| # taz.de -- Öko-Aktivistin über Buschholz-Verbrenung: „Wir wollen aufbegehr… | |
| > Jana Ballenthien von Robin Wood kritisiert die geplante | |
| > Biomassepartnerschaft zwischen Hamburg und Namibia als schädlichen | |
| > Präzedenzfall. | |
| Bild: Aus diesen Büschen soll Bioenergie werden: Ernte auf einer Farm nördlic… | |
| taz: Frau Ballenthien, warum haben Sie dem Bundesministerium für | |
| wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) einen Protestbrief geschickt? | |
| Jana Ballenthien: Der Plan, [1][in Hamburg Holzbiomasse aus Namibia zu | |
| verbrennen], hat einige Alleinstellungsmerkmale und einen Aufschrei in der | |
| internationalen Waldnaturschutzszene verursacht. Es ist besonders wichtig | |
| zu intervenieren, weil es eines der ersten Projekte wäre, bei dem aus dem | |
| globalen Süden im großindustriellen Maßstab Biomasse nach Europa gebracht | |
| würde, um sie hier zu verbrennen. Wir wollen, schon bevor politische | |
| Entscheidungen gefallen sind, aufklären und auch aufbegehren: Wir müssen | |
| unsere Energiewende anders organisieren. | |
| Die Idee klingt ja ganz gut: Namibia hat ein Problem mit Verbuschung, | |
| [2][Hamburg das Problem, klimaschonend Fernwärme erzeugen zu müssen]. Eine | |
| klassische Win-win-Situation, finden Sie nicht? | |
| Das könnte man auf den ersten Blick meinen: Es wird als nachhaltiges | |
| Projekt dargestellt, als eines, das CO2 bindet und die Biodiversität | |
| vergrößert. Bei all diesen Behauptungen haben wir aber Fehler gefunden. | |
| Allein schon die wissenschaftliche Studie, die diesem Projekt zugrunde | |
| liegt, können wir so nicht hinnehmen. Wir gehen davon aus, dass das Projekt | |
| sogar klimaschädlich ist, indem es die [3][CO2-Senkeder semiariden | |
| Savannenflächen in Namibia verringer]t. | |
| … Semiarid bedeutet, dass es in der Region lange Trockenperioden gibt … | |
| Außerdem bergen die Pläne ein hohes Risiko für die Artenvielfalt und es ist | |
| unsicher, ob sich das Projekt positiv auf den Wasserhaushalt auswirkt, wie | |
| die Befürworter immer behaupten. Und auch, was alle anderen Argumente | |
| betrifft – sei es die Schaffung von Arbeitsplätzen oder die Verringerung | |
| sozialer Ungleichheit –, dafür sehen wir keine überzeugenden Belege. | |
| Glauben Sie, dass Sie auf einem besseren Forschungsstand als die Namibier | |
| sind? | |
| Von der wissenschaftlichen Seite her haben wir da keine Expertise gesehen. | |
| Es sind [4][deutsche Wissenschaftler, die die schlechten Grundlagenstudien | |
| gemacht haben], die wir kritisieren. Zum einen gibt es nur wenige | |
| namibische NGOs, die sich dazu äußern, und zum anderen vor allem solche, | |
| die die Interessen der Rinderfarmer und der Fleischindustrie | |
| repräsentieren. Die werden bis auf eine Ausnahme von der deutschen | |
| [5][Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) finanziert, die | |
| das Projekt vorantreibt]. | |
| Die [6][Namibia Nature Foundation (NNF)] wirft ihnen vor, Sie würden zu | |
| wenig verstehen, wie die semiariden Savannen funktionieren. | |
| Wir wären total gespannt auf das Literaturverzeichnis der NNF, das sie uns | |
| bisher nicht zur Verfügung gestellt hat. Es ist nicht das erste Mal, dass | |
| die NNF tendenziell umweltschädliche Projekte nicht ablehnt. Zudem wird sie | |
| von der GIZ mitfinanziert. Von daher können wir nicht von einer | |
| unabhängigen NGO-Landschaft sprechen, mit der die Befürwortenden in Kontakt | |
| stünden. | |
| Die NNF warnt, Sie liefen Gefahr, Öko-Imperialismus zu betreiben, weil Sie | |
| dadurch, dass Sie gegen das Entbuschen sind, die Landnutzungsmöglichkeiten | |
| der Namibier beschränken. | |
| Das ist ein sehr interessanter Vorwurf, da wir uns bisher wenig dazu | |
| geäußert haben, was Namibia anstellen könnte mit seiner Buschlandschaft. | |
| Wir sprechen uns dagegen aus, dass die sogenannte Entbuschung im | |
| großindustriellen Stil geschieht und Namibia möglicherweise hinterher eine | |
| größere Klimaschuld trägt als vorher. | |
| Wenn man sich darauf einigen könnte, dass Entbuschung notwendig ist. Fiele | |
| dann nicht viel mehr Holz an, als im Lande verbraucht werden könnte? | |
