# taz.de -- Bericht der Weltnaturschutzunion: Naturschutz leidet unter Pandemie | |
> Wildhüter werden wegen wirtschaftlicher Folgen in der Krise entlassen und | |
> Patrouillen in Schutzgebieten eingestellt. Besonders betroffen ist | |
> Afrika. | |
Bild: Ranger in Kenia: in vielen Schutzgebieten wurden wegen der Pandemie Wildh… | |
GENF/BERLIN afp/ots | Auch der Naturschutz leidet in weiten Teilen der Welt | |
unter der Coronapandemie. Wie die Weltnaturschutzunion (IUCN) am Donnerstag | |
mitteilte, mussten viele Schutzgebiete wegen der wirtschaftlichen Folgen | |
der Pandemie [1][Wildhüter] entlassen oder Patrouillen zum Schutz vor | |
Wilderern kürzen. Erhebungen in Schutzgebieten in 90 Ländern weltweit | |
zeigten dem Bericht zufolge, dass die Auswirkungen in Afrika besonders groß | |
sind, aber auch in Lateinamerika und Asien. | |
Die Gesundheit der Menschen stehe in der Coronapandemie natürlich an erster | |
Stelle, erklärte IUCN-Generaldirektor Bruno Oberle. Die Pandemie habe aber | |
auch verheerende Folgen für den Naturschutz und die beteiligten Menschen. | |
In mehr als 60 Ländern hat dem Bericht zufolge jeder fünfte Wildhüter | |
seinen Arbeitsplatz verloren. Mehr als ein Viertel der Wildhüter bekamen | |
demnach weniger Gehalt oder erhielten ihr Geld verspätet. Mehr als die | |
Hälfte der [2][Schutzgebiete in Afrika] berichteten demnach, dass | |
Patrouillen und andere Maßnahmen gegen Wilderer eingestellt oder gekürzt | |
werden mussten. | |
Als Grund werden vor allem fehlende Einnahmen aus dem Tourismus genannt, | |
[3][der in vielen Teilen der Welt praktisch zum Erliegen gekommen ist.] In | |
Brasilien wird geschätzt, dass die reduzierte Besucherzahl zu einem | |
Umsatzverlust von 1,6 Milliarden US-Dollar führte, während in Namibia | |
kommunale Schutzgebiete nach ersten Schätzungen 10 Millionen US-Dollar an | |
direkten Tourismuseinnahmen verlieren könnten. Der Einbruch beim | |
Naturtourismus sei gewaltig und habe zu massiven Arbeitsplatz- und | |
Einkommensverlusten geführt, sagte Adrian Philips von der IUCN-Komission | |
für Schutzgebiete. | |
## Der WWF fordert Soforthilfen für Schutzgebiete | |
„Wir müssen beobachten, dass die Einnahmen für Naturschutzprojekte etwa aus | |
nachhaltigem Tourismus in Folge der Pandemie abnehmen, während zugleich | |
weltweit Staaten massiv Mittel aus dem Naturschutz abziehen oder | |
Naturschutzregelungen lockern oder komplett außer Kraft setzen“, sagt | |
Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland. Es brauche | |
daher dringend ein Notfallprogramm und Soforthilfen. Einerseits direkt für | |
die Schutzgebiete, damit deren Arbeit nicht zusammenbreche. Andererseits | |
für die lokale Bevölkerung vor Ort, deren Lebensunterhalt etwa von | |
Tourismuseinnahmen abhängt. | |
„Wer aufgrund der Verwerfungen dieser Pandemie plötzlich nicht mehr weiß, | |
wie er seine Familie satt bekommen und seinen Lebensunterhalt finanzieren | |
soll, für den ist die Versuchung groß, in die Schutzgebiete zu gehen, um | |
dort illegal zu jagen oder durch verbotenen Holzeinschlag wenigstens ein | |
bisschen Geld in die Tasche zu bekommen. Genau das müssen wir verhindern“, | |
sagt Heinrich. | |
Es gehe längst nicht mehr nur um die Beseitigung eines Umweltproblems, so | |
der WWF-Vorstand weiter. Vielmehr gelte: „Ob Gesundheitspolitik, Straßenbau | |
oder Haushaltsplanung: Naturschutz muss mitgedacht werden. Das hat uns | |
nicht zuletzt die Corona-Pandemie schmerzlich vor Augen geführt. | |
Schließlich war der Sprung eines Virus vom Wildtier auf den Menschen wohl | |
Auslöser dieser Katastrophe.“ | |
Es gilt in der Wissenschaft als Konsens, [4][dass Umweltzerstörung | |
Krankheits-Übersprünge von Wildtieren auf Menschen wahrscheinlicher | |
machen]. Wenn vitale Ökosysteme zerstört werden und natürliche Barrieren | |
wegfallen, bringt das Arten in Kontakt zueinander, die vorher nicht im | |
Kontakt waren. Durch die Umweltzerstörung geraten nicht nur Tierarten ins | |
Ungleichgewicht, auch Erreger-Dynamiken verändern sich. Außerdem entsteht | |
eine neue, räumliche Nähe zum Menschen. So zeigt etwa eine brasilianische | |
Studie aus 2010: Die Abholzung von vier Prozent eines Waldes ging mit einer | |
fast 50-prozentigen Zunahme der Malariafälle einher. | |
11 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Milizenangriff-im-Kongo/!5742934 | |
[2] /Militarisierter-Naturschutz-in-Afrika/!5667861 | |
[3] /Tourismus-in-der-Krise/!5752585 | |
[4] /Biologin-ueber-Pandemien/!5675740 | |
## TAGS | |
Naturschutz | |
Schwerpunkt Artenschutz | |
Tourismus | |
Pandemie | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Tansania | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Grüne Armee | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nyerere Nationalpark in Tansania: Welterbe trotz Stauseebau | |
Ein Stauseeprojekt gefährdet den Nyerere Nationalpark. In Tansania prallen | |
Wirtschaft und Umweltschutz aufeinander. | |
Milizenangriff im Kongo: Sechs Gorillaschützer getötet | |
Eine Patrouille von Wildhütern des Virunga-Nationalparks gerät in einen | |
tödlichen Hinterhalt. In der Region nimmt die Gewalt stark zu. | |
Biologin über Pandemien: „Auslöser sind Umweltveränderungen“ | |
Die Corona-Pandemie wäre ohne den Menschen nicht entstanden, sagt die | |
Biologin Simone Sommer. Naturschutz sei auch für unsere Gesundheit zentral. | |
Militarisierter Naturschutz in Afrika: Die grüne Armee der Nationalparks | |
Nationalparks sind ein zunehmend militarisiertes Geschäft. Wie Artenschutz | |
neue Macht- und Gewaltstrukturen fördert. Ein taz-Rechercheprojekt. |