Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Moskau und der Westen: Sputnik gegen Corona und dicke Luft
> Mit der Ausweisung dreier Topdiplomaten setzt Moskau weiter auf
> Provokation. Gemeinsame Lösungen für die Pandemie könnten die Eiszeit
> beenden.
Bild: Geopolitik mit Sputnik? Lieferung des russischen Impfstoffes im Iran
Russland gibt wieder Rätsel auf. Was treibt den Kreml um? Ist es die Hybris
eigener Stärke und Unbesiegbarkeit? Die Lust an der Konfrontation oder nur
daran, die andere Seite genüsslich vorzuführen? Tatsache ist: Die
Beziehungen zwischen Moskau und der westlichen Welt sind auf einem
historischen Tiefpunkt angelangt, und man wundert sich, dass es immer noch
weiter in den Keller geht.
Diplomaten des Landes zu verweisen, gehört im internationalen
Politikbetrieb zur gängigen Praxis und das mittlerweile leider auch
zwischen Russland und der Europäischen Union. Doch was sich am vergangenen
Freitag während des Besuchs des EU-Außenbeauftragten in Moskau abspielte,
war [1][ein Affront] sondergleichen.
Noch während des Gesprächs von Josep Borrell mit Russlands Außenminister
Sergei Lawrow wurden drei westliche Botschaftsangehörige ausgewiesen, da
sie an einer [2][Kundgebung für den inhaftierten Kremlkritiker Alexei
Nawalny] teilgenommen haben sollen. Eindeutiger hätte der Kreml seine
Geringschätzung nicht demonstrieren können. Besonders bizarr daran ist,
dass Moskau dieses Treffen selbst forciert hatte.
Die Retourkutsche dreier EU-Staaten, darunter auch Deutschlands, ebenfalls
russische Diplomaten nach Hause zu schicken, kann jetzt nicht die einzige
Antwort bleiben. Und genau da liegt das Problem. Die EU hat nach wie vor
keine konsistente Strategie gegenüber der einstigen Supermacht. Schon liegt
wieder die Option auf dem Tisch, weitere Sanktionen gegen Vertraute aus dem
Dunstkreis von Präsident Wladimir Putin zu verhängen.
Dieser Schritt wäre so hilf- wie wirkungslos. Denn neue Strafmaßnahmen
werden weder Nawalny die Freiheit bringen noch Russland daran hindern,
innere Angelegenheiten auch künftig auf seine Art zu regeln. Einmal
abgesehen davon, dass sich auch die EU-Mitgliedstaaten selbst nicht einig
darüber sind, wie das Gezerre über den [3][Weiterbau von Nord Stream 2]
zeigt. Und jetzt?
Die einzige Möglichkeit, überhaupt noch im Dialog zu bleiben, könnte sein,
gemeinsame Antworten auf globale Herausforderungen zu suchen. Erinnert sei
nur an die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA, wo sich Wladimir
Putin und George W. Bush – wahrlich kein Dreamteam – plötzlich Seite an
Seite im Kampf gegen den islamischen Terror wiederfanden. Jetzt heißt ein
Feind Covid-19 und die russische „Wunderwaffe“ Sputnik V.
Auch wenn Litauens Regierungschefin Ingrida Šimonytė den Kauf des
Impfstoffs ablehnt und den Kreml beschuldigt, mit der Spritze Geopolitik
betreiben zu wollen: Zu testen, ob Sputnik mehr vermag, als gegen Krankheit
und Tod zu immunisieren, wäre einen Versuch wert. Und dann wäre die
Pandemie, anders als gedacht, vielleicht sogar eine Chance.
9 Feb 2021
## LINKS
[1] /Verhaeltnis-von-EU-und-Russland/!5749620
[2] /Proteste-in-Russland/!5747693
[3] /Arbeiten-an-Nord-Stream-2-fortgesetzt/!5749657
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Nord Stream 2
Schwerpunkt Coronavirus
Wladimir Putin
Europäische Kommission
EU-Sanktionen
Schwerpunkt Coronavirus
Alexei Nawalny
Alexei Nawalny
Russland
Russland
Schwerpunkt Coronavirus
Russland
Alexei Nawalny
Russland Heute
Russland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vor dem EU-Gipfel: Auf Schmusekurs mit der Türkei
Beim EU-Treffen am Donnerstag und Freitag setzt Brüssel auf eine
Wiederannäherung an die Erdoğan-Regierung. Sanktionen sind vom Tisch.
Impfskandal in Argentinien: Anruf beim Amigo genügt
In Argentinien erschleicht sich sogar der Chef einer
Menschenrechtsorganisation einen früheren Impftermin. Der
Gesundheitsminister musste gehen.
Verurteilter russischer Oppositioneller: EGMR fordert Freilassung Nawalnys
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte will, dass Nawalny
unverzüglich aus russischer Haft entlassen wird. Ein Kreml-Politiker
verwies auf die Verfassung.
Proteste in Russland: Herzen gegen die Repression
Am Valentinstag bilden Frauen in Moskau bei minus 20 Grad eine
Menschenkette. Für den Kreml ist das ein „hybrider Krieg“ des Westens.
Programm „Navigator für die Kindheit“: Einiges Russland, einige Jugend
Die russische Regierung will mit einem neuen Programm ihren Einfluss auf
Kinder ausweiten. Doch das könnte nach hinten losgehen.
Politologe über Russland und den Westen: „Es stehen harte Jahre bevor“
Der russische Experte Andrei Kortunow geht davon aus, dass sich die
beiderseitigen Beziehungen noch weiter verschlechtern werden.
Covid-19-Impfungen in Serbien: Im Impfschlaraffenland
In Serbien verlaufen die Impfungen im europäischen Vergleich besonders
erfolgreich. Dort greift man auf chinesische und russische Vakzine zurück.
Nach Moskau-Besuch von Borrell: EU-Chefdiplomat unter Druck
Außenbeauftragter Borrell hat in Moskau keine gute Figur gemacht. Nun
fordern EU-Abgeordnete seinen Rücktritt und einen harten Kurs.
Streit zwischen Deutschland und Russland: Russischer Diplomat ausgewiesen
Das Urteil gegen Alexej Nawalny zieht eine diplomatische Krise nach sich.
Deutschland schmeißt einen Mitarbeiter der russischen Botschaft raus.
Proteste in Russland: Die halb blinde Opposition
Die Proteste gegen Nawalnys Verhaftung sind bitter nötig. Aber sie
verdecken einen fundamentalen Mangel an Solidarität – auch bei Putins
Gegnern.
Verhältnis von EU und Russland: Nicht jeder ist willkommen
Moskau weist drei westliche Diplomaten wegen Teilnahme an einer
Demonstration aus. Parallel dazu führt Brüssels Außenbeauftragter Gespräche
im Kreml.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.