| # taz.de -- CDU-Hamburg attackiert Grüne scharf: Rechtsruck mit einem Lächeln | |
| > Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß übt Wahlkampf. Deshalb wiederbelebt er | |
| > alte Ressentiments gegen die Grünen. Das erfreut in seiner Partei nicht | |
| > jeden. | |
| Bild: Will grüne „Ideologie“ bekämpfen: Hamburgs CDU-Vorsitzender Christo… | |
| Hamburg taz | Christoph Ploß hat ein Wahlkampfthema entdeckt: Die | |
| Verbotspartei der Grünen wolle Enteignung. Aber das werde er, der Hamburger | |
| CDU-Chef, der Partei keinesfalls durchgehen lassen. „Die Grünen wollen die | |
| Freiheit von immer mehr Bürgern einschränken – ich bin nicht bereit, das | |
| hinzunehmen und werde als Landesvorsitzender der Hamburger CDU gegen diese | |
| Ideologie kämpfen“, [1][verspricht der Bundestagsabgeordnete den | |
| Leser*innen der Bild-Zeitung.] | |
| Die Kampfansage des 35-Jährigen mit dem Milchbubi-Gesicht bezieht sich | |
| darauf, dass der Bezirk Nord, Ploß' Wahlkreis, in neuen Bebauungsplänen | |
| keinen Raum für Einfamilienhäuser vorsieht. Die [2][im rot-grünen | |
| Koalitionsvertrag] festgeschriebene Regelung, die auch die Unternehmen der | |
| Wohnungswirtschaft begrüßen, ist nicht neu. Sie eignet sich aber | |
| hervorragend für Wahlkampfzwecke, seit der Fraktionsvorsitzende der Grünen | |
| im Bundestag, [3][Anton Hofreiter, das Eigenheimthema in einem Interview im | |
| Spiegel ] auf die nationale Ebene gehoben hat. | |
| Der Fraktionschef der Grünen in der Bürgerschaft, Dominik Lorenzen, | |
| konterte sofort auf Twitter: „Grüne als Einfamilienhaus-Verbotspartei: Der | |
| feuchte Traum konservativer Kampagnenmacher. Von lästigen Fakten darf man | |
| sich dabei nicht stören lassen.“ Worauf Lorenzen anspielt: In vielen | |
| Städten der Republik hat sich auch die CDU vehement gegen weiteren | |
| Eigenheimbau ausgesprochen, um die weitere Zersiedlung von Städten und | |
| Gemeinden zu stoppen. Und selbst die Eimsbüttler grün-schwarze Koalition, | |
| die einzige in Hamburg, schrieb in ihren Koalitionsvertrag, sie werde dafür | |
| sorgen, dass im Bezirk „diverse Bebauungspläne, die derzeit noch | |
| Einzelhausbebauung vorsehen, aktiv verändert werden“ – in Richtung | |
| mehrgeschossiger Wohnungsbau. | |
| Dass Ploß den eigenen Bezirkskollegen in die Parade fährt, stört ihn | |
| ebensowenig wie dass er mit einer Strategie, wie Flächeneffizienz und | |
| massiver Wohnungsbau in Zeiten knapper Grundstücke mit neuen Eigenheimen | |
| bewerkstelligt werden soll, nicht aufwarten kann – das wäre auch viel zu | |
| faktenlastig. Stattdessen recycelt er in der Bild anlasslos noch einmal | |
| einen Uraltvorwurf: „Zahlreiche Grüne hofieren die Antifa und verharmlosen | |
| Linksextremismus.“ | |
| ## Mit Uraltvorwürfen grenzt sich Ploß von den Grünen ab | |
| Neben dem Antifaschismus hat der glühende Fan von Friedrich Merz auch noch | |
| die grünen Aktivitäten gegen den Klimawandel auf dem Kieker, wirft ihnen | |
| „Gängelung und staatliche Bevormundung“ vor: „Dies spiegeln Fahrverbote … | |
| Deutschlands Großstädten oder die Forderung von Grünen-Politikern, | |
| Flugreisen von Deutschen einzuschränken“. Kein Wunder, dass der | |
| Anti-Umweltpolitiker Ploß in der Bild eine schwarz-grüne Koalition mit der | |
| Parole „CDU und Grüne – das passt nicht zusammen“ vehement ablehnt und | |
| damit auch noch den Wahlkampfstrategen aus dem Konrad-Adenauer-Haus mächtig | |
| gegen das Schienbein tritt. | |
| Ploß' Gepolter markiert eine Kehrtwende. Seit CDU-Bürgermeister Ole von | |
| Beust 2008 mit den Grünen in Hamburg eine Koalition einging, gilt die | |
| Hansestadt als Vorreiter schwarz-grüner Bündnisse. Und auch die letzten | |
| Hamburger CDU-Spitzenkandidaten Dietrich Wersich und Marcus Weinberg galten | |
| als grün-affin, wollten die CDU zur liberalen und ökologisch ambitionierten | |
| Großstadtpartei formen – fuhren aber schlechte Bürgerschafts-Wahlergebnisse | |
| ein. Mit ihrem neuen Leader Ploß belebt die Hamburger CDU nun nicht nur | |
| antigrüne Ressentiments wieder, sondern auch ihr rechtskonservatives | |
| Profil. | |
| Das gefällt in der Partei längst nicht allen. Und so löst die Attacke des | |
| Chefs im eigenen Laden nur beredtes Schweigen aus. Niemand aus der Partei | |
| mag Ploß kraftvoll beispringen, im Gegenteil. Hinter vorgehaltener Hand ist | |
| in Parteikreisen „von einer unabgestimmten Meinungsäußerung“ des | |
| Parteichefs die Rede, die „in der Hamburger CDU sicher nicht Konsens“ ist. | |
| Das Tischtuch mit den Grünen ist jedenfalls erst mal zerschnitten. So | |
| springt auch der grundsätzlich einer Koalition mit der CDU nicht abgeneigte | |
| Lorenzen auf den von Ploß in Gang gesetzten Zug gegenseitiger Abneigung | |
| auf: „Ploß will kein Schwarz-Grün. Mit Leuten wie Ploß will ich das auch | |
| nicht!“ | |
| 16 Feb 2021 | |
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| [1] https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/cdu-landesverband-keine-k… | |
| [2] /Gruene-gegen-weitere-Einfamilienhaeuser/!5746630 | |
| [3] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/anton-hofreiter-ich-finde-es-ric… | |
| ## AUTOREN | |
| Marco Carini | |
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