| # taz.de -- Energiepolitik in Deutschland: Holz aus Namibia statt Kohle? | |
| > Mit importiertem Holz sollen bisherige Kohlekraftwerke klimafreundlicher | |
| > werden. Umweltverbände kritisieren den Vorstoß als neokoloniales Muster. | |
| Bild: Importiertes Busch-Holz aus Namibia in Kraftwerken statt Kohle soll klima… | |
| Freiburg taz | In der Energiewende eskaliert ein neuer Konflikt: Ist es | |
| ökologisch vertretbar, in Kraftwerken statt Kohle künftig Importholz zu | |
| verbrennen, etwa aus Namibia? Während Energiekonzerne die Chance sehen, | |
| ihre Kraftwerke ohne viel Aufwand gemäß der CO2-Logik klimafreundlich zu | |
| rechnen, warnen Umweltverbände, die Pläne würden „die globale Klima- und | |
| Biodiversitätskrise deutlich verschärfen“. | |
| Vor allem [1][am Fall Hamburg] entzündet sich die Debatte. Zuerst stand die | |
| Umstellung des Kraftwerks Moorburg im Raum, doch dieses wurde [2][im Zuge | |
| des Kohleausstiegs vom Netz genommen]. Jetzt geht es um das Kohlekraftwerk | |
| Tiefstack. Seit im vergangenen Mai die Hamburger Behörde für Umwelt und | |
| Energie eine „Klimapatenschaft“ mit Namibia unterzeichnete, die auf dem | |
| Bezug von afrikanischem Buschholz fußt, reißt die Kritik von | |
| Umweltverbänden nicht mehr ab. | |
| [3][Im Februar schrieben 40 Organisationen gemeinsam einen offenen Brief an | |
| Entwicklungsminister Gerd Müller]. In dessen Auftrag treibt die | |
| Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) das Projekt „Nutzung | |
| von Busch-Biomasse“ voran – gefördert mit 14 Millionen Euro. Das | |
| Bundesentwicklungsministerium (BMZ) erklärte nun in einer Antwort auf den | |
| Brief zwar, die Nutzung namibischer Hölzer in deutschen Kraftwerken sei | |
| nicht Ziel des Vorhabens. Gleichwohl beruft sich die Hamburger | |
| Umweltbehörde darauf, dass Grundlage der Partnerschaft mit Namibia ein | |
| Auftrag des BMZ sei, die Nutzung von Busch-Biomasse zu verbessern. | |
| In Wirklichkeit, so klagen die Umweltverbände, propagiere die GIZ „die | |
| industrielle Abholzung auf einer Fläche von 30 Millionen Hektar in Namibia | |
| – eine Größe, die der Landesfläche Italiens entspricht“. Es sei geplant, | |
| Industrieanlagen aufzubauen, die aus dem Buschholz Pellets beziehungsweise | |
| Hackschnitzel fertigen, um diese in Industrieländer zu exportieren. So | |
| werde „durch einen legalen Bilanzierungstrick die Holzverbrennung in | |
| Deutschland als CO2-neutral deklariert“. | |
| ## Kritik an „neokolonialen Mustern“ | |
| Holzenergie gilt oft als CO2-neutral, weil Holz ein nachwachsender Rohstoff | |
| ist. Allerdings stimmt die Bilanz nur dann, wenn es um Restholz geht, das | |
| ansonsten verrotten würde; nicht jedoch, wenn man – wie die Umweltverbände | |
| im Fall Namibia monieren – „eine für den Klimaschutz wertvolle | |
| Kohlenstoffsenke“ verheizt. Auf den heutigen Buschflächen solle zudem die | |
| Rinderhaltung intensiviert werden, was die Emissionen des Treibhausgases | |
| Methan erhöhen und so die Ökobilanz des Projektes vollends ruinieren würde. | |
| Das Bundeswirtschaftsministerium arbeitet an einem Förderprogramm im Umfang | |
| von einer Milliarde Euro zugunsten der Umstellung bestehender | |
| Kohlekraftwerke auf Gas- oder Biomasse. Denn Strom aus Holz ist derzeit | |
| nicht konkurrenzfähig. Das hat auch die Beratungsgesellschaft Enervis | |
| gerade in einer Studie im Auftrag von mehreren Energieunternehmen – unter | |
| anderem der EnBW – vorgerechnet. | |
| Bei Umstellung eines Kohlekraftwerks auf Holz sei mit einem Erzeugungspreis | |
| von 10,5 bis 12 Cent je Kilowattstunde zu rechnen. Selbst wenn die Anlagen | |
| bevorzugt dann Strom produzieren, wenn wenig Wind- und Solarstrom vorhanden | |
| und der Börsenpreis damit höher ist, bleibe ein Förderbedarf von 3,7 Cent | |
| je Kilowattstunde. Die Energiewirtschaft hofft nun auf entsprechende | |
| Zuschüsse. | |
| Am Ende geht es bei dem Konflikt um das Busch-Holz aber nicht nur um | |
| ökologische und wirtschaftliche Fragen, sondern auch um geopolitische. | |
| Während die GIZ die Holznutzung „als Ausgangspunkt für zahlreiche | |
| Wertschöpfungsketten“ in Namibia beschreibt, [4][sehen die Umweltverbände | |
| sich an längst vergangene Zeiten erinnert]. In ihrem offenen Brief heißt | |
| es: Eine Entwicklungszusammenarbeit mit Namibia, „die als Vehikel für die | |
| Produktion erwünschter Rohstoffe und für Renditechancen vermeintlich | |
| ‚grünen‘ Kapitals fungiert“, würde „in negativer historischer Traditi… | |
| neokolonialen Mustern“ folgen. | |
| 31 Mar 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernward Janzing | |
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