| # taz.de -- Schüler:innen in der Pandemie: Erst Nachhilfe, später Ganztag | |
| > Mit Hilfe des Bundes sollen Schüler:innen Lernlücken nach den | |
| > Sommerferien aufholen. Ab 2026 kommt der Rechtsanspruch auf | |
| > Ganztagesbetreuung. | |
| Bild: Franziska Giffey und Anja Karliczek wollen Bildungslücken schließen, ab… | |
| Berlin taz | Die Botschaft ist klar: Jetzt sind mal die Jüngeren dran. Um | |
| die [1][pandemiebedingten Nachteile für Kinder und Jugendliche] | |
| abzumildern, will die Bundesregierung bis Ende 2022 insgesamt 2 Milliarden | |
| Euro investieren. Außerdem hat die Regierung den im Koalitionsvertrag | |
| vereinbarten Ganztagsanspruch beschlossen. 3,5 Milliarden Euro stehen dafür | |
| bereit. Das betrifft dann aber erst die Erstklässler des Jahres 2026. | |
| Die Kinder, die bereits jetzt Unterricht haben und zwar zurzeit vorwiegend | |
| in Schichten oder vom heimischen Tablet aus, sollen nach den Sommerferien | |
| vom Aufholpaket profitieren, welches Familienministerin Franziska Giffey, | |
| SPD, und Bildungsministerin Anja Karliczek, CDU, am Mittwoch vorstellten. | |
| Rund eine Milliarde will der Bund an Lehramtsstudierende, Stiftungen und | |
| kommerzielle Nachhilfeträger ausschütten, damit diese helfen, die | |
| pandemiebedingte Lernlücken bei Schüler:innen zu schließen. | |
| Und zwar zunächst in den Kernfächern, also Deutsch, Mathe und meist | |
| Englisch. Man rechne damit, dass etwa jede:r vierte bis fünfte | |
| Schüler:in deutliche Lernrückstände infolge der pandemiebedingten | |
| Schulschließungen habe, sagte Bundesbildungsministerin Karliczek. Welche | |
| genau und wie viele Schüler:innen das tatsächlich betrifft, sollen die | |
| Länder nun erheben. | |
| Eine weitere Milliarde will der Bund in die außerschulische Bildung | |
| stecken. Darunter fallen etwa Zuschüsse für Sprachkitas in sozialen | |
| Brennpunkten, für Elternkurse, Ferienfreizeiten und an Bildungsträger. | |
| Familien, die Sozialleistungen erhalten, sollen einen einmaligen | |
| Freizeitzuschlag von 100 Euro erhalten. | |
| ## Lehrergewerkschaft fordert ganzheitliche Förderung | |
| Die Länder, die ja hoheitlich eigentlich allein für Schulbildung zuständig | |
| sind, begrüßen das geplante Aufholpaket des Bundes. Das Vorhaben ergänze | |
| sich gut mit den eigenen Programmen, teilt die amtierende Präsidentin der | |
| Kultusministerkonferenz, Britta Ernst, mit. Neben Lernrückständen solle | |
| aber auch die persönliche und psychische Belastung von Schülerinnen und | |
| Schülern in den Blick genommen werden. | |
| Dass die [2][Pandemie] und der Lockdown Spuren bei Kindern und Jugendlichen | |
| hinterlassen, zeigt etwa eine Befragung des Uniklinikums Hamburg aus dem | |
| Februar. Sorgen und Ängste haben demnach bei Kindern und Jugendlichen | |
| zugenommen, jedes dritte Kind zeige psychische Auffälligkeiten. | |
| Ilka Hoffmann, die im Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft | |
| für Schulen zuständig ist, befürchtet angesichts der komplexen Folgen für | |
| Kinder und Jugendliche, dass die Politik sich zu einseitig darauf | |
| konzentriere, Lernlücken zu schließen. Stattdessen müssten Kinder und | |
| Jugendliche ganzheitlich gefördert werden. | |
| Das bedeute auch, den Leistungsdruck im kommenden Schuljahr zu reduzieren | |
| und Kindern und Jugendlichen mehr Zeit zu geben. „Wir begrüßen, dass jetzt | |
| mehr Geld in die bestehenden Strukturen fließen soll. Das sollte auch für | |
| den Ausbau der Schulsozialarbeit genutzt werden“, sagte Hoffmann der taz. | |
| Gerade in der Schulsozialarbeit arbeiteten viele Menschen befristet und | |
| schlecht bezahlt. | |
| Das Kinderhilfswerk, aber auch die Linkspartei kritisieren das Aufholpaket | |
| als unzureichend. „Im Endeffekt werden damit weniger als 150 Euro pro Kind | |
| in die Hand genommen“, so das Kinderhilfswerk. Die Linkspartei verweist | |
| darauf, dass allein für die Lufthansa 9 Milliarden Euro zur Verfügung | |
| standen. „Da ist ein einmaliger Bonus von 100 Euro für ärmere Familien | |
| blanker Hohn“, meint die familienpolitische Sprecherin der | |
| Bundestagsfration Katrin Werner. | |
| ## Geld auch für gute Beschäftigung? | |
| Als echten Gamechanger will Franziska Giffey aber das geplante | |
| Ganztagschulprogramm verstanden wissen. Der Rechtsanspruch werde das Leben | |
| von Millionen Menschen verbessern, so die Familienministerin: Mehr | |
| Chancengerechtigkeit in der Bildung, mehr Vereinbarkeit von Beruf und | |
| Familie. Für den Umbau aller Grundschulen zu Ganztagsschulen investiert die | |
| Bundesregierung bis 2029 insgesamt 3,5 Milliarden Euro. Damit sollen die | |
| 800.000 zusätzlichen Plätze für Erst- bis Viertklässler geschaffen werden, | |
| die heute fehlen, damit alle Eltern, die wollen, ihre Kinder auch | |
| nachmittags und in den Ferien in der Schule betreut wissen. | |
| Hoffmann fordert, dass die Investitionen in die Ganztagsschule auch mit | |
| einer Qualitätsdebatte verbunden werden. „Der Bund muss sicherstellen, dass | |
| nicht prekär Beschäftigte am Nachmittag Angebote machen, sondern dass das | |
| Personal gut bezahlt und qualifiziert ist.“ Außerdem brauchten die Schulen | |
| Freiräume, um pädagogische Konzepte zu entwickeln, damit Vor- und | |
| Nachmittag sinnvoll verbunden sind. | |
| In die gleiche Richtung argumentiert die stellvertretende Vorsitzende des | |
| Verbandes Bildung und Erziehung, Simone Fleischmann. Dem Fernsehsender | |
| Phoenix sagte sie, es sei entscheidend für die Qualität des Angebots, dass | |
| diejenigen, die außerhalb des Unterrichts mit Kindern und Jugendlichen | |
| arbeiteten, langfristig beschäftigt seien und nicht für einen Hungerlohn | |
| arbeiten. Außerdem forderte sie Bund und Länder auf, dafür zu sorgen, dass | |
| gerade Schulen in sozialen Brennpunkten gute Nachmittagsangebote machen | |
| könnten. | |
| 5 May 2021 | |
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