# taz.de -- Strukturellem Rassismus vorbeugen: Polizei soll Profiling quittieren | |
> Wer in Hamburg von der Polizei kontrolliert wird, soll sich einen Beleg | |
> geben lassen können. Erfahrungen zeigen: Das beugt Racial Profiling vor. | |
Bild: Bei Kontrolle Quittung: So könnte, sagt die Linke, Racial Profiling Vors… | |
Hamburg taz | Quittungen helfen gegen strukturellen Rassismus. Davon geht | |
zumindest die Hamburger Linksfraktion aus und fordert deswegen die | |
Einführung eines Quittungssystems für die Polizei. Wer von der Polizei | |
kontrolliert wird, so die Idee, soll sich einen Beleg über den Anlass der | |
Kontrolle ausstellen lassen. Auch die Dienstnummer der Polizist:in wäre auf | |
der Quittung vermerkt. | |
Mit ihrem Vorschlag wollen die Linken gegen Racial Profiling vorgehen. Der | |
Vorwurf: Die Polizei beobachtet, kontrolliert und durchsucht Menschen | |
aufgrund von Aussehen und Hautfarbe – ohne konkreten Tatverdacht. Das | |
Hamburger Verwaltungsgericht bestätigte zuletzt, dass diese Praxis | |
rechtswidrig ist. [1][Geklagt hatte der in St. Pauli lebende Barakat H.], | |
weil er vor seiner Haustür immer wieder anlasslos kontrolliert wurde. H. | |
führte die ständigen Kontrollen auf seine Hautfarbe zurück – und | |
[2][verklagte die Stadt]. | |
Diesen Erfolg vor Gericht will die Linke zum Anlass nehmen, Racial | |
Profiling auch mit mehr Bürokratie zu verhindern. „Wenn die Beamten vor | |
einer polizeilichen Maßnahme wissen, dass sie ihre Kontrolle schriftlich | |
begründen müssen, kann das präventiv wirken“, sagt Deniz Celik, der | |
innenpolitische Sprecher der Linksfraktion. Gleichzeitig würden die Belege | |
es den Betroffenen erleichtern, gegen eventuell unrechtmäßige Kontrollen zu | |
klagen. | |
„Wenn man in einer Woche dreimal in eine Polizeikontrolle gerät, kann man | |
dies mit den Quittungen gut nachweisen“, sagt Celik. Außerdem erhalte man | |
so eine breitere Datenbasis über den Anlass von Polizeikontrollen. Auf | |
dieser Grundlage könnten polizeiliche Maßnahmen besser dokumentiert und | |
ausgewertet werden. | |
Unterstützung erhofft sich Celik von den Grünen. Schließlich haben sie das | |
Quittungssystem in Bremen und Sachsen bereits mit auf den Weg gebracht. | |
Allerdings setzen die mitregierenden Hamburger Grünen bisher auf andere | |
Maßnahmen. „Unsere Koalition hat sich auf zwei Instrumente verständigt, die | |
wir prioritär umsetzen wollen“, sagt ihre innenpolitische Sprecherin Sina | |
Imhof. Die rot-grüne Regierung sei dabei, eine [3][Beschwerdestelle] | |
einzurichten. Außerdem beginne in diesem Jahr eine [4][Studie, in der die | |
„demokratiebezogenen“ Einstellungen von Polizist:innen untersucht werden] | |
sollen. | |
Imhof geht daher davon aus, dass ihre Fraktion den Antrag der Linken | |
ablehnen werde. Zwar gebe es empirische Erkenntnisse darüber, dass das | |
Quittungssystem einen positiven Effekt habe. „Aber auch Beschwerdestellen | |
arbeiten effektiv, das zeigt der internationale Vergleich.“ | |
## Polizeikontrollen erfordern Gegenkontrolle | |
„Vorsichtig gespannt“ ist Lino Peters auf die Einrichtung der neuen | |
Beschwerdestelle. Der Rechtsanwalt vertritt Opfer von Racial Profiling. | |
„Die Menschen müssen wahrnehmen, was für ein Strafrechtsapparat in Hamburg | |
wütet“, sagt Peters. Es könne nicht sein, dass sich Menschen derart | |
verfolgt und verängstigt fühlen. | |
Die Idee, Polizeikontrollen mit Quittungen zu dokumentieren, findet er gut: | |
„Kontrolle und Aufzeichnungen durch die Polizei nehmen seit Jahren zu. | |
Dieser Apparat wächst. Dafür braucht es eine Gegenkontrolle.“ | |
## Quittungen können rassistische Praktiken reduzieren | |
Diese Gegenkontrolle verlangt auch Ogun Ekundayo von der [5][Black | |
Community Hamburg]. Racial Profiling sei eine routinierte Praxis in den | |
Behörden. Quittungen hält er für einen ersten Schritt, um polizeiliches | |
Handeln transparent zu machen. Allerdings sollten die Belege nicht nur auf | |
Wunsch, sondern grundsätzlich ausgestellt werden. „Erfahrungen aus | |
Großbritannien zeigen, dass dies willkürliche und rassistische Praktiken | |
der Polizei deutlich reduziert“, so Ekundayo. | |
Am Mittwoch steht der Antrag der Linken auf der [6][Tagesordnung der | |
Bürgerschaftssitzung]. Deniz Celik geht davon aus, dass es der Antrag | |
zumindest in den Innenausschuss schafft. | |
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels war von | |
einer „unabhängigen Beschwerdestelle“ für Beschwerden über die Hamburger | |
Polizei die Rede. Über die Unabhängigkeit der Beschwerdestelle bestehen | |
allerdings Zweifel, da die Beschwerdestelle bei der Polizei selbst | |
angesiedelt ist. Das Attribut „unabhängig“ wurde deshalb aus dem Text | |
herausgenommen. | |
10 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Racial-Profiling-vor-Gericht/!5702204 | |
[2] /Urteil-zu-Polizeikontrollen-in-Hamburg/!5725938 | |
[3] /Neue-Beschwerdestelle-in-Hamburg/!5711714 | |
[4] /Racial-Profiling-bei-der-Polizei/!5707568 | |
[5] https://blackcommunityhamburg.blackblogs.org/ | |
[6] https://www.hamburgische-buergerschaft.de/contentblob/14807808/db45da29fb93… | |
## AUTOREN | |
Finn Starken | |
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