# taz.de -- Nathanael Liminski in NRW: Die rechte Hand Laschets | |
> Nathanael Liminski ist Chef der NRW-Staatskanzlei, Armin Laschets engster | |
> Vertrauter und sehr konservativ. Manche sehen ihn im Kanzleramt. | |
Bild: Noch ist Liminskis Platz im Düsseldorfer Landtag, eine Reihe hinter Lasc… | |
Lady Bitch Ray gibt alles. In einem goldglänzenden Top sitzt die Rapperin | |
und Feministin 2007 in Sandra Maischbergers Talkshow. Sie spielt mit den | |
Kordeln, die auf Höhe ihrer Brustwarzen an dem Oberteil befestigt sind, | |
legt ihrem Gegenüber die Hand auf den Oberschenkel und beugt sich zu ihm. | |
„Ich hab deinen Arsch schon abgecheckt“, versucht sie ihn zu provozieren. | |
Man könne sich doch mal zu zweit treffen, „ich zeig dir mal was“. Dem | |
jungen Mann ist die Irritation über das Angebot nur den Bruchteil einer | |
Sekunde lang anzumerken. | |
Nathanael Liminski, als Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei | |
heute der engste Mitarbeiter des CDU-Bundesvorsitzenden Armin Laschet, ist | |
damals 22 Jahre jung. Braune Augen, hellblaues Hemd und Cordhose, ist er zu | |
Maischberger eingeladen, um [1][in der Sendung] „Keuschheit statt Porno – | |
brauchen wir eine neue Sexualmoral?“ die Enthaltsamkeit zu verteidigen. | |
Gerade hat er die Initiative „Generation Benedikt“ ins Leben gerufen, | |
benannt nach dem damaligen Papst. Doch Liminski, dessen Positionen neben | |
den Studiogästen Oswalt Kolle und „Frau Bitch Ray“, wie er die Rapperin | |
anspricht, aus der Zeit gefallen scheinen, schlägt sich gut. | |
„Ich kann kaum an mich halten“, kontert Liminski, „ich scharre schon mit | |
den Hufen.“ Wie um dem Ton das Herablassende zu nehmen, die Schärfe, | |
lächelt er Lady Bitch Ray freundlich an. Dann geht er unbeirrt dazu über, | |
seine Thesen zu erläutern. „Kein Sex vor der Ehe“ diene der „vollen | |
Entfaltung von Sexualität“. Die Botschaft von Zärtlichkeit sei: „Du, nur | |
du, und du für immer.“ Und: Homosexualität halte er nicht „für eine | |
vollendete Form von Sexualität“ – schließlich fehle die „Dimension der | |
Fortpflanzung“. | |
Trotz der Homophobie: Es ist beeindruckend, wie ruhig, wie in sich ruhend | |
Liminski schon damals auftritt. Er nimmt sich Zeit und Raum, testet die | |
Grenzen der Arroganz, die er durch Mimik und Gestik selbst relativiert. Und | |
wer hat schon den Mut, sich mit Anfang 20 vor ein Millionenpublikum zu | |
setzen und die eigene sexuelle Unerfahrenheit zum Vorbild zu erklären? | |
## „Mastermind“, „Schattenmann“, „Schaltzentrale“ | |
Heute ist der Katholik Nathanael Liminski 35 Jahre alt, mächtig – und auf | |
dem Weg zu noch größerer Macht. Nach einer steilen Karriere in den | |
Maschinenräumen der Politik ist er heute Staatssekretär, er gilt als | |
Architekt der Siege Armin Laschets bei der Landtagswahl 2017 und bei der | |
Wahl zum Bundesvorsitzenden der CDU im Januar. „Mastermind“, | |
„Schattenmann“, „Schaltzentrale“ – das sind die Titel, die ihm raunend | |
zugeschrieben werden. Nun soll Liminiski seinem Chef den Weg zur | |
Kanzlerschaft ebnen. Der Lohn dafür, damit rechnen am Rhein viele, könnte | |
für ihn das Amt des Kanzleramtsministers sein. | |
Wie vertraut die beiden sind, lässt sich bei nahezu jeder Landtagssitzung | |
beobachten. Liminskis Platz auf der Regierungsbank ist in der zweiten | |
Reihe, direkt hinter Laschet. Immer wieder beugt sich der Regierungsmanager | |
zu seinem Ministerpräsidenten vor, bespricht Details. Oft dreht sich aber | |
auch Laschet zu ihm um. | |
Wer da wen prägt, fragen sich in Düsseldorf viele. Fest steht: Nach sechs | |
Jahren Zusammenarbeit mit Liminiski will Laschet, der als | |
