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# taz.de -- Neue Dialogform beim 1. FSV Mainz 05: Fans sollen wieder motzen dü…
> In Mainz diskutieren Fußballanhänger mit dem Trainer. Vorbildlich! Die
> Coronakrise eröffnet Chancen für eine neue Kommunikation.
Bild: Auf Augenhöhe: Fan redet mit Zeigefinger auf FSV-Trainer Jan-Moritz Lich…
Das passiert nicht alle Tage in der Bundesliga: Nach der 0:1-Niederlage
gegen Bayer Leverkusen lieferte sich Jan-Moritz Lichte, vorübergehend
beförderter Trainer bei Mainz 05, einen erregten Wortwechsel mit einem Fan
und kommentierte anschließend auf der Pressekonferenz: [1][„Ich hatte das
Gefühl, dass wir darüber sprechen müssen.“]
Die Zuschauer, das waren an diesem Samstagnachmittag 250 an der Zahl.
Einigermaßen überschaubar, was sich unter den gebotenen Hygienemaßnahmen in
der Mainzer Arena eingefunden hat.
Woran Jan-Moritz Lichte nach diesem ersten Heimspiel als neuer
Interimstrainer gemessen wird, ist sicherlich die sportliche Leistung
seiner Mannschaft, die in einer bemerkenswert vertrackten Krise steckt. Was
jedoch nicht mit Strategien und Personalumstellung zu bewerkstelligen ist,
ist die emotionale Bindung eines Fußballvereins zu seinen Fans.
War nicht zuletzt der gemeine Anhänger auf eine harte Probe gestellt.
Beginnend mit der Unterbrechung der Liga im März und einigen fragwürdigen
Finanzentscheidungen wie etwa bei Schalke, machte sich auch die Sorge
breit, eine frühe Rückkehr zum Spielbetrieb könne die Liga gänzlich zum
Implodieren bringen.
## Große Kluft
Mittlerweile ist der Weg für eine neue Normalität geebnet und, je nach Lage
und Umstand einer Partie, dürfen mitunter wieder mehrere 1.000 Fans in die
Stadien. Gäbe es eine Zeit, in der Verantwortliche das immer tiefer
klaffende Tal zwischen Anhängern und Verein überbrücken könnten, wäre sie
jetzt.
„Wir müssen noch 20 Minuten mit der Pressekonferenz warten, der Trainer
spricht zuerst mit den Fans.“
Was im Amateurfußball noch gelebt wird, bekommt in den hohen Sphären der
Millionenliga kaum mehr Aufmerksamkeit. In einem vollen Stadion lässt sich
die Stimmung unter Pfiffen, Jubel oder sonstiger Spielbegleitung gar nicht
ausklammern. Wellen der Euphorie und Empörung, dazwischen beruhigendes
Raunen. [2][Wo sich jetzt der Klangteppich auf einige hundert Fans
reduziert], sehen sich die Verantwortlichen auf dem Platz einer fast
direkten Meinungsäußerung gegenüber.
Sicherlich möchte man nicht jedem Wutausbruch den Raum geben, sich in
seiner ganzen Arroganz zu entfalten, schließlich wissen es Fans oftmals
besser als der Spieler selbst, dem nach sieben gelaufenen Kilometern in
einer Spielsituation vielleicht der ganz große Überblick fehlte. Aber wenn
man noch träumen darf, ist doch ein erster Schritt in Wiedergutmachung
getan, fände zur Abwechslung mal eine direkte Interaktion zwischen
Mannschaft und Zuschauern statt. Wenn möglich nach dem Spiel.
Selbstverständlich gilt auch hier Etikette. Auf blinde Wut reagiert man
bestenfalls gar nicht. Aber so ein Verein mit seinen Anhängern darf auch
nicht vergessen, dass auch denen vieles abverlangt wurde in diesem
laufenden Fußballjahr. Mit der gebremsten Rückkehr in die Stadien holt sich
der zuletzt ohnmächtige Zuschauer ein Erlebnis zurück, dass es außerhalb
dieser Ränge nicht zu ersetzen gibt. Nie hatte die Fußballelite eine derart
realistische Chance, neue Impulse zu setzen, vor allem in der
Kommunikation. Und wenn sie nicht durchprofessionalisiert und gedrosselt
auf Pressekonferenzen stattfindet, irren lauwarme Gags durch
Social-Media-Kanäle.
Das alles ließe sich mit der direkt an die Fans gerichteten Frage umgehen:
Na, wie schätzt ihr das ein? Ein zugegeben unrealistisches Szenario. Aber
wenn der Trainer eines gebeutelten Bundesligisten von einem
„Meinungsaustausch“ mit den Anhängern spricht, klingt das nach Augenhöhe
und Respekt und hat das Potenzial für eine Vorbildfunktion. Letztlich meint
Jan-Moritz Lichte nicht nur sich und seine Mannschaft, wenn er resümiert:
„Ich glaube, wir müssen es gemeinsam schaffen.“
18 Oct 2020
## LINKS
[1] https://www.sportschau.de/fussball/bundesliga/video-lichte-nach-fan-disput-…
[2] /Buch-Crowds-zu-Fussball-im-Stadion/!5707713
## AUTOREN
Jenni Wulfhekel
## TAGS
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