# taz.de -- Halbfinale im DFB-Pokal: Risiko im Schlamm | |
> Drittligist Saarbrücken spielt gegen Kaiserslautern um den Finaleinzug. | |
> Es wird übers Wetter geredet und über den Hass der verfeindeten | |
> Fanszenen. | |
Bild: Rasenpflege beim 1. FC Saarbrücken: Bjarne Thoelke während des Viertelf… | |
SAARBRÜCKEN taz | Regen im Saarland! Was andernorts höchstens dazu führt, | |
dass der gemeine Fußballfan für den Besuch des nächsten Heimspiels schon | |
mal die Regenjacke einplant, löst im Fall des 1. FC Saarbrücken bei | |
Onlinemedien und den übertragenden Fernsehsendern Schnappatmung aus: Kann | |
das DFB-Pokalhalbfinale am Dienstag [1][gegen Kaiserslautern] stattfinden? | |
Muss wieder abgesagt werden? Droht die nächste Schlammschlacht? Viel Lärm | |
um nichts? Nun ja, der Rasen im Ludwigspark verträgt halt keinen Regen. | |
Weil er der wohl einzige im bezahlten Fußball ist, der ohne Drainage | |
auskommen muss. Dafür hatte die Stadt als Eigentümerin des Stadions nun | |
wirklich kein Geld mehr, wie auch für die zwei Tribünenbereiche auf der | |
Gegengerade, die stets abgedeckt werden, unter denen das Unkraut wächst und | |
die im Volksmund längst „Kuhweide“ heißen. | |
Irgendwann war beim Stadionumbau das Geld aus, kostete die Verkleinerung | |
von 36.000 auf 16.000 Zuschauer statt 16 dann doch 47 Millionen Euro – und | |
das in einem Bundesland, das im Länderfinanzausgleich eher nicht zu den | |
Gebern gehört. Aber keine Drainage für den Rasen? Peinlich, peinlich. | |
Absurd,die Bilder vor dem Viertelfinale gegen Mönchengladbach, als der | |
Platz nur noch aus Schlamm zu bestehen scheint. Während sich der FCS-Keeper | |
beim Warmmachen wacker in den Matsch wirft, warten die Gäste lieber auf die | |
unvermeidliche Absage der Partie. | |
Auch Wochen später beim nächsten Versuch erinnert der Rasen an eine | |
Seenlandschaft. Gespielt wird dennoch, mit dem mittlerweile bekannten | |
Verlauf: Rückstand FCS, Sieg in der Nachspielzeit, Ausnahmezustand in der | |
Stadt. | |
## Spiel gegen den Erzfeind | |
Gar nicht auszudenken, was los sein wird, sollte der Drittligist nach den | |
Bundesligisten [2][FC Bayern], Eintracht Frankfurt und Borussia | |
Mönchengladbach auch noch die Zweitliga-Nachbarn aus der Pfalz aus dem | |
Wettbewerb expedieren. Es wäre der erste FCS-Sieg gegen den FCK seit 1992, | |
als an einem sonnigen Frühherbsttag der US-Sonnyboy Eric Wynalda die | |
Pfälzer um den Saarländer Stefan Kuntz im Alleingang abschoss: 2:0. Dass es | |
auch noch der erste Einzug der Saarländer ins Endspiel um den DFB-Pokal | |
wäre: schön. Aber bedeutender wäre wohl der Sieg gegen den Erzfeind. | |
Die Partie wird kein fröhliches Nachbarschaftsduell, sondern ein | |
Hochrisikospiel, ein Hauen und Stechen, das schon vor dem Anpfiff beginnt, | |
auf dem Weg vom Bahnhof zum Stadion. Gegen die Rivalität der FCS-Fans mit | |
denen des FCK nimmt sich die Feindschaft von Schalkern und Dortmundern | |
harmlos aus. Im Januar vergangenen Jahres nahmen sich die „Tatort“-Macher | |
in Folge 1.224 mit dem Titel „Die Kälte der Erde“ diesem | |
Saar-Pfalz-Szenario an. Im Film gewann der FCS übrigens 2:1. | |
Die tief empfundene Abneigung rührt von der Nazi-Zeit her, als nach der | |
Angliederung des Saarlands 1935 nicht nur der Posten des Gauleiters, | |
sondern auch alle anderen Machtpositionen im Saargebiet mit Pfälzern | |
besetzt wurden. Aus dieser Zeit stammt auch das im Saarland immer noch | |
geflügelte Wort „Uff die Bääm – die Pälzer komme!“ | |
## Unvergessliche Duelle | |
In all den Jahren gab es nur 23 Derbys zwischen den Klubs, 13 Siege für | |
Kaiserslautern, 4 für Saarbrücken, 6 Unentschieden. Im ersten Duell 1948 | |
erzielt ein gewisser Fritz Walter den Führungstreffer, Bruder Ottmar | |
steuert zwei weitere zum 6:0 bei. Der erste FCS-Sieg: 1960, ein 3:0, zwei | |
Treffer von Hans-Dieter Diehl, dessen zehn Jahre jüngerer Namensvetter | |
später für den FCK spielt. | |
Das erste Bundesliga-Match 1963: Lautern gewinnt 4:2 in Saarbrücken, das | |
Rückspiel dominieren die Saarländer: 4:2 auf dem Betzenberg. Erst 1976 | |
sieht man sich wieder: Klaus Toppmöller, der den FCS fast 25 Jahre später | |
in die 2. Liga coachen sollte, macht das einzige Tor, Ronnie Hellström hält | |
seinen Kasten sauber. Das Rückspiel: ein wildes 2:2 nach 0:2-Rückstand, | |
FCS-Held des Tages: Harry Ellbracht, der Mann mit dem schönen Spitznamen | |
Stolper-Harry. | |
1985, wieder in Liga eins: 1:1, beim FCK spielen ein Ex- sowie ein | |
Bald-FCSler: Andreas Brehme und Wolfram Wuttke. 1993 trifft man sich zum | |
bislang letzten Mal in der Bundesliga, 1997 dann nochmal im Pokal: [3][Der | |
spätere deutsche Meister FCK] gewinnt 4:0, mit Ciriaco Sforza, Olaf | |
Marschall und Vokuhila-Legende Harry Koch. Die nächsten Wiedersehen lassen | |
auf sich warten: vier Spiele in Liga drei, eins davon vor 47.000 Zuschauer | |
auf dem Betze, ein Hochrisikospiel, klar. | |
Gut möglich, dass man sich bald öfter sieht: Der FCS wird auch in dieser | |
Saison den Aufstieg in Liga zwei verpassen, wo es für den FCK mit Rang 16 | |
gerade nicht gut aussieht. Die Saarländer werden sich nach Saisonende dank | |
der im Pokal durch TV-Übertragungen eingenommenen 6,6 Millionen Euro plus | |
Zuschauereinnahmen endlich eine Drainage leisten. Bis dahin darf es gerne | |
regnen: Schlammschlacht kann der FCS. | |
1 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Thomas Becker | |
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