Bundestagsabgeordneter im Bonn der 1990er Jahre als [2][„junger Wilder“] | |
und als Mitbereiter der schwarz-grünen „Pizza-Connection“ galt, von der | |
Oppositionspartei offiziell nicht mehr viel wissen. Hatte er im Kampf um | |
den CDU-Bundesvorsitz noch mit seinem liberalen Image gepunktet, erklärt er | |
jetzt die Grünen zum Hauptgegner: „Es gibt kein schwarz-grünes Projekt, | |
keine gemeinsame Idee, für die man antritt“, [3][sagt Laschet]. „Dafür si… | |
die Gegensätze doch zu groß.“ Stattdessen beschwört er die Vorteile einer | |
Koalition mit der FDP – und sei es nur aus Wahlkampftaktik. | |
Liminski ging lange auf Distanz zum liberalen Modernisierungsflügel der | |
Union rund um Kanzlerin Angela Merkel, in dem auch Laschet verortet wurde. | |
Und anders als in den vergangenen Jahren, in denen Liminski die Presse | |
mied, suchte er früher die Öffentlichkeit. Dafür steht etwa die „Generation | |
Benedikt“, die Liminski kurz nach seinem Abitur in Bonn mit gründete und | |
als deren Sprecher er bei Maischberger saß. | |
[4][Heute heißt die Gruppe „Initiative Pontifex“]. Ihr Ziel: Deutschland zu | |
„re-katholisieren“. Die Ehe für alle sei ein „Verlustspiel“, heißt es… | |
der Website, Schwangerschaftsabbrüche „ein Unrecht“, das es zu bekämpfen | |
gelte. Und Informationen über Abbrüche auf Webseiten von Ärzt:innen, die | |
nach Paragraf 219a hierzulande verboten sind, gelten der Initiative als | |
„Werbung für die vorgeburtliche Tötung von Kindern“. | |
Schon im Studium sucht Liminski Kontakt zur „Lebensschutz“-Szene, den | |
aggressiven Gegner:innen von körperlicher Selbstbestimmung. 2005 macht | |
er ein Praktikum bei der Unions-Bundestagsabgeordneten Christa Reichard, | |
die Bustouren zum [5][„Marsch für das Leben“] organisiert. Zu dem reisen | |
christliche Fundamentalist:innen ebenso wie konservative | |
Unionsabgeordnete, heute auch AfDler:innen, um gegen | |
Schwangerschaftsabbrüche auf die Straße zu gehen. | |
In den USA macht er ein Praktikum beim republikanischen | |
Kongressabgeordneten Mark Souder, einem Evangelikalen, der seinerseits die | |
Lebensschutzbewegung unterstützt. 2009 veröffentlicht der Student der | |
Geschichte, Politischen Wissenschaft und des Öffentlichen Rechts mehr als | |
ein Dutzend Texte auf der Website freiewelt.net. Die ist heute Teil des | |
Netzwerks „Zivile Koalition“ der stellvertretenden AfD-Bundeschefin Beatrix | |
von Storch und deren Ehemann Sven. | |
Liminski polemisiert in seinen Texten gegen die damalige | |
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, die „als Erfüllungsgehilfe | |
ihrer ideologischen Strategen im Familienministerium“ dem traditionellen | |
Modell „Vater, Mutter, Kind, verheiratet“ den Kampf angesagt habe. | |
Kanzlerin Merkel hege „ein tiefes Misstrauen gegenüber den Familien und | |
damit gegenüber den Bürgern“. Eltern hätten keine Lobby, empört er sich �… | |
all das sind oft bediente Codes derjenigen, die gegen gleichgeschlechtliche | |
Partnerschaften, „Genderismus“ und Sexualaufklärung mobilisieren. Im | |
Übrigen hätten Kondome im Kampf gegen HIV versagt, die „Promotion ehelicher | |
Treue in den jeweiligen Gebieten“ dagegen wirkungsvoll die Infektionsraten | |
gesenkt. | |
Wie kommt es, dass ein 24-Jähriger so fundamentalistisch argumentiert? Wie | |
stark ist Liminski heute noch in seinen damaligen Überzeugungen verwurzelt? | |
Und was würde all das für eine Kanzlerschaft Laschets bedeuten? | |
Liminski wächst als achtes von zehn Kindern bei Bonn auf, seine Mutter ist | |
Lehrerin, später Hausfrau, sein Vater der Journalist Jürgen Liminski, einst | |
Redakteur bei Springers Welt und dem Deutschlandfunk. Dort gilt er als | |
