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# taz.de -- EuGH und Polens Justiz: Die PiS wird’s nicht scheren
> Im Streit um Richterberufungen stärkt der EuGH die Kritiker der
> polnischen Regierung. Aber diese hat längst vorgesorgt, um den EuGH zu
> umgehen.
Bild: EuGH-Urteil: die Richterernennung am Obersten Gericht in Polen soll nach …
Warschau taz | Die „Reform des Gerichtswesens“ in Polen gleicht eher seiner
Demontage. An der Stelle der unabhängigen Justiz, wie sie Polens Verfassung
eigentlich garantiert, [1][entsteht nach und nach eine politische Justiz],
die im Sinne „der Partei“ Recht spricht. Davon sind nicht nur viele
Juristen in Polen überzeugt, sondern auch ein Großteil der
parlamentarischen Opposition und inzwischen auch die Mehrheit der
BürgerInnen Polens.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg kommt mit seinen Urteilen
der Entwicklung in Polen gar nicht hinterher. Am Dienstag forderte das EuGH
in seinem jüngsten Urteil das Oberste Verwaltungsgericht in Warschau auf,
die Richterernennung am Obersten Gericht, also der letzten
Berufungsinstanz, nach EU-Recht zu überprüfen. Sollte es zum Schluss
kommen, dass die von den regierenden Nationalpopulisten in Polen neu
eingeführten Prozeduren gegen EU-Recht verstoßen, solle es in seinem Urteil
diese Prozeduren außer Acht lassen.
Das Problem: inzwischen hat die Partei, [2][die sich wie zum Hohn „Recht
und Gerechtigkeit“ (PiS) nennt], mit ihrer absoluten Stimmenmehrheit im
Sejm entschieden, dem Obersten Verwaltungsgericht in Warschau die
Zuständigkeit bei Richterbesetzungs-Streitfällen abzuerkennen.
Zwar unterstützte der EuGH nun in der Sache die Kritiker, also jene fünf
Richter, die sich 2018 um ihre Karriere am Obersten Gericht betrogen
fühlten, doch in Warschau stehen die Ampeln durch das neue PiS-Gesetz auf
Rot. Zudem hatte die PiS bereits 2019 jeden Protest gegen Entscheidungen
des Neo-Landesjustizrates (KRS) für unzulässig erklärt. Der KRS entscheidet
über Richterbenennungen.
## Der PiS spielt die Zeit in die Hände
Zentral für das Gericht in Luxemburg war das Vertrauen der Staatsbürger zu
den Richtern, die „unabhängig und unparteiisch“ sein sollen. Es überließ
die Entscheidung aber dem Obersten Verwaltungsgericht in Warschau und maßte
sich kein eigenes Urteil an. Dass der PiS die Zeit in die Hände spielt, die
alles daran setzt, bis zu den nächsten Parlamentswahlen alle
Schlüsselstellen im Gerichtswesen mit PiS-treuen Richtern und
Staatsanwälten zu besetzen, spielte bei dem Urteil keine Rolle.
Obwohl die große Kammer des Europäischen Gerichtshofes ihr Urteil ganz im
Sinne der Gewaltenteilung sprach, hilft es doch weder dem polnischen
Gerichtswesen wieder auf die Beine, noch befördert es das Vertrauen der
polnischen BürgerInnen in das europäische Recht.
2 Mar 2021
## LINKS
[1] /Justiz-in-Polen/!5729958
[2] /Polinnen-rebellieren-gegen-Regierung/!5720697
## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Polen
PiS
Justiz
EuGH
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Holocaust
Justiz
EU-Haushalt
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