# taz.de -- Hamburger Millionenimmobilie zum Verkauf: Auch die Stadt soll mitbi… | |
> In Hamburg steht gleich eine ganze Häuserreihe am Schanzenpark zur | |
> Auktion. Die Mieter:innen fürchten Investor:innen und hoffen auf | |
> den Senat. | |
Bild: Wollen sich nicht verdrängen lassen: Mieter:innen aus dem Kleinen Schäf… | |
HAMBURG taz | Dass potenzielle Käufer:innen der Häuserreihe im Kleinen | |
Schäferkamp am Schanzenpark nicht willkommen sind, können sie schon von | |
Weitem sehen. An vielen der Balkone hängen Banner mit Grußbotschaften – | |
„Kein Platz für Spekulanten“ etwa hängt an einem. Ob sie sich vom Kauf | |
abhalten lassen, ist bis kommenden Donnerstag ungewiss: Dann kommt es zur | |
Versteigerung. Weil die Bewohner:innen beim Verkauf eine Verdrängung | |
befürchten, soll die Stadt zuschnappen, fordern sie. | |
Die rund 100 Bewohner:innen der Häuserreihe im Kleinen Schäferkamp | |
hatten sich nach dem Tod des ehemaligen Besitzers in einer Initiative | |
zusammengetan. Weil die Erb:innen sich nicht beim Verkauf einigen | |
konnten, kommt es nämlich zur gerichtlichen Versteigerung. | |
Das ließ bei der Ini die Angst vor Verdrängung groß werden. „Seit der | |
Bekanntmachung des Versteigerungstermins ist das Aufkommen von | |
investitionsinteressierten Menschen in unserer Straße jedenfalls | |
beachtlich“, sagt Bernd Griesebock von der Ini. Dass sie nach einem Kauf | |
weiter zu vergleichsweise moderaten Konditionen wohnen können, glauben sie | |
nicht. | |
Denn der anvisierte Verkaufspreis ist enorm: Als Verkehrswert legte ein | |
Gutachter zuvor einen Betrag von 10,1 Millionen Euro fest. Insgesamt 51 | |
Wohnungen, ein Restaurant sowie ein Lager- und Werkstattgebäude stehen am | |
Donnerstag vor dem Amtsgericht Hamburg-Mitte zur Auktion. „Unser Ziel ist | |
die Selbstverwaltung des Objekts in Form einer Genossenschaft“, sagt | |
Griesebock. | |
## Anschließende Überführung in Genossenschaft | |
Doch kurzfristig ließe sich schon aus praktischen Gründen keine | |
Genossenschaft gründen – schon gar nicht eine, die die taxierten 10,1 | |
Millionen Euro für den Kauf aufbringen könnte. Die Anwohner:innen haben | |
nun Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) eine Unterschriftensammlung | |
überreicht. | |
Ihre Forderung: Die Stadt solle bei der Versteigerung privaten | |
Investor:innen zuvorkommen. Anschließend könnte eine dann zu gründende | |
Genossenschaft die Wohnungen wiederum von der Stadt übernehmen. | |
Unterstützung kommt dafür von der Linkspartei. „Das wäre ein wichtiges | |
Signal an die vielen Spekulanten, die für steigende Mieten sorgen“, sagt | |
Peter Gutzeit, Linken-Abgeordneter in der Bezirksversammlung Eimsbüttel. | |
Ob die Stadt bei der Aktion selbst mitbietet, ist unklar. „Wir prüfen | |
behördenübergreifend die städtischen Handlungsoptionen“, sagte Dressel, | |
nachdem ihm die Unterschriftensammlung am Mittwoch übergeben wurde. | |
Allerdings seien die Möglichkeiten der Stadt in diesem Fall begrenzt. | |
Zwar befinden sie die Häuser im Gebiet der sozialen Erhaltungsverordnung – | |
was der Stadt ein Vorkaufsrecht verschafft –, doch gelte das gerade in | |
dieser Konstellation nicht. „Im Fall einer Zwangsversteigerung greift | |
leider kein städtisches Vorkaufsrecht“, sagt Dressel. | |
## Soziale Erhaltungsverordnung hilft nur bedingt | |
Doch selbst für den Fall, dass die Häuserreihe am Ende nicht von der Stadt | |
gekauft wird, habe die Stadt noch einige Möglichkeiten. Schließlich | |
erschwere die geltende soziale Erhaltungsverordnung eine grenzenlose | |
Aufwertung der Gebäude, die zur Verdrängung der bisherigen Mieter:innen | |
führen würde. | |
„Es geht ein klares Warnsignal an Spekulanten und Glücksritter, die meinen, | |
sie können in der nächsten Woche mit Mondgeboten und Renditehoffnungen | |
einen Fang machen, um am Schluss sich das von den Mieterinnen und Mieter | |
bezahlen lassen“, sagte Dressel. | |
Doch der Verweis auf die Verordnung reicht den Mieter:innen nicht. „So | |
wären wir auch nur für zwölf Jahre geschützt“, sagt Griesebock. Denn nach | |
Ablauf dieser Zeit steht den Eigentümer:innen eine Ausnahmeregelung | |
für die Umwandlung von Miet- in hochpreisige Eigentumswohnungen zu Gebote. | |
Die Mieter:innen könnten dadurch auf mittlere Sicht wohl dennoch | |
verdrängt werden. | |
21 May 2021 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
## TAGS | |
Verdrängung | |
Immobilien Hamburg | |
Mieten Hamburg | |
Die Linke Hamburg | |
Hamburg | |
Kolumne Speckgürtelpunks | |
Mieten Hamburg | |
Wohnen | |
Mietenpolitik | |
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Vom Dorf an die Schanze: Klassenverrat mit Aussicht | |
Unser Kleinstadt-Kolumnist hat seinen alten Kiez bereist und wäre fast | |
wieder nicht ins Luxushotel gekommen. Die Polizei konnte diesmal nichts | |
dafür. | |
Wohnungsmarkt in Hamburg: Förderung für Gutverdienende | |
Der Senat erlaubt Vermieter*innen, Sozialwohnungen auch an | |
Nicht-Berechtigte zu vergeben. Die Regel gehöre auf den Müll, kritisieren | |
Mietervereine. | |
Mietenpolitik in Hamburg: Volk begehrt Deckelchen | |
Ein Mietendeckel ist in Hamburg undenkbar. Doch die Volksinitiative „Keine | |
Profite mit Boden und Miete“ könnte Neubauwohnungen bald billiger machen. | |
Wohnraum in Hamburg: Mutige Politik sieht anders aus | |
Der Hamburger Senat brüstet sich mit seiner Wohnungspolitik, dabei kommt | |
die vor allem Investor*innen zugute. | |
Mietendeckel und Enteignung: Berlin brennt, Hamburg pennt | |
Die Hauptstadt debattiert über den Eingriff in Eigentumsrechte auf dem | |
Wohnungsmarkt. In Hamburg ist Ruhe die erste Politikerpflicht. |