Rechter – nicht nur wegen seiner Mitgliedschaft in der ultrakonservativen | |
katholischen Laienvereinigung Opus Dei, deren Gründer Bewunderer des | |
faschistischen spanischen Diktators Franco war. | |
Zur Neuen Rechten pflegt er im Lauf der Zeit wohl enger werdende | |
Verbindungen: 2008 hält Jürgen Liminski eine Laudatio auf Ellen Kositza, | |
die mit ihrem Mann Götz Kubitschek das „Institut für Staatspolitik“ | |
betreibt, die Denkfabrik der Neuen Rechten. Regelmäßig schreibt Liminski | |
senior für die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit, 2019 trat er beim | |
„Familienpolitischen Symposium“ der Brandenburger Landtagsfraktion der AfD | |
auf. | |
Ihre Familie, ihre zehn heute erwachsenen Kinder, inszenieren Martine und | |
Jürgen Liminski als Vorzeigeprojekt eines konservativen Christentums. | |
Nachzulesen ist das in ihrem 2002 erschienenen Buch „Abenteuer Familie“. | |
Darin beschreibt das Ehepaar ihre Familie als ein von Glauben | |
durchdrungenes mittelständisches Unternehmen. Im „Familienrat“ würden | |
Debatten erprobt, voreinander herrsche Respekt. Doch die Eltern folgen | |
einem streng konservativen Wertesystem: Der Vater bezeichnet sich als | |
„Ordnungsmacht“, „die Würde der Frau wurzelt in ihrem Mutter-Sein“. Den | |
„radikalen Feminismus“ lehnen die Eltern ab, Homosexualität habe einen | |
„Krankheitscharakter“. | |
Seinen Sohn Nathanael, benannt nach einem der ersten Jünger Jesu im Neuen | |
Testament, beschreibt Jürgen Liminski stolz als „Ausnahmeschüler“ – sein | |
Abitur wird Nathanael mit der Durchschnittsnote 1,1 bestehen. Einen | |
besonderen Job hat er schon als Teenager: „Er verdient die Prämie seiner | |
Lebensversicherung als Sekretär des Vaters“. Er kümmert sich um die | |
Abrechnung von dessen Texten und Radiobeiträgen, taucht in die politische | |
Gedankenwelt Jürgen Liminskis ein und übt im geschützten Raum, zu | |
organisieren, zu managen, wohl auch, zu überzeugen. | |
2009 erst, gegen Ende des Studiums, verlässt Nathanael Liminski Bonn | |
endgültig, um die Politik zum Beruf zu machen. Wo er zuvor wie der Vater | |
die Öffentlichkeit sucht, um zu missionieren, hält er sich seitdem bedeckt. | |
Karrierefördernd im konservativen Mainstream, so viel ist klar, sind | |
ultraorthodoxe Positionen nicht – schon gar nicht, wenn sie auf neurechten | |
Kanälen ihren Weg in die Welt finden. Als Assistent für den | |
CSU-Abgeordneten Martin Kastler arbeitet Liminski etwa im Brüsseler | |
EU-Parlament – einer Institution, die er auf freiewelt.net noch als | |
„Biotop“ schmähte, in dem „viele Menschen arbeiten, die ihr persönliches | |
Fortkommen über alles Andere gestellt haben“. | |
Doch je prominenter die Stationen, desto bedeckter hält sich Liminski, was | |
die eigenen Positionen betrifft. 2010 wechselt er als Redenschreiber in die | |
Hessische Staatskanzlei Roland Kochs, 2011 ins Verteidigungsministerium von | |
Karl-Theodor zu Guttenberg. Dessen Rücktritt wegen seiner Doktorarbeit wird | |
zu einem Sprungbrett für Liminski: Unter Guttenbergs Nachfolger Thomas de | |
Maizière steigt er vom Planungs- in den Leitungsstab, in die unmittelbare | |
Nähe des Ministers auf – und wechselt mit de Maizière 2014 ins | |
Bundesinnenministerium. | |
In Düsseldorf ist da längst Armin Laschet auf den jungen Konservativen | |
aufmerksam geworden. Doch 2014 kann sich Laschet seines weiteren Aufstiegs | |
noch keinesfalls sicher sein. Zwar ist Laschet CDU-Landeschef und | |
Vorsitzender der Landtagsfraktion. Doch in Nordrhein-Westfalen regiert | |
SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Trotz seiner Ämter ist Laschet | |
innerparteilich schwach. Besonders im konservativen Flügel gilt er als | |
