# taz.de -- Strukturwandel in Weißenfels: Das Pirmasens des Ostens | |
> Weißenfels war zu DDR-Zeiten eine Hochburg der Schuhproduktion. Heute | |
> leidet es wie so viele mittlere Städte unter dem Strukturwandel. | |
Bild: Festes Schuhwerk ist immer noch wichtig in der Fußgängerzone von Weiße… | |
Berlin taz | Ein Erbe kann sehr mächtig sein. In Weißenfels sah das Erbe so | |
aus: Brachen, Ruinen, Trostlosigkeit. Es war das Erbe, [1][das die DDR] der | |
jahrhundertealten Stadt in Sachsen-Anhalt hinterlassen hat. Dieses Erbe | |
hatte zur Folge, dass nach dem Mauerfall viele Menschen die Stadt an der | |
Saale gegen Sehnsuchtsorte vor allem im Westen eintauschten. In nur sechs | |
Jahren verlor Weißenfels ein Viertel seiner Einwohner:innen. | |
Und es verlor sein Alleinstellungsmerkmal: die Schuhproduktion. Zu | |
Hochzeiten beschäftigte der Volkseigene Betrieb, der VEB Banner des | |
Friedens, rund 5.000 Männer und Frauen. Am Fließband und im Schichtbetrieb, | |
inklusive Nachtarbeit, produzierten sie Sandaletten, Stiefel, Herrenschuhe | |
für die Republik. Vom Weißenfelser Hauptstandort aus koordinierte die | |
Betriebsleitung zusätzlich etwa 35 Niederlassungen. 1992 machte der Betrieb | |
allerdings dicht. Heute wirbt die Panther Schuh Manufaktur in Weißenfels | |
als „das gallische Dorf im globalen Schuhmarkt“ für orthopädische und | |
Barfußschuhe sowie Sonderanfertigungen. | |
Das macht Weißenfels, wenn man so will, zum Pirmasens des Ostens. Auch die | |
einstige Schuhmetropole in Rheinland-Pfalz verlor ihren Standortvorteil | |
durch die Produktion des podologischen Kulturgutes. Von den rund 300 | |
Schuhfirmen in den 1960er Jahren überlebten bis heute etwa 30. | |
Aber Pirmasens und Weißenfels schüttelten ihr Erbe ab und erfanden sich | |
neu: als Tourismusorte. Pirmasens ist der beste Ort zum Ballonfahren und | |
Wandern mit Eseln, in Weißenfels feiert man zu normalen Zeiten das Heinrich | |
Schütz Musikfest, eines der wichtigsten Klassikevents in der Republik. Der | |
wohl berühmteste Komponist des Frühbarocks hat in Weißenfels seine Kindheit | |
verbracht; das Schütz-Haus, in dem der Musiker bis zu seinem Tod lebte, ist | |
heute ein Museum. | |
## Mit viel Glück | |
Ballonfahren und Musikfest sind pandemiebedingt derzeit ausgesetzt. Aber in | |
Weißenfels gibt es noch das Schloss, das Novalis-Haus, die Marienkirche. | |
Alles von außen und jederzeit zu besichtigen. | |
Mit viel Glück bleibt der Besuch verschont von den Gerüchen des | |
Schlachthofs am Stadtrand. Nach der Wende siedelte sich in Weißenfels der | |
Fleischproduzent Tönnies an. | |
Anfangs wurden dort täglich ein paar Hundert Schweine geschlachtet. Doch | |
Tönnies, der wegen schlechter Arbeitsbedingungen und wegen hoher | |
Corona-Infektionszahlen gerade viel schlechte Presse hat, baute seine | |
Kapazitäten aus: zunächst auf 8.000 geschlachtete Schweine täglich, bald | |
waren es 20.000. Die Schnitzel werden sicher auch in Pirmasens gegessen. | |
14 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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