# taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Rumpeln fürs Klima | |
> Auf seinem neuen Album „Jökel“ erzeugt der in Berlin lebende Musiker Erik | |
> Levander Soundscapes zum Klimawandel – aus imaginären Field recordings. | |
Bild: Musiziert für die Eisberge: Erik Levander | |
Engagierte Kunst läuft, wie die Erfahrung zeigt, gern Gefahr, sich in der | |
gutgemeinten Botschaft zu erschöpfen. Protestsongs etwa sind nicht | |
automatisch deshalb gut, weil sie die „richtige“ Sache benennen. Wobei ein | |
guter Protestsong umgekehrt einige Chancen hat, zur Hymne zu werden, so wie | |
das chilenische Lied „El pueblo unido“. | |
Hymnen schreibt der schwedische Musiker [1][Erik Levander] zwar nicht | |
unbedingt, doch der in Berlin lebende Laptop-Produzent liefert mit seinem | |
jüngsten Album einen Beitrag zur Klimakrise, bei dem die Botschaft ankommt. | |
Ganz ohne Worte, sogar ohne Melodien, als Musik dabei völlig auf den Punkt. | |
„Jökel“ hat Levander seine Platte genannt, was das schwedische Wort für | |
Gletscher ist. Die Inspiration kam ihm auf einer Reise zum isländischen | |
Mýrdalsjökull, mit einer Fläche von knapp 600 Quadratkilometern der | |
viertgrößte Gletscher des Landes. Er bedeckt den noch aktiven Vulkan Katla. | |
Levander wählt ihn stellvertretend für die rund um die Welt schmelzenden | |
Gletscher als Folge steigender Temperaturen. | |
## Knackende Eismassen | |
Auf „Jökel“ arbeitet Levander mit „imaginären Field recordings“. Field | |
recordings sind eigentlich Umweltaufnahmen, man würde in dem Fall das | |
Knacken der Eismassen, hallende Gletscherspalten und ähnliche Dinge | |
erwarten. Genau danach klingt es bei Levander auch, mit dem Unterschied, | |
dass er seine Naturgeräusche am Computer simuliert hat. Wenn man es nicht | |
weiß, merkt man es nicht unbedingt. | |
Was für sich genommen ein bloßer Gimmick wäre. Erik Levander gestaltet | |
seine Soundscapes aber mit unmerklichem Spannungsbogen, lässt die oft sehr | |
leise voranrollenden, heranwehenden und um einen herum fließenden Klänge | |
zum akustischen Spaziergang werden, der einen Respekt vor den Eisriesen | |
lehrt, ohne dass man selbst darauf herumspringen müsste. | |
Er mag die Gletscher damit nicht retten, doch trägt er ganz still dazu bei, | |
dass man sie unter Umständen besser wertzuschätzen lernt. Das Plattenlabel, | |
auf dem „Jökel“ erscheint, heißt übrigens Glacial Movements. | |
9 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] http://erik.levander.dk/ | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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