Notbesetzung, wird als „Lusche Laschet“ verspottet. Weil er zuvor außerdem | |
erster Integrationsminister des Landes war, nennen ihn die, die gegen | |
„Multikulti“ sind, gern [6][„Türken-Armin“]. | |
Der damals vielen zu liberale, zu grüne Laschet wirbt um Liminski. Die | |
Personalie ist ein Signal an die Konservativen und die christlichen | |
Fundamentalist:innen seiner Partei. Als Ministerpräsident wird | |
Laschet diese Form der Personalpolitik zu seinem Markenzeichen machen, in | |
seiner Regierung ist für alle parteiinternen Strömungen Platz. Erst nach | |
zähen Gesprächen kann Laschet Liminski 2014 nach Düsseldorf locken. Vom Amt | |
des Regierungschefs noch mehr als drei Jahre entfernt, macht Laschet den 24 | |
Jahre Jüngeren zu seinem Fraktionsgeschäftsführer. | |
Und der liefert. Der Aktenfresser Liminski, von schneller Auffassungsgabe | |
und blitzgescheit, habe den oft unstrukturiert, chaotisch wirkenden Laschet | |
organisiert und ihm eine Kampagne gezimmert, heißt es noch heute bewundernd | |
aus Parlamentskreisen: Die Kampagne prangert die Unsichtbarkeit der Polizei | |
bei den sexuellen Übergriffen auf Frauen in der [7][Kölner Silvesternacht | |
2015] ebenso an wie die Dauerstaus auf den Autobahnen. Auch die Integration | |
von Kindern mit Handicap in Regelschulen, die die grüne Schulministerin | |
Sylvia Löhrmann vorantreibt, wird zum angstbesetzten Thema. Entgegen allen | |
Erwartungen wird Laschet von Liminskis Kampagne in die Staatskanzlei | |
getragen. | |
Heute sitzt Liminski, verheiratet und mittlerweile selbst Vater von vier | |
Kindern, regelmäßig bis spät in den Abend an seinem Schreibtisch in der | |
Staatskanzlei. Doch nach außen dringt nichts. Seit 2009 vermeidet er jede | |
eigene inhaltliche Festlegung. Auch in der nordrhein-westfälischen | |
Öffentlichkeit ist Liminski kaum bekannt. „Er arbeitet geräuschlos“, sagt | |
die Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel fast bewundernd, | |
selbst Teil des rechten Flügels der CDU-Fraktion und lebensschutznah. | |
Als „seriös, ordentlich und anständig“ beschreibt Pantel Liminski, | |
kommunikativ und ergebnisorientiert: „Er stellt die Weichen und hat seinen | |
Laden im Griff.“ Dass Laschets schwarz-gelbe Regierung mit der FDP trotz | |
knappster Mehrheit von nur einer Stimme weitgehend reibungslos arbeite, sei | |
auch und vor allem sein Verdienst. | |
## Papsttreue als Jugendsünde? | |
Zwar ist Liminski selbst immer in der Nähe des Ministerpräsidenten – doch | |
in den Medien präsent sein soll Laschet. Zitieren lässt sich Liminski kaum, | |
und wenn, dann mit Ergebenheitsadressen. „Die Gegensätze“, die zwischen | |
ihm, dem tiefgläubigen Konservativen, und dem lange als Wegbereiter von | |
Schwarz-Grün geltenden Laschet aufgebaut würden, „erleben wir beide, glaube | |
ich, im Alltag nicht so“, versicherte er bei einem seltenen Interview dem | |
Deutschlandfunk. „Er ist der Chef. Er entscheidet.“ Aus einem Telefonat mit | |
der taz, für das sich Liminski zwei Stunden Zeit nimmt, darf kein einziges | |
Wort zitiert werden – nur unter dieser Bedingung stimmt Liminski dem | |
Gespräch zu. | |
Selbst bei Gremiensitzungen der CDU schweigt Laschets engster Mann | |
auffallend oft. Dabei war Liminski lange Chefredakteur der Entscheidung, | |
des Magazins der Jungen Union. In der Partei ist er deshalb bestens | |
verdrahtet. „Er hört mit maximaler Aufmerksamkeit zu, registriert alles, | |
sagt aber kaum etwas“, so ein Parteifreund. | |
Doch Christdemokraten, die Laschet nahe stehen, wissen um die Gefahr, dass | |
Liminskis einst zur Schau gestellte Fundamentalpositionen auch Stimmen bei | |
