Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Fußball-Großklubs in Rheinland-Pfalz: Tradition schießt keine To…
> Der glorreiche FC Kaiserslautern steht samt Stadion am Abgrund. Und Mainz
> will in der Männer-Bundesliga zurück in die Zukunft.
Bild: Zu Tränen gerührt: Jürgen Klopp und seine Mannschaft von Mainz 05 habe…
Vielleicht sollte eine Geschichte über die beiden wichtigsten Fußballklubs
in Rheinland-Pfalz mit der Geschichte von André Schürrle beginnen. Schürrle
ist 2014 mit Deutschland bei der Männer-WM Weltmeister in Rio geworden, er
[1][hat die Flanke im Endspiel gegen Argentinien zum Siegtor] von Mario
Götze geschlagen. Als der junge Schürrle 2006 mit 15 Jahren seinen
Heimatklub Ludwigshafener SC verließ, bedeutete die Wahl seines neuen
Vereins eine Zäsur in der Hierarchie des rheinland-pfälzischen Fußballs.
Dass der Weg eines Talents aus Ludwigshafen nicht zum 1. FC Kaiserslautern
führe, sondern zum FSV Mainz 05, war bis zu diesem Zeitpunkt undenkbar. In
Schürrles Geburtsjahr 1990 kickte Mainz 05 noch vor dreitausend Zuschauern
in der zweiten Liga, der 1. FC Kaiserslautern gewann ein Jahr später seine
dritte von vier Deutschen Meisterschaften.
Die A-Junioren der Mainzer verloren gegen den FCK noch in den neunziger
Jahren schon mal mit 0:8 in der damaligen Südwestliga, was unterstreicht,
was für eine Entwicklung die Mainzer genommen haben. 2006 ist der FCK in
die zweite Liga abgestiegen, während ein gewisser Jürgen Klopp als Trainer
mit Mainz 05 gerade in die dritte Saison in der Männer-Bundesliga ging.
Vor der Wahl in Rheinland-Pfalz am 14. März kickt der FCK in der dritten
Liga der Männer ums nackte Überleben. Der Niedergang des stolzen 1. FC
Kaiserslautern dauert an, aber es ringt neben dem FCK auch der FSV Mainz 05
um den Klassenerhalt. Allerdings in der ersten Liga. Und beide
rheinland-pfälzischen Klubs suchen ihre Identität und ihren Platz.
## Nach der Meisterschaft auf Talfahrt
Der FCK schlitterte mit dem Gewinn der letzten Meisterschaft im Jahr 1998
[2][in eine Talfahrt, von der immer noch nicht klar ist, ob sie schon
vorbei ist]. Platz 16 in Liga drei mit nur zwei Pünktchen Vorsprung auf den
ersten Abstiegsplatz dokumentiert die heikle sportliche Lage. Die Pfälzer
Fanseele kann diese Demütigung kaum fassen. Dabei ist sie hausgemacht und
selbstverschuldet. Im Erfolg ist die Gefahr, Fehler zu machen, am größten.
Augenhöhe mit dem FC Bayern war der Anspruch nach dem Titel von 98 unter
Otto Rehhagel. Heute wäre der FCK froh, er gewänne sein Heimspiel gegen die
Zweite Mannschaft des Rekordmeisters.
Der Betzenberg war bis Anfang des Jahrtausends ein Sehnsuchtsort für
Fußballromantiker und ein Angstort für Gästeteams. Der Klub war und ist
bis heute stolz auf seine Geschichte. Fünf Lauterer um Fritz Walter
schrieben Sportgeschichte als Teil der deutschen Herren-Nationalmannschaft,
die 1954 den WM-Titel gewann. FCK-Helden waren jahrzehntelang immer wieder
auch deutsche Fußballhelden, Fritz Walter, Hans-Peter Briegel, Stefan Kuntz
oder Miro Klose – alles Lautrer Buwe.
## Stadion als Ausdruck des Niedergangs
Das Stadion thronte auf dem Betzenberg über der Stadt als Symbol stolzer
Provinz, die Metropolen trotzt. Heute ist das für die WM 2006 aufgemotzte
Stadion steingewordener Ausdruck des Niedergangs. Fast 50. 000 Menschen
passen in dieser 100.000-Einwohner-Stadt hinein, und es hätte die
Geisterspiele der Coronavirus-Pandemie nicht gebraucht, um die Tristesse
bei Spielen in Liga drei zu bebildern.
