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# taz.de -- Linken-Politiker über Bundeswehreinsätze: „Das Papier sprengt d…
> Tobias Pflüger will wieder in den Linken-Vorstand gewählt werden. Er
> kritisiert seinen Rivalen Matthias Höhn, der Militäreinsätze befürwortet.
Bild: Die UN-Mission in Mali lehnt die Linke geschlossen ab
taz: Herr Pflüger, wie viel Raum werden Krieg und Frieden auf dem
Linken-Parteitag am Wochenende einnehmen?
Tobias Pflüger: In der klassischen programmatischen Debatte wird der
Themenbereich nicht im Vordergrund stehen. Er wird aber sicherlich über die
Personalentscheidungen eine Rolle spielen.
Wenn es darum geht, ob Matthias Höhn stellvertretender Parteivorsitzender
wird?
Er hat mit seinem Papier versucht, seine Kandidatur mit einer bestimmten
Positionierung zu verbinden. Ich habe eine andere Position und kandidiere
ebenfalls, insofern spielt diese Frage da mit.
Was kritisieren Sie genau [1][an Höhns Positionen]?
Wir haben bei der Linken eine programmatische Festlegung getroffen, die ich
als Korridor beschreiben würde. Es ist durchaus möglich, innerhalb dieses
Korridors verschiedene Positionen zum Militär zu vertreten. Aber dieses
Papier sprengt den Korridor in wesentlichen Bereichen. Er setzt sich zum
Beispiel für militärische Strukturen auf EU-Ebene ein. Das ist ein Punkt,
der nicht geht.
Und was noch?
Zweitens will er – das kenne ich schon aus der Arbeit mit ihm im
Verteidigungsausschuss – vom strikten Nein der Linken zu sämtlichen
Rüstungsprojekten abrücken, obwohl das eine ganz wesentliche Geschichte
ist, die wir als Fraktion umzusetzen haben. Drittens kann er sich
Bundeswehreinsätze vorstellen. Er formuliert nicht genau, welche er meint,
aber es geht ihm wahrscheinlich um Kapitel-VII-Einsätze der UN. Diese
Einsätze lehnen wir auch ab und dabei sollte es selbstverständlich bleiben.
Und viertens: Seinen Vorschlag, ein Prozent des BIP fürs Militär zu
verwenden, finde ich sehr problematisch. In absoluten Zahlen würden die
Militärausgaben damit nur auf das Niveau von vor zehn Jahren zurückgehen.
Ein Prozent des BIP wäre die niedrigste Quote in der Geschichte der
Bundesrepublik. Das ist schon zu viel?
Wir müssen den Etat zusammenstreichen und nicht mit einer Quote eine
Garantie für weiterhin hohe Militärausgaben geben. Im Grundsatzprogramm
haben wir den Ansatz der qualitativen Abrüstung: Die
kriegsführungsfähigsten Einheiten und Waffensysteme wollen wir als erstes
abrüsten, zum Beispiel das Kommando Spezialkräfte. Das finde ich einen
wirklich praktikablen Vorschlag.
Wie hoch wäre ein angemessener Militäretat?
Von meiner Seite aus wird es da logischerweise keinen Positivbezug geben.
Ziel ist eine Abrüstung, die an die Substanz geht.
Kommen wir noch mal zu den Auslandseinsätzen: Matthias Höhn hat im
taz-Interview als Beispiel die UN-Friedensmission im Südsudan genannt. Die
Bundeswehr ist mit bis zu 50 Soldaten vertreten, vor allem in den Stäben
und Hauptquartieren der UN. Was spricht denn gegen solche Einsätze?
Wir haben uns mal für die Forderung entschieden, dass die Bundeswehr aus
allen Auslandseinsätzen zurückgezogen wird. Das halte ich für richtig. Beim
konkreten Unmiss-Einsatz wird immer das Argument gebracht, dass die
Menschen vor Ort dadurch Schutz bekämen. Das ist aber vorgeschoben. Die
Aufgaben, die vor Ort real nötig sind, könnten auch zivile Akteure
übernehmen – gerne auch im Kontext der Vereinten Nationen. Ich habe den
Eindruck, und das sagt er in dem Interview auch selbst relativ offen, dass
es Höhn nur darum geht, eine Tür zu Auslandseinsätzen zu öffnen. Er will
unsere Programmatik so verändern, dass sie kompatibel zu SPD und Grünen
wird, um quasi eine Regierungsfähigkeit zu suggerieren.
Ist Regierungsfähigkeit kein legitimes Ziel?
Man sollte nicht die eigenen Positionen schleifen, sondern vertreten, was
man für richtig hält. Meine Erfahrung ist, dass wir es mit Druck außerhalb
und innerhalb des Parlaments sehr gut hinbekommen, Veränderungen zu
bewirken, zum Beispiel bei der Debatte über die Bewaffnung von Drohnen. Auf
dem Weg können wir etwas erreichen.
Herr Höhn sagt, er spüre in der Partei ein Bedürfnis, Grundsätze neu zu
diskutieren – vor allem bei den Jüngeren. Hat er den Eindruck exklusiv?
Er hat ihn in Teilen exklusiv. Der Wunsch nach Diskussionen über den
Themenkomplex Krieg und Frieden ist stark vorhanden, auch bei den Jüngeren.
Aber nicht das Bedürfnis, die Programmatik grundlegend in Frage zu stellen.
In den Gesprächen, die ich führe, geht es eher darum, wie man
Klimabewegung und Friedensbewegung stärker zusammendenken kann.
An der designierten Parteispitze gibt es das Bedürfnis aber offenbar
durchaus. [2][Susanne Hennig-Wellsow kann sich Auslandseinsätze ebenfalls
vorstellen].
Sie hat gesagt, dass sie sich Einsätze nach Kapitel VI der UN-Charta
vorstellen kann. Das hat den Vorteil, dass es Bundeswehr-Einsätze nach
Kapitel VI im Moment nicht gibt und wohl auch nicht mehr geben wird.
Sie gehen also davon aus, dass die neuen Vorsitzenden an den bisherigen
Grundsätzen festhalten?
Selbstverständlich.
25 Feb 2021
## LINKS
[1] /Linken-Politiker-ueber-Sicherheitspolitik/!5750029
[2] /Baldige-Linken-Chefinnen-zu-ihren-Plaenen/!5748583
## AUTOREN
Tobias Schulze
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