| Ob Entbuschung notwendig ist und wie es mit seiner Landschaft umgehen | |
| möchte, muss Namibia für sich entscheiden. Da diskutiert wird, das Holz | |
| nach Hamburg zu exportieren, interessieren wir uns dafür, ob das | |
| tatsächlich nachhaltig angelegt ist. Die Klimakatastrophe und das | |
| Artensterben gehen uns alle an. Das Ökosystem der semiariden Savannen ist | |
| hoch komplex und der Stand der Wissenschaft immer noch viel zu vage. Dieses | |
| ganze Projekt darf auf so einer dünnen wissenschaftlichen Basis nicht und | |
| schon gar nicht mit Entwicklungsgeldern aus Deutschland gefördert werden. | |
| Was halten Sie davon, dass die GIZ und die namibischen Stellen mit dem | |
| Forest Stewardship Council (FSC) zusammenarbeiten? Das sollte doch eine | |
| nachhaltige Bewirtschaftung sicherstellen. | |
| Der FSC trifft nur eine Aussage darüber, ob eine Fläche nachhaltig | |
| bewirtschaftet wird, aber nicht darüber, was hinterher mit dem Holz | |
| geschieht. Biomasseverbrennung ist aber negativ fürs Klima, egal ob Flächen | |
| FSC-zertifiziert sind oder nicht. Und gerade für Südafrika hat der FSC | |
| einen sehr negativen Ruf aufgrund einiger ökologischer und sozialer | |
| Skandale. | |
| Auch die namibische Regierung versichert, dass sie an einer nachhaltigen | |
| Landnutzung interessiert sei. | |
| Die Aussage einer Regierung ist für mich noch kein Kriterium dafür, dass | |
| etwas sozial und ökologisch in Ordnung ist. Interessanterweise hat das | |
| deutsche BMZ eingeräumt, dass tatsächlich Klimaschäden entstehen könnten. | |
| An dieser Stelle sei das aber nicht so wichtig. | |
| Wie groß ist der Widerstand vor Ort? | |
| Das hält sich in Grenzen, weil die namibische Bevölkerung noch wenig über | |
| diese komplexen Probleme weiß und auch nicht darüber informiert wird. Die | |
| wenigen NGOs sind eng verwoben mit den Großgrundbesitzenden. Für NGOs ist | |
| es sehr schwierig, kritische Positionen zu beziehen. Wir stehen in Kontakt | |
| mit einzelnen kleineren NGOs, die sagen: Ihr könnt gerne mit uns sprechen, | |
| wir werden aber keine Statements abgeben, sonst sind wir ganz schnell weg | |
| vom Fenster. | |
| Was bedeutet das? | |
| Sie werden diskreditiert. Ihre Pressemitteilungen werden nur noch | |
| eingeschränkt verbreitet, sie werden gemieden. | |
| Gibt es Widerstand von der Landbevölkerung oder ist sie sogar für das | |
| Projekt? | |
| Das kann man nicht verallgemeinern. Es gibt ja sowohl Großgrundbesitzende | |
| als auch kleine Farmer, die davon betroffen wären. Natürlich sind die | |
| Großgrundbesitzenden dafür, weil sie Rinder züchten und von dem zunächst | |
| geschaffenen Weideland profitieren würden. Ich würde auch nicht in Abrede | |
| stellen, dass die kleinen Farmer in gewissem Maße auch dafür sind. Das | |
| Problem ist, dass die Flächen sofort wieder zuwachsen, wenn keine Nachsorge | |
| stattfindet. Die ist aber wohl so teuer, dass nur die Großgrundbesitzenden | |
| sie sich leisten könnten. | |
| Aber Nachsorge hieße ja Ernte von Biomasse und die würde Einnahmen bringen. | |
| Es ist schon im ersten Schritt nicht klar, wie die Entnahme aussehen soll. | |
| Wir stellen in Abrede, dass der ökologischen Sorgfaltspflicht genüge getan | |
| würde, wenn so viele Büsche entnommen werden, dass 105 | |
| Biomasseindustrieparks versorgt werden können. Ohne maschinelle Ernte ist | |
| das nicht möglich. Es ist unrealistisch, dass dabei jemand mit dem | |
| Zentimetermaß rumläuft und die Stammdurchmesser der Büsche misst, die | |
| stehen bleiben müssen, oder ein Botaniker dabei ist, der die ökologisch | |
| wertvollen Büsche übrig lässt. | |
| 14 Mar 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Plaene-fuer-Standorte-stillgelegter-Meiler/!5743083 | |
| [2] https://www.hamburg.de/energiewende/namibia-biomass-partnership/14497848/pr… | |
| [3] /Klimaschuetzer-entdecken-Baeume/!5173380 | |
| [4] https://www.hamburger-energietisch.de/WP-Server/wp-content/uploads/2020/07/… | |
| [5] https://www.giz.de/de/weltweit/28648.html | |
| [6] http://www.nnf.org.na/ | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
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