2003 wurde das Fritz-Walter-Stadion in eine städtische Stadiongesellschaft
überführt, um den damals schon finanziell angeschlagenen FCK zu retten.
[3][Seither ist der FCK fast zu Tode gerettet worden.] Um das Überleben des
Klubs zu sichern,kassiert die Stadt seit Jahren nur noch einen Bruchteil
der vereinbarten Stadionpacht. Die Stadt würde das Stadion am liebsten
loswerden, das Land duckt sich weg, der Steuerzahler zahlt. Ein
„Schmuckkästchen“ hätte es werden sollen, als der FCK noch gegen Real
Madrid und den FC Barcelona spielte. Heute ist das ausgebaute Stadion nur
noch ein viel zu schwerer Klotz am Bein eines Vereins am Abgrund.
## Die Ansprüche sind kleinlauter
Den Weg in die Moderne hat dieser Klub mit der großen Geschichte bis heute
nicht gefunden. Zuletzt hatten [4][immer wieder windige Investoren
Interesse angemeldet], beim FCK einzusteigen. Derzeit sichert ein Bündnis
regionaler Unternehmer das finanzielle Überleben von Saison zu Saison. Mehr
aber auch nicht. Es fehlt daran, Erwartungen, die aus den Erfolgen der
Vergangenheit resultieren, und Realismus zusammenzubringen.
Als zu Zweitligazeiten der damalige Vereinsboss Stefan Kuntz den FCK in
einer Vision dauerhaft unter den 25 besten Klubs in Deutschland verorten
wollte, schlug ihm Empörung entgegen. Der FCK gehöre doch zumindest immer
unter die besten 18 des Landes, wenn nicht unter die Top Ten, glaubten
viele. Die Ansprüche in der Pfalz sind heute kleiner, manchmal kleinlauter
geworden. Es bleibt nichts als ein ewiges Hoffen und Bangen – dass die
Politik den FCK nicht fallen lässt.
Näher dran, sich wieder selbst zu finden, sind die Mainzer. Der FSV hat dem
Fußball die Trainer Jürgen Klopp und Thomas Tuchel geschenkt. Beide gehören
längst zu den großen Namen in Europa, Klopp trainiert den FC Liverpool,
Tuchel den FC Chelsea in der Premier League. Und in Mainz sind sie stolz,
dass ihr Klub immer auch mitgedacht wird, wenn von diesen beiden Trainern
in der großen Fußballwelt gesprochen wird.
Klopp und Tuchel haben ihren Mainzer Mannschaften einen unverkennbaren,
trendsetzenden Fußballstil antrainiert, während Nullfünf sich als bunter
Karnevalsverein neben smarten Start-ups wie Hoffenheim und RB Leipzig in
der Männer-Bundesliga etablierte.
## Schon länger Zuschauerrückgang
Aber das heile Weltbild des etwas anderen Klubs, das sich über starke
Trainer, aggressiven Fußball und nahbare Vereinsbosse definierte, hat Risse
bekommen, nachdem vor fünf Jahren bekannt wurde, [5][dass der langjährige
Vereinsboss Harald Strutz im Ehrenamt sehr viel Geld bekam], ohne dass die
Mitglieder das wussten.
Der Klub taumelte von einer Führungskrise in die nächste und wurde in der
Wahrnehmung ein ganz normaler Traditionsverein mit Potenzial zur
Selbstzerstörung. Die Zuschauer kamen nicht mehr in der erwarteten Zahl in
die 2011 stolz eingeweihte neue Arena mit 34.000 Plätzen. Bei einem Abstieg
in die zweite Liga wäre sie wohl höchstens nur noch halbvoll, schon länger
begleitet Nullfünf ein Zuschauerrückgang.
## Fußballfans sind keine Wechselwähler
Vom Niedergang des FCK konnte Mainz nicht profitieren, die Pfalz und
Rheinhessen sind zwei Welten im ziemlich heterogenen Bundesland
Rheinland-Pfalz. Und Fußballfans sind keine Wechselwähler. Auch Mainz 05
muss sich neu erfinden. Und seit ein paar Wochen heißt es beim FSV: Zurück
zu den Wurzeln. [6][Christian Heidel führt wieder Regie] bei Nullfünf. Der
Manager war 24 Jahre für den Aufstieg des Klubs verantwortlich. Als erste
Amtshandlung holte er nun den ehemaligen Nullfünf-Trainer Martin Schmidt
als Sportdirektor und den ehemaligen Nullfünf-Spieler Bo Svensson als
Trainer.
