Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schule in der Coronapandemie: Tests noch im Testmodus
> Mit zwei Schnelltests pro Woche sollen die Schulen offen bleiben können.
> Doch bei der Beschaffung hapert es seit Wochen – was ist da los?
Bild: Kein Bock auf Nasebohren? Ein Gymnasiast in Sachsen-Anhalt beim ersten Se…
Testen, testen, testen. Und impfen. So lässt sich der Versuch
zusammenfassen, Kitas und Schulen trotz explodierender Infektionszahlen
offen zu halten. Dazu sieht der jüngste Bund-Länder-Beschluss vom Montag
vor, die Schnell- und Selbsttests für Schüler:innen, Lehrkräfte und
Kitabeschäftigte auszuweiten und „baldmöglichst zwei Testungen pro Woche“
anzubieten.
„Offene Schulen und Kitas sind möglich“, betonte Mecklenburg-Vorpommerns
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), wenn sie „mit Selbsttests
abgesichert“ würden. Momentan geschieht das jedoch fast nirgendwo,
kritisieren Lehrerverbände und Mediziner:innen.
Es gibt aber auch Ausnahmen: Einige Länder testen schon längst
flächendeckend. So wie das Saarland. Die schwarz-rote Landesregierung hat
als erste bundesweit Schnelltests auch für Schüler:innen angeschafft und
verteilt. Bereits im Februar wurden dort [1][Grundschüler:innen mit
Hilfe von Hausärzt:innen] getestet.
Mittlerweile stehen an sämtlichen Schulen zwei Tests pro Woche zur
Verfügung, lediglich fünf Schulen landesweit könnten aktuell nur einen Test
anbieten, heißt es aus dem Bildungsministerium in Saarbrücken.
## Angenehmes Nasebohren
Auch Bremen bietet seit vergangener Woche allen Schüler:innen zwei Tests
an. Und Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) versprach, ab Montag die von
Bund und Ländern vereinbarte Test-Anzahl für Hamburger Schüler:innen
bereitzustellen. Für Lehrkräfte und Erzieher:innen stehen jetzt schon
drei Tests pro Woche zur Verfügung.
So weit sind jedoch längst nicht alle. Die meisten Landesregierungen
kündigten an, erst nach den Osterferien umfassend testen zu können. Der
sächsische Kultusminister Christian Piwarz (CDU) etwa begründet dies mit
der hohen Nachfrage. Sachsen brauche 1,2 Millionen Tests pro Woche, um alle
Schulbeteiligten und Kitapersonal zweimal zu testen, „an der Beschaffung
arbeiten wir“.
Dass die teilweise so lange dauert, liegt nicht nur an einem Mangel an
Tests oder einem zu hohen Preis. Die Ministerien haben auch bestimmte
Vorstellungen von der Art der Tests. Zwar gibt es mit den so genannten
Nasenbohrer-Tests schon recht angenehme Varianten für den Eigengebrauch.
Für Grundschüler:innen und vor allem Kitakinder, die etwa in Berlin und
Bayern mit getestet werden sollen, bevorzugen die Ministerien Spuck- oder
Lutschtests. „Wir erleben ja im Augenblick eine Entwicklung, in der fast
jeden Tag ein neuer Test zugelassen wird“, sagt die Bildungsministerin von
Schleswig-Holstein, Karin Prien (CDU). Sie hoffe auf Tests, die
„insbesondere für die Grundschüler einfacher zu handhaben sind“.
## Angst vor Spießrutenlauf
Mittlerweile sind 20 sogenannte Laientests zugelassen, darunter auch erste
Speichel- und Spucktests. Mit ihnen, so hoffen die Länder, können sich
Schüler:innen bequem vor dem Unterricht zu Hause testen.
Viele Eltern sind auch für Heimtests, weil sie einen Spießrutenlauf für ihr
Kind fürchten. Eine Gefahr, die auch Pädagog:innen sehen. „Ein
Sechsjähriger sieht: Ich bin coronapositiv. Und die ganze Klasse sieht es
auch. Was macht das mit dem Kind?“, sagte etwa ein bayerischer Schulleiter
gegenüber dem BR. Andererseits bestünde die Gefahr, dass die Tests ohne
Aufsicht nicht korrekt durchgeführt würden. Aktuell lassen die meisten
Länder deshalb noch in den Schulen testen.
Unsicher ist auch, ob sich bei den freiwilligen Tests an Schulen überhaupt
genügend testen lassen, um größere Ausbrüche erkennen und verhindern zu
können. Der Virologe Alexander Kekulé schätzt, dass dafür 75 Prozent
regelmäßig und in kurzen Abständen getestet werden müssen, andere
Forscher:innen gehen von 50 Prozent aus.
Momentan sieht es so aus, als überschätzten die
Bildungsminister:innen die Testbereitschaft. So glaubt der bayerische
Bildungsminister Michael Piazolo (Freie Wähler), dass 80 bis 90 Prozent der
Schüler:innen und Lehrer:innen bei freiwilligen Tests mitmachen.
## Mangelnde Testbereitschaft
Die bisherigen Erfahrungen sprechen jedoch eine andere Sprache, wie eine
taz-Umfrage unter den Ländern zeigt. Im Saarland lassen sich im Schnitt
rund 70 Prozent der Lehrkräfte und 50 Prozent der Schüler:innen testen.
In Bremen waren es vergangene Woche 82 Prozent der Lehrkräfte, aber nur 27
Prozent der Schüler:innen. Vor allem in den Abschlussklassen bemerken die
Schulen, dass die Angst vor versäumten Stunden oder Prüfungen bei nicht
wenigen über die Sicherheit geht.
