# taz.de -- Landtagskandidat in Rheinland-Pfalz: Schnell die Welt retten | |
> Ein 20-Jähriger hat es ganz besonders eilig. Maurice Conrad will für die | |
> Klimaliste in den Mainzer Landtag einziehen. | |
Bild: Engagiert fürs Klima, nicht nur in Rheinland-Pfalz: Maurice Conrad | |
Ein Lkw donnert vorbei. „Aber ist das denn überhaupt finanzierbar?“, | |
schreit die Deutschlandfunk-Korrespondentin in ihr Aufnahmegerät. Maurice | |
Conrad schreit zurück: „Schauen Sie, mit wie viel Geld wir den Autoverkehr | |
subventionieren!“ Dann zückt er eine Schere, knipst den überstehenden | |
Kabelbinder ab und schreitet zur nächsten Laterne, ein weiteres Plakat | |
anbringend. | |
Conrad, klein, schwarze, lockdownbedingt lange Haare, hat mit einigen | |
Freunden die Klimaliste Rheinland-Pfalz gegründet, die bei den | |
[1][Landtagswahlen am 14. März] antritt. Das macht den 20-Jährigen zum | |
gefragten Gesprächspartner. „Ist schon ein bisschen Theater manchmal“, sagt | |
er, als die Korrespondentin weg ist, lächelnd. | |
Wahlkampf in Coronazeiten. Conrad lüftet das maskenverschwitzte Gesicht. | |
„Wir haben kaum noch Plakate übrig. Die wenigen heben wir uns für den SWR | |
auf, der kommt nächste Woche“, erklärt Mitstreiterin Greta Waltenberg, 19. | |
Klimaneutralität bis 2030 fordern die beiden, einen rascheren | |
Kohleausstieg, eine radikale Wende in der Umweltpolitik – Gemüse vom Gemüse | |
der Grünen. Die haben reagiert und für ihr neues Grundsatzprogramm die | |
Formulierung übernommen, es sei „notwendig, auf den 1,5-Grad-Pfad zu | |
kommen“. Mit Erfolg: Die Klimaliste im zur selben Zeit wählenden | |
Baden-Württemberg hat sich über der Frage, ob sie den Grünen nicht nur | |
unnötig Stimmen abjagt, gespalten. | |
## Gut vernetzt ist halb gewonnen | |
Wenn Informatikstudent Conrad beim Spaziergang über solche Konflikte | |
spricht, klingt das, als ginge es um ein Computerspiel. „Die Klimaliste ist | |
ein Mittel, um ’ne größere Hebelwirkung auf die Politik zu bekommen, als | |
nur mit Demos“, meint er. Oder: „Wir glauben natürlich, dass wir es in den | |
Landtag schaffen. Das gehört zur Erzählung dazu.“ Conrad ist vertraut mit | |
dem Spiel der Medien: Er rief die Mainzer Gruppe Fridays for Future mit ins | |
Leben, redete bei einer Demonstration in Berlin vor Zehntausenden, | |
studierte für eine kurze Zeit sogar an der Mainzer Schauspielschule. Sein | |
Vater leitete die Sendung „Kulturzeit“; sein Patenonkel ist | |
ZDF-Chefredakteur. | |
Mit seinem Engagement zielt Conrad auf breite Mehrheiten: „Ich will auch | |
die Kinder von CDU-Wählern auf unseren Demos haben.“ Die etablierte linke | |
Protestkultur verhindere das – und gefährde so die Durchsetzung | |
progressiver Inhalte. „Wenn frustrierte Leute Politik machen, wird das | |
immer scheiße.“ | |
Damit positioniert sich Conrad gewissermaßen im Realflügel von „Fridays for | |
Future“. Denn der „Marsch durch die Institutionen“ ist dort in vollem | |
Gange, die ersten Bundestagskandidaturen für die Grünen wurden schon | |
verkündet. Maurice Conrad befürwortet das: „Auf unsere Leute können wir | |
ganz anders einwirken. Und die Bewegung muss parlamentarische Erfahrung | |
sammeln, wenn sie dauerhaft was ändern will.“ Selbst Kapitalismuskritiker | |
bräuchten schließlich einen PR-Berater. Aber ist genau das nicht der letzte | |
Satz des Revoluzzers, bevor er in den Vorstandsposten wechselt? | |
Ungeduldig wirkt Conrad im Gespräch, unterbricht seine Begleiterin | |
Waltenberg oft und spricht so schnell, als sei er der Planet, dem die Zeit | |
davonläuft. Er habe durchaus Angst, vom Erfolg korrumpiert zu werden. | |
„Vielleicht positioniere ich mich deshalb politisch als Outsider.“ Außerdem | |
müsse man sich in etablierten Parteien so lange hocharbeiten. | |
Waltenberg antwortet auf die Frage, ob Conrad mal ein „echter“ Politiker | |
werde: „Eigentlich nicht, glaube ich. Aber wenn sich die Gelegenheit | |
ergibt, konkret etwas zu ändern, dann nimmt er die vielleicht schon wahr.“ | |
Er lächelt wieder. | |
5 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Adrian Schulz | |
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