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# taz.de -- Seenotrettung in Italien: Bis zu 20 Jahre Haft
> 21 Seenotretter*innen stehen demnächst im sizilianischen Trapani vor
> Gericht. Der Vorwurf lautet auf Beihilfe zur illegalen Einwanderung.
Bild: Seenotretter*innen der NGO „Jugend rettet“ bei einem Einsatz von Liby…
Rom taz | 21 [1][Seenotretter*innen] werden sich demnächst im
sizilianischen Trapani vor Gericht wegen Beihilfe zur illegalen
Einwanderung verantworten müssen. Am Donnerstag teilte die dortige
Staatsanwaltschaft mit, sie habe ihre Ermittlungen abgeschlossen – formal
ist das der Schritt unmittelbar vor der Erhebung einer Anklage.
Alle Angeschuldigten waren in den Jahren 2016-2017 auf dem Mittelmeer für
die deutsche NGO „Jugend rettet“, für „Save the Children“ und für „…
ohne Grenzen“ aktiv. Sie sollen bei ihren Rettungseinsätzen in direkter
Absprache mit libyschen Schleusern agiert haben. Dafür wollen die
ermittelnden Staatsanwältinnen Beweise haben.
So sollen die Seenotretter*innen Lichtzeichen mit den
Flüchtlingsbooten ausgetauscht haben und deren Position schon im Vorhinein
von den Schleusern mitgeteilt bekommen haben. Zudem sollen sie nach den
Rettungseinsätzen jenen Schleusern deren Boote samt den Schwimmwesten der
Flüchtlinge wieder zurückgegeben haben.
Die Anschuldigungen treffen alle drei Organisationen, weil sie seinerzeit
immer wieder gemeinsam agierten: Iuventa, das kleine Schiff von „Jugend
rettet“, barg die Flüchtlinge auf hoher See, die dann in einem zweiten
Schritt an Bord der beiden deutlich größeren Schiffe von „Save the
Children“ und „Ärzte ohne Grenzen“ genommen wurden.
## Dorn im Auge
Diese Rettungseinsätze waren der italienischen Regierung unter dem
damaligen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni aus der gemäßigt linken
Partito Democratico (PD) ein Dorn im Auge. Innenminister Marco Minniti,
auch er aus der PD, hatte im Januar 2017 ein Abkommen mit Libyen auf den
Weg gebracht. Darin wird die libysche Regierung gegen hohe Geldzahlungen
und Materiallieferungen mit der Flüchtlingsabwehr betraut.
Lange bevor nach den Parlamentswahlen von 2018 [2][der Chef der
ultranationalistischen und fremdenfeindlichen Lega, Matteo Salvini],
Innenminister in Rom wurde, hatte sich damit eine deutliche Verschärfung
des italienischen Kurses auch gegen die im Mittelmeer aktiven NGOs
vollzogen. Diese Kurswende fand Unterstützung von diversen
Staatsanwaltschaften, unter anderem der von Trapani, die jetzt Anklage
erheben will.
Schon am 2. August 2017 wurde die Iuventa in den Hafen von Lampedusa
beordert und dort beschlagnahmt. Seitdem rostet das Schiff im Hafen vor
sich hin. Sollte das Gericht die in Kürze erwartete Anklage zulassen, dann
drohen den Beschuldigten – zehn von ihnen stammen aus den Reihen von
„Jugend rettet“ – bis zu 20 Jahre Haft.
„Jugend rettet“ weist ihrerseits in einer Presserklärung die Vorwürfe
komplett zurück. Die NGO habe immer unter Einhaltung der Gesetze agiert,
erklärt sie. Der Staatsanwaltschaft gehe es einzig darum, „Solidarität zu
kriminalisieren, und dies hat eine tödliche Konsequenz: Menschen sterben,
auch wenn sie gerettet hätten werden können“.
5 Mar 2021
## LINKS
[1] /Seenotrettung-im-Mittelmeer/!5695369
[2] /Fluechtlingspolitik-in-Italien/!5718278
## AUTOREN
Michael Braun
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