobilienkonzerne“. Auf Transparenten wurde auch | |
„Impfnationalismus und neokoloniale Ausbeutung“ kritisiert. Impfpatente | |
müssten freigegeben werden, hieß es in einem weiteren Redebeitrag. Auch in | |
Deutschland [4][würden marginalisierte Gruppen] wie queere und migrantische | |
Menschen von der Pandemie am härtesten getroffen. | |
Pünktlich um 19 Uhr endete die Demonstration mit dem Aufruf, am 1. Mai um | |
11 Uhr zur Demonstration vor der DGB-Zentrale am Hackeschen Markt und um 17 | |
Uhr zur Revolutionären 1. Mai Demonstration am Hermannplatz zu erscheinen. | |
So manch ein:e Demoteilnehmer:in wird wohl noch zur feministischen | |
„Take back the night“-Demo in Kreuzberg gezogen sein. Der Abschied vom | |
Lautsprecherwagen: „Ruht Euch aus und bleibt kämpferisch!“. | |
1 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] http://4828650, | |
[2] /Mietendeckel-Aus-und-Mietnachzahlungen/!5763267 | |
[3] /DW-enteignen-sammelt-fuer-Volksbegehren/!5762683 | |
[4] /Medizinethikerin-ueber-ungleiche-Gesundheit/!5763302 | |
## AUTOREN | |
Timm Kühn | |
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