liberalen, großstädtischen Wählerinnen und Wählern kosten können. Die | |
Papsttreue, die Nähe zur Lebensschutzszene seien Jugendsünden, wird im | |
Hintergrund beschwichtigt. | |
Und latent homophob könne der Staatskanzleichef gar nicht sein – | |
schließlich verstehe er sich bestens mit Bundesgesundheitsminister Jens | |
Spahn. Zitieren lassen wollen sich allerdings die wenigsten. Liminski, der | |
„riesigen Einfluss“ auf Laschet habe, gilt als Machtmensch, dessen | |
Missfallen CDU-Landtagsabgeordneten „Schweißperlen auf die Stirn“ treiben | |
könne. | |
Einer jedoch, der offen redet, bewegt sich jenseits des Systems | |
gegenseitiger Abhängigkeiten in NRW: CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Bei | |
der Jungen Union lernten sich die Gleichaltrigen kennen, die heute auch | |
persönlich eng befreundet sind. Und wohl aus beiden Gründen will Ziemiak | |
Liminski den Rücken stärken. | |
Ziemiak, ebenfalls schnelle Karriere, ebenfalls religiös und einst Mitglied | |
katholischer Studentenverbindungen, ist Pate einer Tochter Liminskis. Er | |
gerät ins Schwärmen, wenn er von Liminski spricht: Unglaublich humorvoll, | |
immer fair, absolut loyal sei der. Gläubig und mit „klaren Werten und | |
Überzeugungen“ – ein Ideologe aber keineswegs. | |
Den Rückzug aus der Öffentlichkeit beschreibt Ziemiak nicht als taktisch | |
motiviert, sondern als Ausdruck von Professionalität: Es sei Liminskis | |
Aufgabe, die Staatskanzlei im Sinne des Ministerpräsidenten zu führen. | |
„Nathanael Liminski weist auf vieles hin, sieht Probleme, behebt sie“, sagt | |
Ziemiak. Er sei grundsätzlich in der Lage, „viele politische Ämter“ | |
auszuüben. Im Klartext heißt das: Natürlich hält Paul Ziemiak seinen Freund | |
für geeignet, jedes Ministerium zu leiten. Genau wie das Kanzleramt. Und da | |
braucht ihn Armin Laschet. | |
Für den rechten Flügel der CDU ist Liminski ein Mann der Zukunft: smart, | |
umgänglich, kompromissfähig, aber doch zweifelsfrei im Lebensschutz und dem | |
christlich-konservativen Wertefundament verwurzelt. Wichtig ist | |
allerdings, ihn auch der breiten Öffentlichkeit schmackhaft zu machen – und | |
die allzu radikalen Aussagen glatt zu bügeln, die Liminski in jüngeren | |
Jahren so unverblümt propagierte. | |
Dass Liminski längst die Berliner Machtzentrale im Blick hat, bezweifelt in | |
Düsseldorf niemand. Als CDU-Chef habe Armin Laschet nun mal den ersten | |
Zugriff auf die Kanzlerkandidatur, finden seine Parteifreunde. Markus Söder | |
werde einsehen, dass er als bayerischer Christsozialer bundesweit | |
schlechter vermittelbar sei als der Rheinländer. Und auf Liminski könne | |
Laschet nicht verzichten: Nirgendwo könne der ihm besser dienen als im | |
Kanzleramt. | |
## Familie spielt zentrale Rolle | |
Verhindern könnte das nur noch ein Image als „katholisches Monster“, das | |
wohl kaum jemand so fürchtet wie Liminski selbst. Möglich, dass dieses Bild | |
aus heutiger Perspektive tatsächlich überzeichnet ist. Doch offensiv | |
emanzipiert vom Wertefundament der Eltern hat sich Liminski nicht: „Familie | |
spielt die zentrale Rolle“, sagt sein Freund Ziemiak. „Das ist der | |
Mittelpunkt seines Handelns, Denkens und Fühlens.“ | |
Zu seinen Eltern habe er nach wie vor ein enges Verhältnis. Ganz besonders | |
aber gelte das für seine Frau Hanna, eine Wirtschaftspsychologin, und die | |
vier Kinder. Natürlich, sagt Ziemiak, könne Liminski seine Lebenswelt von | |
der Politik trennen. „Aber ihn treibt die Frage um, was möglich ist, um | |
bessere Bedingungen für Familien zu schaffen.“ Und das wiederum kann auch | |
als Signal in die Szene derjenigen verstanden werden, die für | |
„Elternrechte“ und den sogenannten Lebensschutz kämpfen. | |
