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# taz.de -- Strukturwandel in der Lausitz: Wasserstoff statt Kohlemief
> Die Lausitz soll zur Wasserstoffregion werden. Teil davon könnte eine
> grüne Methanolfabrik sein. Doch die Planungen wirken bisweilen wirr.
Bild: Noch regiert in der Lausitz der Braunkohlebagger – aber nicht mehr lange
Berlin/Jänschwalde taz | In der Lausitz ist der Bau von
Wasserstoff-Elektrolyseanlagen und einer daran angeschlossenen grünen
Methanolfabrik geplant. Die Anlage ist Teil der Strategie der
brandenburgischen Landesregierung, die bisher von der Braunkohle geprägte
Lausitz zu einer Wasserstoffregion zu entwickeln.
Methanol ist ein wichtiger Grundstoff in der chemischen Industrie. Es kann
auch als Treibstoff eingesetzt werden, etwa in Schiffen oder auch
beigemischt in Pkw. Bisher wird Methanol meist aus fossilem Erdgas
hergestellt. Doch zukünftig soll es auch klimaneutral erstellt werden: Für
die Produktion von sogenanntem grünen Methanol wird mit erneuerbaren
Energien [1][hergestellter Wasserstoff] sowie Kohlendioxid benötigt.
So hergestelltes Methanol gehört, wenn es als Kraftstoff eingesetzt wird,
zu den vieldiskutierten E-Fuels, also zu den Kraftstoffen, die mit Hilfe
von erneuerbarem Strom hergestellt werden. Technologien, bei denen mit
Hilfe von Strom Chemikalien erzeugt werden, werden auch als Power-to-X
bezeichnet. Die Lausitz südöstlich von Berlin soll künftig viele derartige
Technologien beherbergen: Das Bundeswirtschaftsministerium hat dafür vor
zwei Jahren ein Kompetenzzentrum in Cottbus gegründet.
Die in Wiesbaden beheimatete Firma Hy2gen plant den Bau der Methanolanlage
in der Lausitz, der genaue Standort steht noch nicht fest. In zwei
Elektrolyseanlagen soll mit Hilfe von Strom Wasserstoff hergestellt werden.
Eine größere Elektrolyseanlage soll vor allem die Methanolproduktion
versorgen, während eine dazu geplante kleinere Anlage ihren Strombedarf
flexibel an den verfügbaren Strom anpassen und damit das Stromnetz
stabilisieren kann.
Ein Knackpunkt bei der Produktion von grünem Methanol ist die Frage, wo das
benötigte Kohlendioxid herkommt. Zwar könnte man es aus den Abgasen
fossiler Kraftwerke und Industrieanlagen gewinnen, doch das würde dem Ziel
einer klimaneutralen Industrie widersprechen; von grünem oder
klimaneutralem Methanol könnte man dann nicht mehr sprechen. Man müsste
einen Teil der Emissionen, die bei einer späteren Nutzung oder Verbrennung
entstehen, der Methanolanlage zurechnen.
Für die Firma Hy2gen ist daher klar, dass für die Methanolproduktion in der
Lausitz nur biologische Kohlendioxid-Quellen in Frage kommen. Gegenüber der
taz erklärte Per-Christian Eder von Hy2gen, dass man dafür mit den
Betreibern von Biogasanlagen im Gespräch sei.
In der Brandenburger Landesregierung hatte man aber offenbar andere Ideen.
In einer Präsentation des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie
findet sich eine grafische Darstellung, laut der die Methanolproduktion mit
Kohlendioxid aus einem EBS-Kraftwerk versorgt werden soll. Diese
Präsentation wurde im Lausitz-Ausschuss des Landtags im Februar
vorgestellt. Die Abkürzung EBS steht für Ersatzbrennstoff: Es geht um ein
geplantes Kraftwerk am Standort Jänschwalde – und das ist umstritten.
## Ein Kraftwerk für Müll?
Die Firma Leag, die bisher in Jänschwalde ein großes Braunkohlekraftwerk
betreibt, will dort künftig aus Abfällen gewonnene Brennstoffe in einem
eigenen Kraftwerk verbrennen. Eine lokale Bürgerinitiative spricht von
einer Müllverbrennungsanlage und kritisiert die Pläne. Unterstützt wird die
Initiative von Umweltverbänden wie der Deutschen Umwelthilfe. Die
Initiative und die Umweltverbände sehen im Bau von derartigen
Verbrennungskraftwerken ein Hindernis für die politisch gewünschte Erhöhung
von Recyclingraten und eine bessere Kreislaufwirtschaft.
Doch die Pläne, die Methanolproduktion mit dem geplanten Kraftwerk in
Jänschwalde zu verknüpfen, hatte das Wirtschaftsministerium offenbar nicht
mit dem Betreiber abgesprochen. Per-Christian Eder von Hy2gen erklärte,
dass die Nutzung von Kohlendioxid aus Abfällen für die grüne
Methanolproduktion nicht in Frage kommt.
Auf Nachfrage antwortet das Wirtschaftsministerium ausweichend: „Bei dem
Schaubild in der Präsentation handelt es sich lediglich um eine symbolische
Darstellung der Prozessketten von Hy2Lausitz, die in der ersten Phase auf
den Industriestandort Jänschwalde abgezielt hat. Das Projekt wurde und wird
kontinuierlich weiterentwickelt.“
## Absprachen sind offenbar Mangelware
Auch die Leag weiß von der Verbindung ihres Kraftwerks zur
Methanolproduktion offenbar nichts. Es gäbe „derzeit keine Pläne, das
Kohlendioxid aus dem EBS-Kraftwerk weiter zu nutzen“, erklärte
Leag-Sprecherin Kathi Gerstner auf Anfrage.
Die Idee, das EBS-Kraftwerk mit der Wasserstoff-Region in Verbindung zu
bringen, stammt allerdings von der Leag selbst. In einer Broschüre, die in
Jänschwalde verteilt wurde, schreibt der Kraftwerkbetreiber, dass sich
durch das Kraftwerk „Chancen für die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft“
bieten. Was damit allerdings genau gemeint sein soll, bleibt offen. Die
Leag erklärte auf Nachfrage, dass man sich mit diesem Verweis auf die
Wasserstoff-Region nicht auf konkrete Vorhaben bezogen habe.
23 Mar 2021
## LINKS
[1] /Energiewende-in-Ostdeutschland/!5750772
## AUTOREN
Hanno Böck
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