Der Däne kickte unter Klopp und Tuchel und steht für deren Art des
trotzigen Vorwärtsverteidigungsfußballs, der Mainz groß gemacht hat. Das
klingt nach einer Rückbesinnung auf den Kern des Vereins, auf das Spiel und
den Sport. Aber Tradition alleine, das wissen sie in Kaiserslautern am
besten, schießt keine Tore.
6 Mar 2021
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=7kcoaZGjzAs
[2] /Vom-Niedergang-alter-Fussballmaechte/!5693266
[3] /Krise-beim-1-FC-Kaiserslautern/!5488149
[4] /Politische-Oekonomie-des-Fussballs/!5695249
[5] https://www.spiegel.de/sport/fussball/1-fsv-mainz-05-und-praesident-harald-…
[6] /Mainz-05-holt-Manager-Heidel-zurueck/!5735552
## AUTOREN
Tobias Schächter
## TAGS
Fußball
1. FC Kaiserslautern
Fußball-Bundesliga
Jürgen Klopp
FSV Mainz 05
Schwerpunkt Landtagswahl in Rheinland-Pfalz
Fußball
Fußball
Fußball
Schwerpunkt Landtagswahl in Rheinland-Pfalz
Schwerpunkt Landtagswahl in Rheinland-Pfalz
Schwerpunkt Landtagswahl in Rheinland-Pfalz
Schwerpunkt Landtagswahl in Rheinland-Pfalz
FSV Mainz 05
Kolumne Press-Schlag
Kolumne Press-Schlag
## ARTIKEL ZUM THEMA
Halbfinale im DFB-Pokal: Risiko im Schlamm
Drittligist Saarbrücken spielt gegen Kaiserslautern um den Finaleinzug. Es
wird übers Wetter geredet und über den Hass der verfeindeten Fanszenen.
Saisonauftakt in der zweiten Bundesliga: Der Kampf ist eröffnet
Der Betzenberg kocht wieder zweitklassig und Lautern gewinnt. Hannover
zeigt phasenweise, dass man es dieses Jahr mal mit Fußball probieren
möchte.
Erfolgsserie von Bundesligist Mainz: Und es ward Licht
Vor einem Jahr war Mainz 05 belächelter Abstiegskandidat. Unter Trainer Bo
Svensson entwickelte sich das Team zu einer starken Truppe.
Strukturwandel in Weißenfels: Das Pirmasens des Ostens
Weißenfels war zu DDR-Zeiten eine Hochburg der Schuhproduktion. Heute
leidet es wie so viele mittlere Städte unter dem Strukturwandel.
Rheinland-Pfalz und Weinanbau: Edeltropfen im Landeswappen
In Rheinland-Pfalz wird ein Großteil des deutschen Weins angebaut. Mal wird
kultiviert genossen, mal einfach nur gesoffen. Besser geworden ist er.
Strukturwandel in Rheinland-Pfalz: Die Tücken der Topografie
Die Kleinstadt Pirmasens musste einen beispiellosen Niedergang durchmachen.
Bürgermeister Markus Zwick sieht grünes Licht am Ende des Tunnels.
Landtagskandidat in Rheinland-Pfalz: Schnell die Welt retten
Ein 20-Jähriger hat es ganz besonders eilig. Maurice Conrad will für die
Klimaliste in den Mainzer Landtag einziehen.
Mainz 05 holt Manager Heidel zurück: Neustart mit alter DNA
Mainz 05 will in großer Not mit der Verpflichtung der alten Fahrensmänner
Christian Heidel und Martin Schmidt wieder an frühere Erfolge anknüpfen.
Neue Dialogform beim 1. FSV Mainz 05: Fans sollen wieder motzen dürfen
In Mainz diskutieren Fußballanhänger mit dem Trainer. Vorbildlich! Die
Coronakrise eröffnet Chancen für eine neue Kommunikation.
Politische Ökonomie des Fußballs: Gut aufgestellt vom Investor
Beim 1. FC Kaiserslautern will der potenzielle Geldgeber dem Trainer
reinreden. Er zeigt, wie man auch in der Dritten Liga Geschäfte machen
kann.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.