Die Erfahrung hat auch Sachsen gemacht. Der Freistaat hat deshalb als
erstes Bundesland ab Mitte März eine [2][Testpflicht an weiterführenden
Schulen] eingeführt. Wer keinen negativen Test vorweisen kann, darf nun
keine sächsische Schule mehr betreten. Mit Erfolg: Lediglich 3 Prozent der
Schüler:innen verweigerten bisher einen Test.
Die Maßnahme ist aber offenbar umstrittener, als es diese Zahlen nahelegen.
Wie ein Sprecher des Kultusministeriums mitteilte, kam es von Elternseite
zu einigen „verbalen Übergriffen“ gegen Lehrkräfte und
Schulleiter:innen. Auch versuchten mehrere Eltern, die Testpflicht per
Eilantrag zu stoppen.
Diese Woche entschied das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen
jedoch, dass das „Zutrittsverbot“ gerechtfertigt ist. Das Grundrecht auf
körperliche Unversehrtheit werde mit den Selbsttests nicht verletzt.
Bemerkenswert ist, dass das Gericht auch feststellte, dass es keine
vergleichbare Maßnahme gebe, um die Ausbreitung des Coronavirus in Schulen
zu verhindern.
## Testpflicht? In Sachsen gibt es sie bereits
Ob eine Testpflicht virologisch nötig und politisch geraten ist, wird in
den Ländern unterschiedlich bewertet. Bayerns Ministerpräsident Markus
Söder (CSU) hat diese Woche angekündigt, nach den Osterferien eine
Testpflicht für Schüler:innen in Kreisen mit einer 7-Tage-Inzidenz über
100 einzuführen. Sachsen will die Pflicht dann auch auf Grundschulen
ausweiten. Minister:innen anderer Länder haben diese Woche hingegen
ausdrücklich betont, die Tests blieben freiwillig.
Pflicht hin oder her: Die Frage ist, ob die Tests überhaupt noch
rechtzeitig an die Schulen kommen. Denn in den Ländern machen sich die
steigenden Inzidenzzahlen bemerkbar. In Bayern befinden sich aktuell ein
Drittel aller Klassen im Distanzunterricht, weil die Inzidenz über den Wert
100 geklettert ist. In Sachsen sind Schulen nur in 5 von 13 Kreisen
geöffnet.
Dass die Inzidenzen nach Ostern höher liegen werden, da sind sich die
Virolog:innen einig. Der – aus Sicht der Bildungsminister:innen –
logische Schluss: Wenn wir nach Ostern mehr testen, dürfen die Schulen
offen bleiben, egal wie hoch die Inzidenzen liegen. Sachsen hat nun
angekündigt, es Thüringen nachzumachen und die Schulen auch bei dem Wert
über 100 zu öffnen. Auch andere Länder haben entgegen den Warnungen von
Mediziner:innen und Schulen die Notbremse gelockert.
Ein Trost immerhin bleibt: Über die Osterferien werden weiter
Lehrer:innen und Erzieher:innen geimpft, in Rheinland-Pfalz haben
schon zwei Drittel der Schul- und Kitabeschäftigten eine Impfung erhalten.
25 Mar 2021
## LINKS
[1] /Schuloeffnungen-in-der-Pandemie/!5750386
[2] /Verpflichtende-Schnelltests-an-Schulen/!5747505
## AUTOREN
Ralf Pauli
## TAGS
Schule und Corona
Selbsttest
Lockdown
GNS
Schwerpunkt Coronavirus
Schule und Corona
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schule und Corona
Andreas Bovenschulte
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Bildung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schulöffnungen nach Ostern: Testpflicht an Schulen kommt
Immer mehr Bundesländer setzen auf eine Testpflicht für Schüler:innen.
Für jene, die sich auf die Prüfungen vorbereiten, kommt das ungelegen.
Infektionszahlen an Bremer Grundschulen: Mutante mag Kinder
An den Grundschulen in Bremen gibt es keine Masken- und Testpflicht. Die
Infektionszahlen in dem entsprechenden Alterssegment steigen rasant.
Schnelltests an Schulen: Ohne kommst du nicht rein!
Sachsen hat sie schon, Bayern führt sie nach Ostern ein: die Testpflicht an
Schulen. Kommt sie bald auch deutschlandweit?
Protokoll einer Mutter zum Homeschooling: „Mein Kind ist isoliert“
Eine Hamburgerin wünscht sich, dass ihr älterer Sohn wieder zur Schule
kann, denn er sei einsam. In der Pubertät müssten Kinder sich lösen können.
Pandemiebekämpfung in Bremen: Sparsam mit Selbstkritik
Regierung und Opposition loben Bremens Coronapolitik wegen der Erfolge beim
Impfen und Testen. Über die Versäumnisse verlieren sie kein Wort.
Schnelltestes für Schüler*innen: Testen bleibt ein Wunschtraum
In den Schulen klappt das testen bisher nur bedingt, an den Grundschulen
fehlen die Tests ganz. Nach Ostern soll es angeblich besser werden.
Entwicklung von Corona in Berlin: Zwischen Hoffen, Bangen und Impfen
Gerade bei jüngeren Kindern steigt die Inzidenz deutlich. Das verheißt
nichts Gutes für die kommenden Wochen.
Schulöffnungen in Berlin: Präsenz mit Selbsttest
Trotz steigender Infektionszahlen geht es für die Berliner Oberstufen
wieder in die Schule. Dabei helfen sollen regelmäßige Selbsttests.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.