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# taz.de -- Neue Hinweisstelle für Rassismus: Ein Ohr für die Opfer
> Die Hinweisstelle Memo erfasst rassistische Gewalt in Hamburg. Anders als
> die Beschwerdestelle der Polizei ist sie nicht staatlich eingebunden.
Bild: Kann rassistisch abgehen, muss aber nicht: Polizeikontrolle in Hamburg im…
Hamburg taz | Ob Racial Profiling, antisemitische Beleidigungen oder
rechtsextreme Drohungen – Vorfälle rassistischer, antisemitischer und
rechter Gewalt sollen in Hamburg durch die digitale Hinweisstelle Memo
künftig besser erfasst werden. Durchgeführt wird das Projekt von der
[1][Beratungsstelle Empower], die seit 2015 eine Anlaufstelle für
Betroffene rechter Gewalt bietet.
„Aus unserer Erfahrung wird ersichtlich, dass viele Fälle von
Antisemitismus und Rassismus nicht registriert werden“, sagt Nissar Gardi,
Ko-Leiterin von Empower. Die Polizei erfasse einige wenige Gewaltdelikte
unter politisch motivierter Kriminalität, doch dies bilde „bei weitem nicht
alle uns bekannten Vorfälle“ ab, so Gardi. „Betroffene befürchten, dass
ihnen nicht geglaubt oder geholfen wird und zeigen Vorfälle daher gar nicht
erst an“, sagt sie. Vorfälle wie rassistische Polizeikontrollen zeigten,
dass eine solche Gewalt auch von staatlichen Institutionen ausgehen könne.
Polizeiliches Fehlverhalten kann bei der [2][Beschwerdestelle der Polizei]
gemeldet werden. Einen Ausbau dieser Stelle haben SPD und Grüne vergangenes
Jahr beschlossen. Die Beschwerdestelle untersteht nun direkt dem
Polizeipräsidenten, neue Stellen wurden auch an
Sozialwissenschaftler:innen ausgeschrieben. Aktuell befinde sich
die Dienststelle noch „im Konsolidierungsprozess“, teilte ein
Polizeisprecher auf Anfrage mit. Man könne daher noch „keine validen
Eingangszahlen“ benennen.
Sören Schumacher, Landesinnenpolitischer Sprecher der SPD, hingegen sagt,
dass die Arbeit der Beschwerdestelle „sehr gut angelaufen“ sei. Es seien
auch Hinweise „aus dem Bereich der Polizei“ eingegangen. Er verspreche sich
dadurch „mehr Möglichkeiten der Konfliktaufbereitung“, als dies unabhängi…
Polizeibeauftragte haben.
„Es ist immer noch eine institutionell eingebundene Einrichtung, die aus
einer bestimmten Perspektive filtert, ob und wie der Beschwerde
nachgegangen wird“, sagt dagegen Gardi. Die Kommunikation mit der
Beschwerdestelle sei für Betroffene und Einrichtungen „nicht gerade
vertrauensstärkend und vielversprechend“. Aus diesem Grund sei es wichtig,
zivilgesellschaftliches Monitoring zu schaffen.
Auf der Online-Plattform Memo wird es möglich sein, antisemitische,
rassistische und rechte Vorfälle zu melden – anonym oder mit der Option,
Beratung durch Empower zu erhalten. Dies können nicht nur Betroffene,
sondern auch Zeug:innen oder Angehörige tun. „Wir haben zusammen mit
Vertreter:innen verschiedener Communitys einen Hinweisbogen entwickelt,
der es uns ermöglicht, die Erfahrungen quantitativ und qualitativ zu
erfassen“, so Gardi.
Auf acht verschiedenen Sprachen werden Fragen nach dem Tatort und den
Täter:innen sowie der Art des Vorfalls gestellt. So kann zwischen
verschiedenen Arten von Antisemitismus und Rassismus unterschieden werden,
zum Beispiel zwischen anti-muslimischem Rassismus oder Rassismus gegen
Sinti*zze und Rom*nja. „Das ermöglicht einen differenzierten Blick auf
strukturelle Probleme und rechte Ideologien“, sagt Gardi.
Filiz Demirel, Bürgerschaftssprecherin für Antidiskriminierung der Grünen,
begrüßt die Hinweisstelle, äußert jedoch auch Bedenken: „Es besteht die
Gefahr, dass auch Fälle gesammelt werden, die am Ende nicht objektiv
dargelegt werden können.“ Außerdem könnten solche Plattformen Zielscheibe
für extremistische Angriffe werden.
Gardi ist nicht überrascht von dieser Reaktion: „Es besteht häufig ein
Misstrauen von staatlichen Institutionen gegen Betroffene, Communitys und
Projekte.“ Es sei ein Teil des Problems, dass diesen eine fehlende
Objektivität attestiert werde. „Wie objektiv sind die von der
Mehrheitsgesellschaft geprägten Institutionen?“, fragt Gardi zurück.
Bedrohungen von rechts zeigten, dass strukturelle Veränderung und der
Schutz von Betroffenen weiterhin notwendig seien.
Laut SPD-Sprecher Schumacher sei Memo „ausdrücklich Aufgabe der
Beratungsstelle“ und bilde einen Teil der Strategie der SPD gegen
Extremismus. Er verweist darauf, dass Empower durch die Stadt finanziell
unterstützt wird. Das Projekt wird bis Ende 2024 durch das
Bundesfamilienministerium und die Hamburger Sozialbehörde gefördert. Die
Arbeit wird jedoch unabhängig von staatlichen Institutionen gemacht.
Zukünftig sollen die Ergebnisse aus den Hinweisen genau dazu beitragen: zu
einer Grundlage für politische Forderungen gegen antisemitische,
rassistische und rechte Gewalt in Hamburg.
30 Mar 2021
## LINKS
[1] https://hamburg.arbeitundleben.de/empower
[2] /Neue-Beschwerdestelle-in-Hamburg/!5711714
## AUTOREN
Sarah Zaheer
## TAGS
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
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Fremd und befremdlich
Racial Profiling
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