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# taz.de -- Die Kunst der Woche: Ins Nichts gerichtete Blicke
> Das Grimmuseum lädt in den „Club Quarantina“. In der Galerie KM spielt
> die Fotografin Simone Gilges mit Sehgewohnheiten und Bildtraditionen.
Bild: Im Grimmuseum zu sehen: „Suspend“, Dokumentation einer Performance vo…
Für alle, die sich gerade abschrecken lassen: Eigentlich ist das mit der
Testpflicht für den Besuch von Galerien weit weniger kompliziert, als es
klingt. Als Berlinerin befindet man sich schließlich in der privilegierten
Situation, mehrmals pro Woche kostenlos einen Schnelltest machen zu können.
Bei einigen der großen Zentren braucht man noch nicht einmal einen Termin.
Ist das Ergebnis negativ, kann es losgehen mit der Kunst, entweder mit
schon vorab entsprechend gebuchten Zeitfenstern oder nach einem kurzen
Anruf in der Galerie. Selbst das muss manchmal gar nicht sein: Tagesaktuell
getestet lassen einen viele auch ohne Termin hinein. Voll ist es gerade
ohnehin nirgends. Fragt sich nur, wie lange diese Regelungen so bestehen
bleiben können.
Wer allerdings vorhat, mit dem Galerienbesuch der Pandemie zu entfliehen,
ist im Grimmuseum aktuell an der falschen Adresse. Dort hat Kurator Gilles
Neiens den „Club Quarantina“ eingerichtet. Die Gruppenausstellung
versammelt Arbeiten, die fast ausschließlich während des ersten Lockdowns
oder kurz danach entstanden sind. Aufzuzeigen versucht Neiens, wie
unterschiedlich Künstler*innen auf die veränderten Bedingungen
reagierten, auf die Einschränkungen, die sie womöglich selbst in ihrer
künstlerischen Praxis erfuhren, oder auch, wie die Pandemie sie dazu
brachte, nach neuen Ausdrucksformen zu suchen.
Grit Richter, deren Einzelausstellung bei Tanja Wagner im vergangenen
Herbst [1][für den Galerienpreis nominiert war], ist mit einer ihrer soft
sculptures vertreten. Richter ist eigentlich Malerin, für das Thema, das
sie 2020 umtrieb, ging sie ins Dreidimensionale: Sinnbilder für die
Erschöpfung der Mütter während des Lockdowns sind ihre „Fatigue Moms“, v…
denen eine für den „Club Quarantina“ ausgewählt wurde: ein fleischfarbenes
Etwas mit dünnen Ärmchen in einer Pose der absoluten Resignation.
Mehr Spaß in der erzwungenen Abgeschottetheit hatten offensichtlich AICANON
& Karen Paulina Biswell. Die absurd-komischen Fotografien des
Künstlerinnenduos entstanden in einem kitschigen Hotel an der französischen
Riviera, wo die beiden ihren Lockdown noch verlängerten. 13 künstlerische
Positionen sind insgesamt zu sehen, Marco Godinhos Post-It-Serie „Isolation
Days (March 16 – Mai 10, 2020)“ soll sich sogar in den öffentlichen Raum
ausdehnen.
## Abseits der anderen: Simone Gilges
Normalerweise gut von der Straße aus einsehbar sind die Räume von [2][KM]
am Mehringplatz. Momentan verhindert das bei Tageslicht eine Spiegelfolie,
die an das Schaufenster angebracht worden ist. Sie wirft die Blicke zurück
und so sieht man vor der Kunst zunächst einmal sich selbst. Der simple
Effekt ist eine ziemlich gute Einführung in das, was einen drinnen
erwartet. Um Blicke, die woandershin führen als erwartet, um Sichtachsen,
Sehgewohnheiten und um Gesichter geht es auch da.
Fotografische Porträts aus den Jahren 1993 bis 2019 von Simone Gilges
hängen sich in der Ausstellung gegenüber. Fast ausschließlich sind es
Frauen, die Gilges in einem Habitus abgelichtet hat, der an die Darstellung
mächtiger Männer erinnern würde, wären da nicht die seltsam ins Nichts
gerichteten Blicke. Es sind Frauen, die Gilges zum Großteil nahe stehen,
betitelt sind die Fotografien mit den Vornamen der Abgebildeten. Ihre
Mutter ist dabei, „Bärbel“ (1993), vor der heimischen Ahnengalerie mit
einer Perlenkette wie eine Krone um die Stirn, und auch sie selbst – etwas
abseits der anderen im Showroom der Galerie.
13 Apr 2021
## LINKS
[1] /Archiv-Suche/!5731961&s=Galerienpreis+2020&SuchRahmen=Print/
[2] http://www.km-galerie.com/
## AUTOREN
Beate Scheder
## TAGS
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