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# taz.de -- EU und Russland: Rätselraten in Brüssel
> Das Urteil gegen Kremlkritiker Nawalny setzt die EU unter Handlungsdruck.
> Der Ruf nach neuen Sanktionen gegenüber Moskau wird lauter.
Bild: Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell spricht mit Außenminister Heiko M…
BRÜSSEL taz | Die Europäische Union hat die Haftstrafe für den
Kremlkritiker Alexei Nawalny scharf verurteilt, zögert jedoch bei möglichen
Konsequenzen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen forderte Russland
auf, Nawalny sofort und bedingungslos freizulassen. Der Außenbeauftragte
Josep Borrell meinte, mit dem Urteil verstoße Russland gegen internationale
Verpflichtungen zur Rechtsstaatlichkeit.
Man müsse auch über neue [1][EU-Sanktionen] reden, sagte Regierungssprecher
Steffen Seibert im Namen der Bundesregierung am Mittwoch in Berlin. „Das
weitere Vorgehen wird im Kreis der europäischen Partner zu besprechen sein,
weitere Sanktionen sind nicht ausgeschlossen.“ Beim letzten Treffen der
EU-Außenminister war das Thema jedoch nicht zuletzt auf deutschen Wunsch
vertagt worden.
Gegen neue Strafmaßnahmen sprach sich der Linken-Politiker Gregor Gysi aus.
„Ich plädiere im Verhältnis zu Russland für einen Wandel durch Annäherung…
sagte der außenpolitische Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion der taz.
„Die permanente Androhung von Sanktionen und auch ihre Verhängung schließt
eine solche Politik aus. Das imponiert immer weniger und wird
oppositionelle Kräfte in Russland nicht schützen.“
Nawalnys Inhaftierung und den Widerruf der Bewährung könne man allerdings
„nur verurteilen“. „Das ist weder angemessen noch nachvollziehbar“, sag…
Gysi.
## Offen für Sputnik V
In Brüssel herrscht derzeit noch Rätselraten über das weitere Vorgehen.
Borrell will am Freitag sogar zu Gesprächen nach Moskau reisen. Auch von
der Leyen ging auf Russland zu. Die CDU-Politikerin sagte, sie sei offen
für die Zulassung des russischen Corona-Impfstoffs Sputnik V. Zuvor müssten
aber „alle Daten“ auf den Tisch.
Im Europaparlament wird derweil der Ruf nach Sanktionen lauter. Die
Verurteilung Nawalnys zu Lagerhaft und die Repressionswelle gegen die
Opposition zeige, dass die Führung in Moskau „nicht mehr autoritär, sondern
totalitär“ agiere, sagte der grüne Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky der
taz. Deshalb müssten die gesamten Beziehungen mit Russland auf den
Prüfstand.
Dies gelte auch für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und [2][das
umstrittene Pipeline-Projekt Nord Stream 2]. Lagodinsky will neue Projekte
an drei Vorbedingungen knüpfen: die Einhaltung der Menschenrechte, die
Eindämmung von Korruption und die Vermeidung von Schaden für die
innereuropäische Zusammenarbeit. Nur wenn alle drei Bedingungen erfüllt
wären, könne man mit Moskau noch Geschäfte machen.
Bei Nord Stream 2 sei dies nicht der Fall, so der Grünen-Politiker. Das
Projekt müsse daher sofort gestoppt werden. Dies hatte zuletzt auch
Frankreich gefordert. Deutschland sei mit seiner Haltung zu Nord Stream 2
völlig isoliert, kritisierte Lagodinsky. „Es ist mir langsam peinlich, die
deutsche Politik zu erklären“, fügte er hinzu. Berlin verliere
international an Glaubwürdigkeit.
## Klare Ansage
Bei seiner Reise nach Moskau müsse Borrell sich auch mit Nawalny und
Vertretern der Opposition treffen, forderte Lagodinsky. Der Kreml-Kritiker
sei zu einer Symbolfigur für eine neue demokratische Opposition geworden.
Der EU-Außenvertreter müsse der russischen Führung klar aufzeigen, was für
sie auf dem Spiel stehe.
Skeptisch äußerte er sich zu einer möglichen Kooperation bei Impfstoffen.
Sputnik V könne vom Kreml für Propaganda ausgeschlachtet werden. Berlin
scheint dies nicht zu stören: Auch Kanzlerin Angela Merkel hat sich offen
für eine Zusammenarbeit mit Russland bei Vakzinen gezeigt. Nun zieht auch
die EU nach.
Mitarbeit: Tobias Schulze
3 Feb 2021
## LINKS
[1] /Nach-Giftanschlag-auf-Alexei-Nawalny/!5740227
[2] /Frankreichs-Nein-zu-Nordstream-2/!5744918
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
EU
Russland
Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg
Moskau
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Alexei Nawalny
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