# taz.de -- Grüne und Eigenheime: Intellektuelle Flurbegradigung | |
> Die Debatte um neue Einfamilienhäuser wird mit schlichten Reflexen | |
> abgewürgt. Stattdessen sollten alte Konsumgewohnheiten hinterfragt | |
> werden. | |
Bild: Für die einen ein Horror, für andere ein Traum: Das Einfamilienhaus | |
Die hitzigsten Debatten sind die, die ganz ohne Wirklichkeitsbezug | |
auskommen. Wenn manche Liberale, Konservative, AfDler und die Bild-Zeitung | |
[1][den Grünen vorwerfen, Einfamilienhäuser verbieten und deren Besitzer | |
enteignen zu wollen], hat das mit der Realität nichts zu tun – und viele | |
der angeblich erbosten Protagonisten wissen das natürlich. Aber es ist | |
einfach zu verlockend, den Grünen wieder mal das Label „Verbotspartei“ | |
anzuheften. | |
Nun könnte man darauf vertrauen, dass die deutsche Mittelschicht klug genug | |
ist zu wissen, dass Anton Hofreiter ihr nicht das geliebte Häuschen per | |
Zwangsverordnung wegnehmen will. Und, ja, selbstverständlich ist es | |
sinnvoll, in einer Großstadt wie Hamburg angesichts explodierender Mieten | |
und knapper Flächen auf Geschosswohnungsbau zu setzen statt auf | |
Einfamilienhäuser, wie es SPD und Grüne vor Ort tun. Wer daraus ableitet, | |
die Grünen wünschten sich DDR-Plattenbauten mit rationierter | |
Quadratmeterzahl für alle, wie es mancher FDPler herbeifantasiert, entlarvt | |
sich selbst. | |
Aber leider produziert diese postfaktische Form der öffentlichen | |
Auseinandersetzung Kollateralschäden für die Demokratie, die ernst zu | |
nehmen sind. Statt über Flächenfraß, Artensterben und Zersiedelung zu | |
sprechen, diskutiert halb Twitter über ein Verbot, das keiner gefordert | |
hat. Diesen Luxus kann sich das Land eigentlich nicht mehr leisten, und vor | |
einem solchen Wahlkampf kann einem Angst und Bange werden. Nebenbei wird so | |
für eine intellektuelle Flurbegradigung gesorgt, die es in sich hat. | |
Ob es um Fleischverbrauch geht, ums Autofahren oder eben um | |
Einfamilienhäuser: [2][Der Verbotsparteivorwurf] kommt verlässlich dann, | |
wenn lieb gewonnene Konsumgewohnheiten zaghaft hinterfragt werden. Das | |
Dilemma ist nur leider, dass die Steigerung von Konsum und | |
Ressourcenverbrauch angesichts eskalierender ökologischer Krisen schlicht | |
verantwortungslos ist. Man kann andere Lösungsvorschläge als die Grünen | |
haben, aber besprechbar sollte dieses Problem schon sein. | |
Doch jene, die sonst über linke Cancel Culture klagen, erklären den Status | |
quo mit der immer gleichen Leier für sakrosankt. | |
14 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Gruene-gegen-weitere-Einfamilienhaeuser/!5746630 | |
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## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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