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# taz.de -- Nach Moskau-Besuch von Borrell: EU-Chefdiplomat unter Druck
> Außenbeauftragter Borrell hat in Moskau keine gute Figur gemacht. Nun
> fordern EU-Abgeordnete seinen Rücktritt und einen harten Kurs.
Bild: Russlands Außenminister Sergei Lawrow (r.) und EU-Außenbeauftragter Jos…
Nach dem [1][missglückten Besuch des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell in
Moskau] ist in Brüssel ein heftiger Streit über die Außenpolitik und den
weiteren Kurs gegenüber Russland entbrannt. Der Konflikt belastet die
geopolitische Kommission um EU-Präsidentin Ursula von der Leyen und führt
zu Spannungen im Europaparlament.
In einem Brief an von der Leyen forderten 81 vorwiegend osteuropäische
Europaabgeordnete am Dienstag Borrells Rücktritt und eine knallharte Linie
gegenüber Moskau. „Wir glauben, dass die Präsidentin der EU-Kommission
handeln sollte, falls Herr Borrell nicht freiwillig zurücktritt“, heißt es.
Die Mehrheit der Abgeordneten hält jedoch zu dem Spanier. Noch. „Es ist zu
früh, den Rücktritt zu fordern“, sagte die CSU-Parlamentarierin Angelika
Niebler. Borrell habe in Moskau einen „peinlichen Auftritt“ hingelegt und
stehe „unter genauer Beobachtung“. Das eigentliche Problem sitze aber nicht
in der EU-Kommission, sondern im Kreml.
Borrell war bei einer Pressekonferenz in Moskau von seinem russischen
Amtskollegen Sergei Lawrow vorgeführt worden. Lawrow brachte den Spanier
mit Hinweisen auf die umstrittenen US-Sanktionen gegen Kuba – die die EU
ablehnt – ins Schleudern. Zudem ließ er drei EU-Diplomaten ausweisen, ohne
Borrell zu informieren. „Das ist die größte (Selbst-)Erniedrigung in der
Geschichte europäischer Diplomatie“, twitterte der grüne Europaabgeordnete
Sergey Lagodinsky hinterher. Borrell klagte, „dass die russische Regierung
diese Gelegenheit nicht ergreifen wollte, um einen konstruktiveren Dialog
mit der EU zu führen“. Dies werde Konsequenzen haben.
Welche das sein könnten, will Borrell beim nächsten Treffen der
EU-Außenminister am 22. Februar sagen. Es sei Sache der Mitgliedsstaaten,
über den nächsten Schritt zu entscheiden, sagte er. „Aber ja, das könnte
Sanktionen einschließen.“ Er werde sein Initiativrecht nutzen und konkrete
Vorschläge vorlegen.
Zunächst stellte er sich jedoch den Fragen der Europaabgeordneten. Es sei
ihm darum gegangen, mit Lawrow den Fall von Kremlkritiker Alexei Nawalny zu
besprechen, sagte er. Zudem habe er versucht, sich gegen die
Verschlechterung der Beziehungen mit Russland zu stemmen. Die Antwort sei
jedoch „Nein“ gewesen. „Ich hatte vor meiner Reise keine Illusionen, nun
bin ich noch mehr besorgt“, sagte Borrell am Dienstag in Brüssel. Es gebe
kaum noch Raum für eine demokratische Entwicklung in Russland. Die
gegenwärtige „Machtstruktur“ in Moskau stelle sich gegen den Rechtsstaat
und liberale Werte. „Wir sind auch geopolitisch am Scheideweg“, so Borrell.
Trotz der Spannungen sei es jedoch im eigenen EU-Interesse, den Dialog
fortzuführen. „Wir dürfen den Menschen nicht den Rücken zukehren.“ Das
Parlament quittierte es mit müdem Beifall.
Borrell hätte gar nicht erst nach Moskau fliegen sollen, kritisierten
mehrere Abgeordnete in der Aussprache. Sein „Misserfolg“ sei jedoch auch
auf die EU-Staaten zurückzuführen, die sich in der Russland-Politik nicht
einig seien, sagte der grüne Parlamentarier Reinhard Bütikofer. Vor allem
Deutschland und Frankreich müssten sich bewegen.
Mehrere Abgeordnete forderten auch das Aus für die [2][umstrittene
deutsch-französische Gaspipeline Nord Stream 2]. Der katalanische
Abgeordnete Carles Puigdemont kritisierte dagegen „Doppelstandards“. In
seinem Land gebe es nicht nur einen, sondern gleich neun „politische
Gefangene“, so Puigdemont. Doch dazu schweige die EU, sagte er mit Blick
auf Borrell, der die harte spanische Linie gegen die
Unabhängigkeitsbewegung unterstützt.
9 Feb 2021
## LINKS
[1] /Verhaeltnis-von-EU-und-Russland/!5749620
[2] /Nord-Stream-2/!t5650854
## AUTOREN
Eric Bonse
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Russland
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