# taz.de -- Neubaugebiet in Hamburg-Langenhorn: Die Laube kommt weg | |
> In Langenhorn sollen Schrebergärten und geschützte Moorgebiete sozialem | |
> Wohnungsbau weichen. Glücklich ist damit niemand, doch Alternativen sind | |
> rar. | |
Bild: Sollen Platz machen für sozialen Wohnungsbau: Schrebergärten im Hamburg… | |
Hamburg taz | 700 neue Wohnungen sollen in Langenhorn-Nord entstehen, | |
direkt neben der U-Bahn-Station. Und eigentlich wäre der entsprechende | |
Prüfungs- und Planauftrag, den der Senat dem Bezirksamt Nord erteilt hat, | |
eine richtig gute Nachricht, zumal mehr als die Hälfte der Einheiten als | |
Sozialwohnungen geplant sind. Wenn nicht schon was stünde auf dem Gelände. | |
So haben hier etwa die Kleingartenvereine Diekmoor I und Diekmoor II ihre | |
Parzellen. Außerdem ist das Gelände als Landschaftsschutz- und Moorgebiet | |
ausgewiesen. | |
Die Vereine seien über die Pläne „nicht begeistert“, sagt Herman von der | |
Heide, Vorsitzender von Diekmoor I. Auch Bernd Hohmuth, Vorsitzender von | |
Diekmoor II, findet es schade, dass die Vereine weichen müssen. Wenn auch | |
nicht ganz: Anfangs sollte seine Vereinsfläche noch gänzlich verschwinden, | |
inzwischen habe er ein Angebot, dass 25 Prozent der Fläche in das | |
Bauprojekt integriert werden könnten. | |
Ganz überraschend kommt die Entscheidung auch nicht: Bereits seit längerer | |
Zeit ist Diekmoor als potenzielle Bebauungsfläche ausgewiesen. Die 16 | |
Hektar östlich des Bornbachs „bilden die letzte große, zusammenhängende | |
Wohnungsbaupotenzialfläche in Hamburg-Nord“, heißt es in einer Mitteilung | |
der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen. Senatorin Dorothee Stapelfeldt | |
(SPD) spricht von einer Bedeutung des Projekts „für die ganze Stadt“. Weil | |
Hamburg Wohnraum fehle, seien die Bezirke verpflichtet, jährlich 10.000 | |
Wohneinheiten zu schaffen, erläutert Bezirksamt-Nord-Sprecherin Larissa | |
Robitzsch. | |
Das sogenannte Rahmenplanungsverfahren könne nun bis zu zwei Jahre dauern | |
und sei ergebnisoffen, sagt Robitzsch. Auch Bürger:innen sollen an | |
diesem ersten Schritt des Bauvorhabens teilhaben. Wie genau das aussehe, | |
sei allerdings „noch offen“, so Robitzsch. Geplant sei ein partizipatives | |
Verfahren eventuell „mit Zufallsbeteiligung“. | |
In dieser ersten Phase werden auch Gutachter:innen die Gegebenheiten | |
vor Ort beurteilen und entsprechend Empfehlungen aussprechen. Am Ende solle | |
„ein städtebaulich, landschaftsplanerisch und architektonisch vorbildliches | |
Quartier“ entstehen, kündigte Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz an. | |
Auch mit den Kleingartenvereinen wolle das Amt in Dialog treten. Hohmuth, | |
der Vorsitzende von Diekmoor II, merkt an, dass „Dialog“ zwar klinge, als | |
wären die Vereine an der Planung beteiligt – aber das sei nicht der Fall. | |
Im Dezember vergangenen Jahres seien sie von Behörden und dem Landesbund | |
der Gartenfreunde lediglich informiert worden. | |
Sowohl von der Heide als auch Hohmuth lehnen das Projekt hauptsächlich aus | |
zwei Gründen ab. Einerseits erhielten sie zwar Ausgleich für den Verlust | |
ihrer jetzigen Flächen – dies sei ein wichtiger Teil des Dialogs, sagt | |
Sprecherin Robitzsch –, | |
diese seien aber von der Lage her nicht annehmbar, da sie sich | |
beispielsweise in der Einflugschneise des Flughafens befänden. Erholung sei | |
dort nicht möglich, sagt Hohmuth. Alternativ sollten sie die Nachbarvereine | |
ansprechen und Flächen „nachverdichten“ Nur: Einem anderem Verein Platz | |
wegnehmen, das will Hohmuth nun auch nicht. | |
Außerdem ist da ja noch das Schutzgebiet. Zwar kann das seit einer Einigung | |
zwischen dem Senat und der von der NABU getragenen Initiative „Hamburgs | |
Grün erhalten“ nicht einfach so aufgehoben werden, ohne an anderer Stelle | |
ersetzt zu werden – nur gingen diese geschützten Biotope auch dann | |
verloren, wenn es irgendwo neue Flächen gibt. Manfred Braasch, | |
Geschäftsführer vom BUND Hamburg sagt: „Die Stadtentwicklung geht mal | |
wieder zu Lasten unserer Landschaftsschutzgebiete.“ | |
Die für das Bauprojekt nötige Versiegelung von Boden sei außerdem schlecht | |
für den Wasserhaushalt, führt Christian Gerbich, Referent für Naturschutz | |
beim Nabu Hamburg, aus. Beide Umweltverbände wollen das Projekt darum genau | |
im Auge behalten und kritisch begleiten. | |
Obwohl die Schrebergärtner:innen mit ihrer Kritik also nicht allein | |
sind, wollen sie erst mal „die Füße still halten“ und weiterhin | |
gesprächsbereit sein, um das „Beste rauszuholen“. Auch von der Heide will | |
alles daran setzen, so viel Fläche wie möglich zu erhalten. Einen anderen | |
Plan verfolgt einer der Pächter von Diekmoor I, Michael Heering. Er will | |
sich vereinsunabhängig großflächig vernetzen, um möglichst viel Widerstand | |
aufzubringen. Ihm gehe es darum, die Freiräume, die vor allem „während | |
Corona“ wichtig seien, zu erhalten. | |
19 Feb 2021 | |
## AUTOREN | |
Hagen Gersie | |
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