Was all das für Schwarz-Grün im Bund bedeutet? Auf den Paragrafen 219a, | |
dessen Abschaffung die Union verhinderte, will der Generalsekretär nicht | |
weiter eingehen – schon gar nicht in Verbindung mit Liminski. Die Grünen | |
ihrerseits halten die damalige Reform des Paragrafen für gescheitert. Fiele | |
eine neuerliche Reform oder Abschaffung bei einer möglichen Koalition mit | |
der Union unter den Tisch, wäre ihre Glaubwürdigkeit innerhalb der | |
frauenpolitischen Szene massiv geschwächt. | |
Armin Laschet selbst war als Landespolitiker bisher vorsichtig genug, das | |
sensible Thema Schwangerschaftsabbruch nicht anzusprechen. Bei | |
Koalitionsverhandlungen wird er es als CDU-Bundeschef nicht vermeiden | |
können. Wie Liminski ist auch Laschet tief im Katholizismus verwurzelt. | |
Schon bei der Frage, ob Gottesdienste wegen der Pandemie verboten werden | |
dürften, vermied Laschet jeden direkten staatlichen Eingriff und setzte auf | |
das Einsehen der Religionsgemeinschaften. | |
Für schwarz-grüne Bruchstellen im Bereich der Gesellschaftspolitik, also | |
etwa auch bei der Gleichstellung von homosexuellen Paaren, bedeutet das: | |
Einfach würden die Verhandlungen ohnehin nicht. Wie konservativ die Union | |
aber wirklich ist, dürfte sich dann zeigen, wenn der Schreibtisch Nathanael | |
Liminskis tatsächlich im Kanzleramt stehen sollte. | |
1 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=N3Wb6D1tLtU | |
[2] /Kanzlerkandidatur-in-der-Union/!5739922 | |
[3] https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/cdu-chef-armin-laschet-wirft… | |
[4] https://www.initiative-pontifex.de/ | |
[5] /Marsch-fuer-das-Leben-2019/!5748399 | |
[6] /CDU-Kandidat-Armin-Laschet/!5666729 | |
[7] /5-Jahre-Koelner-Silvesternacht/!5734263 | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
Andreas Wyputta | |
## TAGS | |
Armin Laschet | |
Nordrhein-Westfalen | |
Konservative | |
CDU | |
IG | |
Nordrhein-Westfalen-Wahl 2022 | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Kolumne Flimmern und Rauschen | |
Wahlkampf | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Armin Laschet | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Regierungsbildung in NRW: Hardliner wird nicht Schulminister | |
NRW-Regierungschef Wüst präsentiert sein schwarz-grünes Kabinett. Der | |
ultra-konservative Liminski bleibt Chef der Staatskanzlei. | |
Thomas de Maizière über Konservatismus: „Eher Haltung als Position“ | |
Hat die Union kein konservatives Profil mehr? Doch, sagt Ex-Minister Thomas | |
de Maizière. Es gehe um Verlässlichkeit und die Integration vieler | |
Strömungen. | |
Beschluss des Landtags NRW: Fragwürdiger Verband im Rundfunkrat | |
Der Verband kinderreicher Familien Deutschland soll im WDR-Rundfunkrat mit | |
aufpassen. Doch das Gedankengut einiger Mitglieder sorgt für Zoff. | |
SPD veröffentlicht Wahlprogramm: Etwas grüner, etwas linker | |
Die SPD setzt in ihrem Programm für die Bundestagswahl aufs Tempolimit, ein | |
klimaneutrales Deutschland bis 2050 – und den Abschied von Hartz IV. | |
Kanzlerkandidatur der Union: Luftikus Laschet | |
Der CDU-Chef wirbt um die wachsende Zahl der Lockdown-Gegner:innen. Die | |
Vorstellung, er könnte im Herbst Bundeskanzler werden, beunruhigt. | |
Armin Laschet und Corona: Der Anti-Politiker | |
Bei den Volten des CDU-Chefs in Sachen Corona kommt man kaum noch mit. | |
Gerade gibt Laschet den Populisten, der auf die Politik schimpft. | |
Laschets erste Rede als CDU-Parteichef: Plötzlich Merz-Fan | |
Laschet spielt auf dem Parteitag in Baden-Württemberg die Rolle des | |
Wirtschaftsliberalen, als wollte er sagen: Seht her, ich bin wie Merz, nur | |
netter. |